Die Kinder der Schiffbrüchigen. Jonas Nowotny

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Die Kinder der Schiffbrüchigen - Jonas Nowotny

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Kapitel 11

      »Soll ich wirklich nicht mit hochkommen? Schaffst du es allein?«, fragte Alexander, als er den Wagen vor dem Haus parkte.

      »Klar! Fahr du nur zur Firma und schau nach dem Rechten. Ich versteh das«, antwortete Christian und drückte seinem Mann einen Kuss auf den Mund. Er stieg aus, öffnete die Hintertür und holte die Babyschale vom Rücksitz. Der Kleine atmete ruhig und friedlich, und Christian glaubte ein Lächeln auf seinen Lippen zu sehen. Inständig hoffte er, dass sein Sohn sich nie, auch nicht unterschwellig, an den Rauchbombenanschlag erinnern würde. Alexander blies ihm eine Kusshand zu. Christian fing den Kuss und wandte sich lächelnd ab.

      Bevor er in der Jeans nach den Wohnungsschlüsseln kramte, drückte er prüfend mit der Schulter gegen die Haustür. Sie sprang nach innen auf. Jemand hatte also wieder den Türschnapper verstellt – praktisch. Mit Louis beladen quälte er sich die Treppe in den vierten Stock hinauf. Mit jeder Stufe verfluchte er das Haus für das Fehlen eines Aufzugs. Schwer nach Luft schnappend stellte er seinen Sohn in die Küche und ging ins Bad, um sich etwas Bequemes anzuziehen. Das Handy klingelte in der Küche. Shit! Louis wacht von dem Krach auf, schoss es ihm durch den Kopf. Hastig die Jogginghose an sich hochziehend, stolperte er durch den Flur. Er fischte das Handy vom Tresen.

      »Thalberg?« Atemlos blickte er auf das Baby. Louis' Augen sprangen auf, seine Unterlippe flatterte, dann weinte er. Mist, fluchte Christian innerlich. Rüdigers Stimme trällerte in seinem Ohr.

      »Störe ich? Wie geht’s Louis?«

      »Wir sind eben nach Hause gekommen und du hast ihn geweckt.«

      »Oh, sorry!« Christian sah durch das Telefon Rüdigers verschmitztes Lächeln, das er einmal süß gefunden hatte und das sein Exfreund jedes Mal aufsetzte, wenn er in ein Fettnäpfchen gestolpert war.

      »Kein Problem«, flüsterte Christian und raufte sich das Haar. Er setzte sich auf den Küchenboden neben Louis und zappelte mit den Fingern vor seinem Gesicht.

      »Ich wollte fragen«, fuhr Rüdiger fort, »ob ich die DVD vom letzten Filmabend abholen kann. Ich weiß, ihr habt gerade andere Probleme ... aber es kostet mich ein Vermögen, wenn ich die Scheibe nicht in die Videothek ...«

      »Ja, ja, kein Problem, Rüdiger. Sie liegt auf dem DVD-Player. Kannst sie abholen.«

      »Klasse. Dann bin ich in zehn Minuten bei euch.«

      Christian schielte auf die Küchenuhr. Zehn vor zwölf.

      »Ist gut«, antwortete Christian. Louis war über den Zappelfingern eingeschlafen. Perfekt, dachte Christian, dann habe ich noch einen Moment. Er wollte in den Keller, um Rüdiger als Dankeschön für seine Hilfe während Louis' Namensfeier eine Flasche Wein zu holen. Zuvor setzte er ein Wasserbad auf dem Herd an, um das Mittagsgläschen zu wärmen: Möhrchen mit Rindfleisch. Dann stieg er hinunter ins Souterrain.

      »Herr Thalberg!«

      Christian zuckte zusammen; beinahe wäre ihm der Wein aus der Hand gerutscht. Vor ihm stand, die Arme in die Hüften gestemmt, die Hausmeisterin.

      »Machen Sie immer diesen Schniepel nach unten?«

      »Den was? Wohin?« Christian furchte die Stirn und schloss die Gittertür hinter sich. Er plante nicht, sich in ein längeres Gespräch verwickeln zu lassen.

      »Na, den Schniepel an der Haustür, der macht, dass man die Tür nur aufdrücken braucht!«

      »Ach, den meinen Sie!« Christian schob sich an der Hausmeisterin vorbei und drückte die Brandschutztür auf. Er erschrak, als er jetzt Louis' Weinen von oben herabschallen hörte. »Nein«, sagte er, »den benutze ich nie …«

      Die Hausmeisterin blickte ihn eindringlich an, als ob sie in seinem Gesicht nach einem Zucken suchte, das ihn Lügen strafte.

      »Mich würde wirklich interessieren, wer das immer macht. Da kann uns ja jeder ins Haus kommen, wenn die Tür nicht zu ist!«

      Louis' Weinen hallte durch das Treppenhaus. Christian schaute besorgt hinauf. »Vielleicht fragen Sie mal den Herren aus dem Erdgeschoss. Der mit dem Laufwägelchen. Vielleicht ...«

      »Herr Schmidt?«

      »Ja, so heißt er, glaube ich.«

      »Das kann ich mir gar nicht vorstellen.«

      »Hören Sie, ich würde mich gern weiter mit Ihnen unterhalten, aber Sie hören ja ... Ich muss wieder nach oben!«

      Die Hausmeisterin bedachte ihn mit einem grimmigen Blick. »Es wäre nett, wenn Sie die Augen offenhalten«, rief sie ihm durchs Treppenhaus nach.

      »Werde ich!«, log Christian und hastete zurück in den vierten Stock. Louis schrie markerweichend.

      »Ich bin wieder da, Schatz«, rief Christian, während er hastig die Straßenschuhe abstreifte und in die Pantoffeln schlüpfte. In der mit Wasserdampf gefüllten Küche fuhr er zusammen.

      »Was ...« Ihm rutschte die Flasche aus der Hand und zerschellte auf den Fliesen. Louis verstummte. Stille. Da stand sie. Frau Klämmerle! Im Refugium seiner Wohnung!

      »Shit!«, fluchte er. »Äh ... Ich meine ...« Er schluckte. »Was machen Sie hier?«

      »Ich nehme das kochende Wasser vom Herd, ehe es womöglich noch auf den kleinen Louis spritzt.«

      Louis, der im Fallen seines Namens offensichtlich eine Aufforderung zum Weiterweinen verstand, legte wieder los. Er schrie auf. Christian ging auf Zehenspitzen durch die Weinpfütze auf ihn zu und schnallte ihn aus der Babyschale.

      »Sie können doch nicht einfach in meine Wohnung ...«, sagte er mit brüchiger Stimme und küsste seinem Sohn eine Träne weg, die ihm über die Wange kullerte.

      »Ich wollte einmal nach dem Rechten sehen. Nachdem ich vor zwei Tagen zufällig erfahren musste, dass Sie gegen unseren Willen adoptiert haben.« Frau Klämmerle wischte sich die Hände am Tuch ab, das über der Spüle hing. »Keine Sekunde zu früh, wie es scheint! Das arme Kerlchen hat sich fast die Lunge aus dem Hals geschrien, so ganz allein. So unbeaufsichtigt.« Streng über den Brillenrand lugend, betonte Frau Klämmerle jedes Wort. Christians wollte etwas erwidern, doch sein Wortschatz hatte sich verflüchtigt. »Wie ich höre«, sprach Frau Klämmerle weiter, »wollen Sie sich zurück auf den Boden der Rechtsstaatlichkeit begeben und jetzt das Anerkennungsverfahren beantragen?« Sie strich sich die schwarzen Haare hinters Ohr.

      Christian schnaubte. »Unsere … unsere Unterlagen sind noch nicht ganz komplett.« Er massierte sich die pochenden Schläfen. »Woher wissen Sie eigentlich, dass wir ...«

      »Wollen Sie nicht lieber nach Louis ...?« Frau Klämmerle deutete auf das Gläschen im Wasserbad.

      Glasscherben knirschten unter Christians Schuhen, als er zum Waschbecken ging. Der Drang, sich verteidigen zu müssen, überkam ihn. »Louis hat fest geschlafen, als ich in den Keller bin«, begann er, »er war kaum fünf Minuten hier allein.«

      »Nun, sein erbärmliches Schreien war jedenfalls bis zur Straße zu hören«, erwiderte Frau Klämmerle, »zum Glück stand die Haustür offen.« Der verdammte Türschnapper!, dachte Christian und blickte der Beamtin in die kühlen Augen.

      »Herr

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