Amélie - Wo Schatten ist. Genèvieve Dufort

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Amélie - Wo Schatten ist - Genèvieve Dufort

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auf den wackeligen Tisch stellte. Dann drehte sie sich herum und fixierte den Freier. »Na, dann beginnen wir mal den Budenzauber!«, grinste sie. »Und du, Amélie, setzt dich dort drüben hin und rührst dich nicht von der Stelle.«

      Sie war schon immer ein gehorsames Kind gewesen, um nur nicht anzuecken und tat wie ihr geheißen. Zwar konnte man sie mit ihren achtzehn Jahren wirklich nicht mehr als Kind bezeichnen, aber weil sie so hager war, wurde sie immer für sehr viel jünger gehalten – und das war bei Inès' Kunden vermutlich auch nicht anders.

      Bei ihr zu Hause machte man sich nicht viel Mühe, etwas vor den Kindern zu verbergen. Ihre Eltern hatten sich immer ganz ungeniert benommen. Wenngleich sie selbst auch noch nie mit einem Mann geschlafen hatte, so hatte sie doch unwillkürlich des Öfteren bei den Eltern etwas mitbekommen. Für sie war das ganz normal, so wie Kinder auf dem Lande zusehen, wenn ein Kalb geboren wird. Aber nun bekam sie etwas zu sehen, was sie maßlos verblüffte.

      Der Mann trat an den Tisch, legte sein Jackett ab und hängte es über die Lehne von einem der Stühle. Er schien sich bei seinem langsamen und bedächtigen Entkleiden in sich selbst zurückzuziehen, so als müsse er sich für etwas wappnen.

      Amélie verstand nicht warum. Denn alles was sie bislang über Sex wusste, erklärte das nicht. Da war nichts von stürmischer Eile und Hast, und sie hatte eigentlich gedacht, dass Inès ihm beim Ausziehen behilflich sein würde.

      Als er nun nackt mitten im Raum stand, wartete er auf deren Befehle.

      Amélie sah wie jede Autorität, die er zuvor noch ausgestrahlt hatte, von ihm abfiel, und wie er zu einer Marionette seiner Bedürfnisse wurde.

      Über mehrere Minuten ließ Inès ihn einfach nur mit gesenktem Kopf auf der Stelle stehend warten.

      Auf Amélie machte es den Eindruck, als würde Inès die Situation und Macht, die sie in diesem Augenblick über ihn hatte sehr zu genießen. Sie bemerkte, wie sie förmliche aufblühte und in ihren Augen eine Art zufriedenes Leuchten erstrahlte.

      »Wer hat dir erlaubt zu stehen, du Hund ...«, herrschte Inès ihn unvermittelt an.

      Pierre fiel wie ein nasser Sack in sich zusammen und ging auf alle Viere. Er versank im Sumpf sklavischer Demut, die er brauchte, um seine Erfüllung zu finden.

      »Und jetzt, Sklave?!« Direkt vor ihm stehend, hatte Inès ihre Hände in die Hüften gestemmt. »Du weißt, was ich von dir erwarte! Begrüße deine Maîtresse!«

      Wortlos senkte er seinen Kopf und küsste ihr mehrfach mit kurzen Berührungen die Stiefelspitzen, bis sie ihn grob mit einem Fuß von sich stieß.

      »Hast du denn schon alles verlernt?!«, fauchte sie ihn an. »Jetzt sind meine Stiefel nass geworden! … Du bist einfach zu nichts zu gebrauchen!«

      Er fing sich sofort, rutschte wieder vor sie und verharrte in ergebener hündischer Haltung, auf seine Züchtigung wartend.

      »Ich frage mich ernsthaft, warum ich mich mit dir abgeben sollte! Du kannst deine Maîtresse ja nicht einmal richtig begrüßen und ihr die Stiefel küssen!«

      Auf Amélie wirkten ihre Worte gemein und verletzend. Sie fühlte sich zunehmend unwohler und wäre am liebsten davongelaufen, um der Situation zu entkommen. Aber die Aussicht auf gutes Geld ließ sie bleiben. Sie zog sich in die hinterste Ecke des Raumes zurück. Nach wenigen Minuten wandte sie sich ab und blickte aus dem Fenster hinter sich.

      Pierre genoss sichtlich, dass sie während seiner ›Session‹ dabei war. Ihre Anwesenheit verdoppelte seine Empfindungen. Ihm gefiel, dass sie ihn und Inès beim Spiel beobachtete.

      »So erbärmlich wie du dich anstellst, frage ich mich, ob du Hund überhaupt noch einen hochkriegst.« Sie lachte verächtlich auf. »Tja, wäre geil, wenn du dir von all deiner Kohle mal einen richtigen Schwanz kaufen könntest, nicht wahr?« Sie hatte sich eine Reitgerte vom Tisch genommen und betastete seine Männlichkeit abschätzend mit der genähten Lederspitze. »Als Gott die Schwänze verteilt hat, hast du wohl jeden vorgelassen und dich mit dem kümmerlichen Rest begnügt! … Meine Fresse! … Das ist aber auch mickriges Teil!« Gespielt angewidert schüttelte sie missbilligend den Kopf.

      Mit jedem weiteren Satz, den sie ihm an den Kopf warf, steigerte sich seine Lust. Er spürte, wie sich das Blut in seinem Schritt sammelte und sein Glied langsam erigierte.

      Aber auch damit zeigte sich Inès unzufrieden. »Wie kannst du es wagen, vor mir einen Steifen zu kriegen, du Schwein!«, schrie sie ihn an und schlug ihm mehrfach mit dem Paddel der Gerte gegen die baumelnden Hoden, worauf er schmerzhaft das Gesicht verzog. »Du widerliches Kriechtier hast kein Recht dazu! Habe ich dir das erlaubt?!«, fuhr sie mit gehässigem Unterton fort.

      »Nein, Maîtresse!«, murmelte er kleinlaut. Dabei hob er kurz den Kopf und schaute, unbemerkt für Inès, zu Amélie, die in diesem Moment seinem Blick begegnete.

      Amélie spürte, wie sie Mitleid mit dem Mann bekam. Viele hielten sie für lächerlich jung und unerfahren, verstoßen und ausgesondert, ein hässliches Geschöpf, um das zu kümmern sich nicht lohnte. Aber in ihr steckte so etwas wie eine tiefe Lebensweisheit. Ich kann es mir nicht erklären, aber er tut mir einfach nur leid ...

      Inès war zu einem fast auseinanderfallenden kleinen Kleiderschrank gegangen und holte eine ›Chat-a-neufs-queues[2] heraus. Sie wusste, dass sie diese, bei ihrem reichen Kunden, nicht übermäßig stark einsetzen musste. Er mochte es nicht, blutig geschlagen zu werden, wie das bei vielen ihrer anderen Kunden der Fall war. Sie wollte ihn so schnell wie möglich wieder loswerden, um das verdiente Geld in Alkohol anlegen zu können.

      Als er hörte wie sie das Schlaginstrument durch die Luft schwang und sich das eindeutige Geräusch im heruntergekommenen Zimmer verbreitete, erschauerte er vor Erregung.

      »Los, aufs Bett mit dir und streck' deinen Arsch richtig raus!«, befahl Inès herrisch. »Ich glaube, ich muss dir mal wieder zeigen, wie der Hase hier läuft!« Sie wedelte mit der Spitze der Gerte, die sie in der linken Hand behalten hatte, in die Richtung der Schlafstätte und tippte mit einer Stiefelspitze ungeduldig auf den unsauberen Zimmerboden.

      Er legte sich auf das nicht gemachte Bett und blendete aus, was vor ihm hier passiert sein mochte. Sein Wunsch nach Erlösung ließ ihn das ignorieren.

      »Das ging aber schon mal bedeutend schneller, du Hund …!« Mit einem gezielten Schlag der ›Chat-a-neufs-queues‹ auf seinen nackten Hintern, trieb Inès ihn an, worauf er sich mit einem ersten lauten Stöhnen bei ihr bedankte.

      Ich brauche das heute einfach ..., dachte er bei sich, als er den scharfen Knall des Schlages hörte und das Brennen auf seiner Haut spürte.

      Amélie blickte durchs Fenster nach draußen, aber sie nahm nicht wirklich wahr, was sich ihr draußen zeigte. Der Mann ist nicht die dominierende Gestalt, nicht die Persönlichkeit, für die er sich ausgibt, stellte sie still fest. Im Grunde genommen ist der Mann nur ein Sklave seiner Gefühle. Er ist nun mal so geschaffen und muss sich diesem Zwang unterwerfen. Er kann sich nicht dagegen auflehnen. Frauen stehen hoch über ihm, weil sie seine Gefühle steuern können und nicht so wild und verbissen darum kämpfen müssen wie er. Dieser Mann muss immer wieder diese Bestätigung fühlen, egal wie und mit welchen Mitteln. Wenn es auf die normale Weise nicht mehr geht, muss er einen anderen Weg einschlagen. Eine Frau muss das sicher niemals tun. Als der Knall erfolgte, zuckte sie kurz zusammen und warf einen Blick über ihre Schulter.

      Immer wieder heizte Inès ihm verbal ein und

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