Bodos zornige Seele. Kurt Pachl

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Bodos zornige Seele - Kurt Pachl страница 43

Автор:
Серия:
Издательство:
Bodos zornige Seele - Kurt Pachl

Скачать книгу

noch nicht gesund. Allerdings verlief die Grenze in solchen Fällen äußerst fließend. Immer wieder stellte sie sich die Frage, zu welcher abschließenden Einschätzung sie kommen müsste, wenn sie diesen Mann nicht seit vielen Jahren abgöttisch lieben würde. Sie, Iris Saß, Inhaberin und Leiterin einer angesehenen Psychiatrie, war befangen. Weitaus schlimmer wog die Tatsache, dass sie viele der Philosophien und Ansichten Bodos inzwischen nachvollziehen konnte. War sie inzwischen selbst krank; infiziert?

      Die Ansprache dieses charismatischen und engagierten Umweltaktivisten an jenem denkwürdigen Abend in Biloxi hatte sich tief in ihre Seele eingegraben. Es war für sie unendlich schwer gewesen, sich an jenem Abend nicht aus­schließlich auf Bodo zu konzentrieren, sondern gezielt zu versuchen, in den Gesichtern der über einhundert Aktivisten zu lesen. Er hatte sie in den Bann gezogen. Alle. Ausnahmslos. Diese Menschen hatten an seinen Lippen gehangen. Iris hatte keinen Zweifel daran, dass viele von ihnen bereit gewesen wären, ihr Leben für die von Bodo vorgegebenen Ziele zu opfern. Und einige attraktive Frauen hätten alles dafür geben, mit diesem Mann zu schlafen … falls dies einige von ihnen nicht schon längst getan hatten. Vor allem dieser Gedanke ließ sie in jener Nacht in Biloxi keinen Schlaf finden. Während sie wach lag und an die Decke stierte, versuchte sie, jeden einzelnen Satz dieses Charismatikers zu analysieren. Dieser Mann war wie ein Vulkan, der jederzeit zu einem katastrophalen Ausbruch kommen konnte. Sie hätte viel dafür gegeben, wenn es ihr damals gelungen wäre, alle diese Szenen, und vor allem Bodos Ansprache, aufzunehmen. Die fachliche Meinung von Kolleginnen und Kollegen wäre ihr ungemein wichtig gewesen. Sie war, wie alle Aktivisten an diesem Abend, von Bodo fasziniert gewesen. Als anerkannte Psychologin war sie gleichzeitig tief entsetzt.

      Dieser Mann, ihr Bodo, ihr Geliebter - war krank; vielleicht sogar gefährlich krank. Die Wahrscheinlichkeit war äußerst groß, dass er sich langsam, aber sicher, zu einer Gefahr für sich und seine Umwelt entwickeln könnte. Die Schöpfung schien für ihn einen weitaus gewichtigeren Stellenwert zu haben als Menschen. Wie oft hatte er allein das Wort „hassen“ oder gar „abgrundtief hassen“ erwähnt; dies mit einer Gestik und Mimik, die ihr das Blut in den Adern hätte gefrieren lassen müssen. Doch nein. Ihr Blut kochte. Ihr Puls raste. Verdammt. Auch sie hing an seinen Lippen. Sie hatte sich gefragt, ob auch sie bereit wäre, ihr Leben für Bodos Ziele einzusetzen. Nein. Priorität hatte für sie stets das Seelenleben von Menschen. Schließlich waren Menschen auch Teil der Schöpfung.

      Wenn Bodo an diesem Abend einen Sparren in der Krone hatte, dann hatten es die über hundert Personen im kleinen Saal ebenfalls. Aber als weitaus schlimmer hätte eingestuft werden müssen, dass Ann Chandler aus Amerika, Solange Colin aus Frankreich, Blanca Barreras aus Spanien, Mayana Robles aus Mexiko und die junge Tussi aus England ganz offensichtlich ihr Gehirn ausgeschaltet hatten. Sie alle leiteten ebenfalls Psychiatrische Kliniken oder hatten dort herausgehobene Positionen inne. Ach da war ja noch diese Sue aus China, die Bodo kannte; allerdings an diesem Abend nicht dabei sein konnte. Sie alle waren Frauen! Nur Frauen! War das ein Zufall?

      Wie um alles in der Welt war das zu erklären? Hatte Bodo zum Schluss mit all diesen Frauen geschlafen? Irgendwann?

      Iris schauderte es immer noch. Genau genommen wusste sie noch nicht einmal einen Bruchteil über Bodos Leben. Warum hatte er die meisten dieser Informationen vor ihr verheimlicht? Wollte er sie vielleicht damit schützen? Oder misstraute er ihr gar? Wie konnte sie ihm unter diesen Umständen helfen? Sie musste ihm helfen. Doch wenn sie dabei einen Fehler machen sollte, würde sie Bodo verlieren; höchstwahrscheinlich für immer. Daran bestand nicht der geringste Zweifel. Sylvia war pragmatischer. Sie bat Marco, das Obergeschoss mit winzi­gen Kameras auszustatten. Von ihrem Büro aus war es ihrer Freundin nun möglich, alle Gänge der Klinik zu überblicken.

      Vor zwei Wochen gelang es Sylvia, nicht weit von Bodos Appartement entfernt, einen bis dahin leerstehenden Raum wohnlich ausstatten zu lassen. Darin dominierte ein großes Doppelbett.

      Marco war zunächst geschmeichelt gewesen, als er mit der attraktiven Ärztin dieses Doppelbett einweihen durfte. Bereits zwei Wochen nach dem ersten Liebesrausch bereute er es, Ole bei dessen Fitnesstraining nicht oft genug begleitet zu haben. Diese Frau, welche auf ihn immer einen distinguierten Eindruck gemacht hatte, war hemmungslos - und ihr Hunger schien sich von Tag zu Tag zu steigern.

      Iris konnte ebenfalls von ihrem Vorzimmer aus alle Gänge und viele sensible Räume überwachen. Sie lächelte in sich hinein, als es Marco wieder einmal nicht gelang, sich heimlich aus der Klinik zu schleichen.

      Ehe er sich versah, hatte ihn Sylvia in das kleine Appartement gelotst. Marco sah einige Stunden später mitgenommen aus, als er sich aus der Klinik davonstehlen wollte.

      »Hast du ein paar Minuten Zeit für mich«, begrüßte Iris den armen Burschen im Eingangsbereich.

      »Ich brauche deinen Rat.«

      Marco, der sich nach seinem Bett und viel Ruhe sehnte, zuckte zusammen.

      »Bodo hatte wieder einmal tausend Fragen«, sagte er etwas verlegen. »Können wir das nicht auf morgen verschieben?« Iris hakte sich bei Marco unter.

      »Komm mein Freund. Nur ein paar Minuten«, gurrte sie. »Für mich ist es wichtig, deine Meinung zu wissen.«

      Der müde Marco ergab sich seinem Schicksal. Er wusste, dass es unklug gewesen wäre, Iris einen Gefallen abzuschlagen. Deshalb ließ er sich unaufgefordert in den gemütlichen Bürostuhl vor dem Schreibtisch von Iris fallen.

      Iris setzte sich lächelnd auf ihren großen und modernen Bürostuhl und schlug die Beine übereinander.

      »Du siehst aus, als ob Ole dort oben mit dir einen Boxkampf veranstaltet hat«, sagte sie mit einer Miene des Mitleids.

      »Worüber wolltest du mit mir sprechen?« Marco versuchte, mit diesen Worten zu signalisieren, dass er heute nicht zum Small Talk aufgelegt war.

      »Gut. Lass uns gleich zum Punkt kommen«, sagte Iris.

      »Wie schätzt du Bodos Gesundheitszustand ein?«

      Blitzartig wusste Marco, warum Iris ihn in ihr Büro gebeten hatte. Er hob abwehrend beide Hände.

      »Wie du weißt, ist Bodo mehr als ein Freund für mich. Das solltest du respektieren.«

      »Mich beschäftigt momentan nur eine Frage. Ab wann können wir es gemeinsam verantworten, Bodo als geheilt zu entlassen?«

      »Was verstehst du unter „geheilt«, antwortete Marco erkennbar gereizt.

      Iris lächelte in sich hinein. Marco reagierte genauso, wie sie dies vorausgesehen hatte.

      »Gut, dann erkläre es mir mit deinen Worten. Was ist aus deiner Sicht in Biloxi mit Bodo passiert?«

      »Er hatte einen Nervenzusammenbruch. Das hast du damals doch selbst gesagt.«

      Iris hob beschwichtigend beide Hände.

      »Einverstanden. Aber ich brauche es dir nicht zu erklären, dass ein Zusammenbruch nicht wie eine göttliche Eingebung auf Menschen her­niederkommt. Wenn du sein Freund sein willst, so solltest du mir dabei helfen, die genauen Gründe hierfür herauszufinden.«

      Marco winkte ab.

      »Wie auch immer. Bodo ist jetzt wieder top fit. Nur das zählt. Alles Übrige ist jetzt nicht mehr wichtig.«

      Auch darauf hatte sich Iris vorbereitet. Sie beugte sich angriffslustig nach vorn.

      »Wie es in Bodo aussieht, scheint für dich nicht

Скачать книгу