Eine Frau für Mama. Elmar Zinke

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Eine Frau für Mama - Elmar Zinke

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unüberschaubare Pracht und Herrlichkeit der Wörterehen.“

      „Ihr Erbe gönnt Ihnen offensichtlich Muße für die Kunst des Daseins“, taut sie beinahe spitzzüngig weiter auf. „Also für die Daseinskunst. Oder lieber für das Kunstdasein?“

      „Durch Zauberworte reifte die Sehnsucht nach geschmackvollen Worten. Dieses heiße, zuweilen auch schmerzliche Verlangen verdanke ich Mama. Also meiner Mutter.“

      „Verstehe, das reine Dasein als reine Kunstform.“

      „Mitnichten“, wiegelt er ab, spürt ein Erwärmen seiner Wangen. „Ich sorge für mich selbst. Empfange Gehalt für meinen Lebensunterhalt.“

      „Ein Gehaltsempfänger also. Und wofür halten Sie jeden Monat die Hand auf?“

      „Als Beamter gehöre ich einer Behörde an, der auch gute Menschen allerlei Böswilliges andichten. Raubritterei, Wegelagerertum, Abzockermentalität.“

      Ein Ausbruch von Fröhlichkeit schmückt ihr Gesicht, sie sagt: „Nun, wie der Prototyp dieser Menschenverärgerer sehen Sie nicht aus.“

      „Danke. Das ist eine echte Freundlichkeit.“

      Sie essen mit Curryhuhn das gleiche Gericht, sammeln gleichermaßen die Erfahrung atemberaubender Gewürzschärfe. Sie halten tapfer ihr Lächeln aufrecht, kämpfen gegen das Höllische im Mund mit überreichlich stillem Wasser. Ein Wort beschwingt das andere, entführt sie zu einer stimmungsvollen Entdeckungsreise ins Vage. Stumme Phantasien gleichen Schweigephasen aus.

      „Ich glaube, Bangkok ruft“, sagt sie hörbar traurig.

      „Nehmen wir einfach den nächsten Flieger“, schlägt er vor.

      „Die Bordkarte ist kein Freibrief für jede Lust“, wahrt sie einen kühlen Kopf.

      Von Klopp übernimmt die Rechnung, Betty quittiert den Fingerzeig des Großzügigen mit einem Breitziehen des Mundes.

      „Welches Ziel verfolgt mein Gegenüber in Thailand?“ fragt sie am Gate.

      „Duzen wir uns doch bitte“, wendet er heiter ein. „Sozusagen als Anredeerleichterungsmaßnahme.“

      „Gut, was zieht Dich nach Thailand?“

      „Zunächst reise ich nach Kambodscha. Siem Reap. Angkor. Die Tempelstadt im Urwald. Und Du?“

      „Ich steige für eine Weile aus“, entfährt ihr fahrig. „Ein Bekannter wohnt im Südosten, nahe der Grenze, auf einer Insel … Hält sich mit einer Tauchschule über Wasser... Wenn Du willst …“

      „Sich mit einer Tauchschule über Wasser halten“, unterbricht er sie. „Ein schönes Wortspiel.“

      „Ach so, nicht der Rede wert… Also, wenn Du willst, gebe ich Dir die Adresse. Für alle Fälle.“

      „Nach Angor mache ich ein paar Tage Station in Pattaya, danach zieht mich mein Plan ins Landesinnere, in den Norden.“

      Im Feixen erklärt sie unumwunden: „In Pattaya rekrutieren die Singleboys ihre pflegeleichten Frauen“.

      Er mutmaßt eine halbernste Unterstellung, erklärt geschwind: „Hoffentlich reicht die Zeit für das, was Dir vorschwebt.“

      „Die Zeit, die Zeit“, sagt sie und ihre Augen erlöschen. „Einmal alles vergessen.“

      Sitz an Sitz tauchen sie in die milchigweiße Wolkenfront ein, leichte Turbulenzen begleiten das Durchstoßen. Erste Sonnenstrahlen durchbohren die Bordfenster, Mitreisende wehren sich durch Sichtschutzklappen. Einmal alles vergessen, denkt er. War es ein Aufschrei? Mit Atemübungen ringt er sich zu einer klärenden Fragestellung durch, sucht den Blickkontakt und gewahrt geschlossene Lider. Sie ist älter als sie ausschaut, denkt er alsbald, ihre Garderobenteile fallen teurer aus als der Eindruck es erweckt, sie blickt trauriger drein als es den Anschein hat. Ihre Nähe und diese Rätsel, was für ein reizvolles Gespann.

      Ihr Kopf neigt sich zu ihm ins Unbequeme, er führt einen fragwürdig höflichen Abstand herbei, mimt den Schlafenden, nickt darüber ein. Eine Liebesszene mit fremden Personen flimmert in ihm. Er reißt die Augen auf, wirft den Kopf zur Gangseite, die Traumbilder verblassen. Zwei blutjunge Frauen schieben ein Metallwägelchen mit zollfreier Ware, von Klopp zählt zu den wenigen Käufern.

      Pfeiftöne begleiten den Landeanflug, die Gelassenheit in den Verhaltensabläufen der Stewardessen zerstreut den Verdacht des Abnormen. Die unsanfte Landung öffnet Betty die Augen, im Schein des Verträumten harrt sie aus.

      „Zunächst bleibe ich allein in Bangkok“, raunt sie.

      „Bist Du zum ersten Mal hier?“

      „Ja.“

      „Sie geht Dir nicht mehr aus dem Sinn“, sagt er ergriffen. „Wie ein erlesenes Buch. Wie ein schönes Gespräch. Wie ein einmalig wundersames Wort.“

      „Dann kennst Du die Stadt in einer Vollkommenheit wie Deinen Lieblingsroman.“

      „Besser als die meisten Orte in Deutschland“, bestätigt er.

      Vor dem Einreiseschalter entgleiten von Klopp die Gedanken, das Gepäckband fördert zuerst ihren Backpackerrucksack zutage. Auf ihrem Rücken löst er einen Verjüngungsschub aus, denkt er. Im flauen Händedruck wünschen sie einander das allgemein Übliche.

      Kapitel 2

      Klopps Zweistundenreise mit dem Gemeinschaftstaxi von der Grenze nach Siem Reap trägt ihm die Bekanntschaft mit einem deutsch sprechenden Frauentrio ein, zwei Frauen stammen aus Niederösterreich, die dritte Frau wohnt im Kanton Zürich. Sie unterschreiten sein Alter, bewirten ihn unaufhörlich mit Paprikachips, Energiedrinks und Reisegeschichten, lobpreisen ihre Unterkunft als Geheimtipp.

      Der Wagen stoppt im Halbdunkel eines delligen Platzes, ein Tuk-Tuk-Fahrer wuchtet ungefragt von Klopps Koffer auf die vorderen Plätze eines Gefährts, von Klopp steigt hinzu. Der Linksscheitel teilt das kurze Haar des Fahrers mit Strenge, das karierte Hemd mit angeknöpften Kragenecken und die graue Stoffhose unterstützen den Eindruck des Grundanständigen. Während der Hotelsuche sorgen die Autolichter für mehr Helligkeit als alle anderen Lichtquellen im Miteinander. Das vorab gebuchte Hotel liegt leicht zurückversetzt an der National Road, das unscheinbare Äußere weicht im Inneren einer luxuriösen Ausstattung.

      Von Klopp behagt die zurückhaltende Art des Mannes und die Verhältnismäßigkeit des Entgeltes, er regelt mit ihm den kommenden Tag. Ein gertenschlanker Page mit kindlichem Lächeln übernimmt den Koffer, eine unschlagbar lächelnde Frau an der Rezeption regelt das Notwendige im Schnelldurchlauf. Im Zimmer wirft der Page die Klimaanlage an, erklärt wortreich die Arbeitsweise des Minisafes, streift von der Begrüßungsfrüchteschale die Folie. Von Klopps Finger spreizen sich auf die Matratze des Doppelbettes, prüfen kraftvoll den Grad von Härte und Weiche. Die Aussicht auf gutes Schlafenkönnen beschwingt ihn, verführt ihn zu einem guten Trinkgeld.

      Der Page streicht die drei Eindollarnoten ein, säuselt im Türrahmen: „Mein Name ist Munny. Wollen nicht allein bleiben? Kenne ein Haus mit Superladys.“

      „Ich weiß nicht“, gibt sich von Klopp überrascht.

      „Eine

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