Eine Frau für Mama. Elmar Zinke

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Eine Frau für Mama - Elmar Zinke страница 8

Автор:
Серия:
Издательство:
Eine Frau für Mama - Elmar Zinke

Скачать книгу

Regung ruft jenes Bild hervor, das Heimatgefühle weckt, denkt er. Verrichtet sie etwa ihre Arbeit gegen ihren Willen? Oder gar unter Zwang? Im fortgesetzten wahllosen Suchen taucht ein umfangreicher Sprachführer zuzüglich des Khmeralphabets auf. Er denkt an Balls Hinterlassenschaft im Notizbuch, wühlt im Tagesrucksack nach ihm.

      „Heute neue Lady?“, hört er hinter sich Munnys gedämpfte Stimme.

      Munnys Gesäß findet Halt am Fußende der Liege, von Klopp blickt ihn stumm an, greift zum Wasserglas.

      „Weißt du“, sagt der Ältere beinahe wehmütig, „was gestern auch schön war? Die Fahrt mit Deinem Motorroller. Ich besaß in jungen Jahren ein Zweirad und war auf ihm ein glücklicher Mensch. Die letzte Fahrt bleibt leider in unguter Erinnerung. Sie endete im Straßengraben. Ich kam glimpflich davon, mit wenigen Schürfwunden, aber meine Mitfahrerin landete mit zwei Rippenbrüchen im Krankenhaus. Im Krankenbett warf sie mir schrecklichen Leichtsinn vor. Ich durfte sie nicht mehr besuchen und außerhalb der Schule nicht mehr sehen. Sogar Briefe mit eigenen Liebesgedichten änderten nichts mehr. Vorbei war die erste Liebe.“

      „Nicht nur eine Frau supersexy“, reagiert Munny mit wippenden Augenbrauen. „Bekommen Liebe von neun Ladys? Oder zehn? Wie Held.“

      Von Klopp trinkt etwas, lächelt nachsichtig.

      „Diese Zahl, mein Freund, übersteigt meine Fähigkeiten. Und meine Wünsche.“

      Munny nickt wie ein Diener, seine Augen bitten um weitere Worte.

      „Aber eine Frau, warum nicht“, spricht von Klopp bedächtig, „Ich bin frei. Ich betrüge niemanden. Höchstens mich selbst.“

      Munnys Stirnrunzeln bekundet eine Verständnisschwäche.

      „Außerdem handle ich im Auftrag der Königin“, spricht von Klopp, spielt ein strenges Gesicht vor.

      Der ovale Pool füllt sich mit jungen Paaren und Kindern, eine dunkelhäutige Schönheit vollführt einen mustergültigen Hechtsprung ins Wasser, taucht am Mittelpunkt des Beckens wieder auf.

      Munny kichert in die vorgehaltene Hand, sagt: „Verstehe. Königin ist Mama. Mama gibt Geld für schöne Frauen. Zehn Uhr?“

      Von Klopp schmäht den Anderen mit einem Blick, nickt ihm als nächstes zu. Der Page streckt den rechten Daumen in die Höhe, den kleinen Finger derselben Hand nach unten, drückt die Spitze des kleinen Fingers derselben Hand gegen die Lippen. In Folge sieht von Klopp den Pagen leere Gläser aufsammeln und längere Zeit mit einem älteren weiblichen Hotelgast reden.

      Munny spricht über seine Herkunft. Er wächst mit vier Geschwistern im Grenzgebiet zu Laos in bescheidenen Verhältnissen auf, der Vater arbeitet als Reisbauer, die Mutter versorgt die Kinder und beide Elternpaare. Von Munnys Arbeit im Hotel weiß jeder im Dorf, er schickt einen Großteil seiner Einkünfte nach Hause. Die Höhe der Zuwendungen trägt der Familie im Dorf einen überaus tadellosen Ruf ein, er nähert sich dem Ruf des Dorfältesten. Die Frau mit wabernden Elementen steckt ihm fünf Dollar zu, nach einer Verbeugung setzt er seine Arbeit für einen Hungerlohn im Foyer fort.

      Verstohlen mustert von Klopp die Damengesellschaft auf der gegenüber liegenden Poolseite. Sie liefert gehäuft Beispiele für Dickleibigkeit und Magersucht. Im Handumdrehen ärgern ihn die Bauchringe oberhalb seiner Badehose und sein Fußpilz. Er schwärzt mittlerweile den zweiten großen Zeh. Von Klopp wirft ein Handtuch über die Füße und gelobt Besserung im Umgang mit den Übeln. Anstoßklänge von Rotweingläsern tönen von Klopp entgegen, mit regloser Miene greift er zur Wasserflasche.

      Von Klopp fühlt sich auf Munnys Motorroller wiederum um Jahre verjüngt, die Strecke kommt ihm kürzer vor als am gestrigen Tag. Der Vorhof des Servicecenters und die Eingangshalle gähnen vor Leere. Gestern war Dienstag, heute ist Mittwoch, denkt er. Worin besteht der Unterschied? Das Herumstehen und Alleinbleiben stacheln ihn zu einem Rundgang an. In mehreren Räumen schlafen Zimmerfrauen, nach mehreren Frauenzimmern gewinnt er den Eindruck des Klinischsauberen. Er geht entfernten Geräuschen nach, findet sich in einer Überwachungszentrale wieder. Aus dem Flachbildfernseher lärmen Kungfukampfszenen, auf den Monitoren flackern in mehreren Perspektiven die Außenbereiche der Anlage, die Mitarbeiterinnentoiletten und die Flure.

      „Hallo Sir.“

      Die tiefe Stimme hinter ihm gehört Ladymama. Ein olivgrünes Kostüm umspannt ihren Körper, es nähert sich dem Zerplatzen. Das runde Gesicht mit auffällig kurzen Wimpern kündet von Strenge und Kälte, die Gesichtshaut ähnelt gehärtetem Teig, Ringe übersäen dickfleischige Finger.

      „Hallo.“

      „Gehen wir in mein Office“, kommandiert sie im guten Englisch.

      Ihre Schritte hallen auf den Terracottafliesen, in ihrem Besprechungsort setzt er sich ohne ihr Geheiß auf eine plüschige Couch. Sie streckt sich über die Gesamtheit der Längsseite, seitlich prunkt ein Mahagonischreibtisch mit Einlegearbeiten und vergoldeten Löwenfüßen.

      „Möchtest Du ein Bier trinken?“, fragt sie, die Stimme klingt hörbar freundlicher.

      Er entdeckt ihren Ohrknopf, am Hinterteil zwei Handys, sagt: „Ja, gern.“

      Im strammen Dastehen schickt sie kurze abgehackte Sätze durch ein Walkie-Talki. Sie öffnet eine kühlschrankkalte Flasche Heineckenbier, füllt einen Wasserkocher, brüht sich grünen Tee mit einem Teeei auf. Nach dem behäbigen Umrühren von Kandiszucker schneit eine Handvoll junger Frauen herein, in kurzen, schnellen Schritten eilen sie dem Freier entgegen. Zur Erhöhung der Gunstchancen schaben lanzenspitzenförmige Fingernägel über seine Handrücken, ein Fuß wirft klobigen Ballast weg, erobert friedfertig von Klopps Waden. Von einem Kopf fällt hochgestecktes Haar herab, an einer anderen Stelle zaubert heftiges Kopfschütteln eine vollkommen neue Frisur herbei.

      „Frauen müssen arbeiten“, wirft die Chefin ein. „Welche Frau willst du? Oder alle Fünf?“

      In von Klopp mischt sich das Unentschlossene, Ablehnende und Forsche ins Durcheinander, Ladymamas Teeschlürfen unterbricht die Grabesstille. Nach einem unsicheren Augenaufschlag tritt ein Augenkontakt ohne Absicht ein, flugs wähnt sich die Angeschaute als Siegerin, drückt dieses Gefühl aus. Ihre kleine Hand gedenkt seine Hand zu verschlingen wie eine Schlange ein übergroß erscheinendes Beutetier.

      „Ihr Name ist Sovann“, mischt sich Ladymama ein. „Ein Geschenk als Kostprobe für eine Nacht.“

      „Das ist sehr freundlich“, reagiert von Klopp geradezu betreten.

      „Komm morgen um Fünf“, gehen ihre Worte schnörkellos über die Lippen, „Wie ich höre, willst Du eine Frau für längere Zeit kaufen. Oder ganz lange. Bring genug Dollar mit. Vielleicht ist Sovann die Richtige. Oder eine andere.“

      Sovann tritt mit Ladymama in einen kurzen Wortwechsel, kneift im Gehen seinen Unterarm. Im Eingangsbereich ruft eine Minibusladung japanischer Krawattenmänner wildes Geschrei hervor, die Gruppe drückt den Altersdurchschnitt der mittlerweile anwesenden Kundenschar. Munny begrüßt von Klopp und seine Begleitung mit einem strahlenden Gesicht, im Hotel dankt er dem Gast die Zwanzigdollarnote mit einem ehrerbietigen Gruß.

      „Was bedeutet Dein Name?“, will von Klopp im Zimmer ein nettes Gespräch ankurbeln.

      „Kondom?“, nimmt sie ruppig einen Themenwechsel vor.

      Von Klopp klärt sie über das Schubfach des Nachtschränkchens als Platz des Erfragten auf, sie vergewissert sich,

Скачать книгу