Die Elf Augen. B. L. Hach

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Die Elf Augen - B. L. Hach

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sah auch Agatha, dass Herr Bodewald übersät war mit Tätowierungen. Auf seinem rechten Oberarm prangte der orangefarbene Drache, der auch auf die Wand gemalt war. Dann war noch eine lilafarbene Schlange zu sehen, mit einer pechschwarzen Zunge, die an der Schulter nach den Kindern zu züngeln schien. Um den Hals erkannte Arnold kleine, rote Fische – von Pfeilen durchbohrt. Auf dem linken Unterarm sprang ein giftgrüner Tiger Richtung Handgelenk, verfolgt von lodernden Flammen, die aus dem Ärmel des T-Shirts flackerten. Dazwischen waren Buchstaben tätowiert. Man musste genau hinsehen, um lesen zu können, was dort stand:

      »Die … Elf … Augen«, setzte Arnold langsam zusammen. Da entdeckte er auf dem Handrücken des Mannes auch tatsächlich jede Menge tätowierte Augen. Einige waren geschlossen, andere weit geöffnet, eines weinte, ein anderes schielte ein bisschen. Und eines, Arnold hätte seinen Kopf dafür verwettet, zwinkerte ihm zu!

      Herr Bodewald beobachtete die Kinder mit einem verschmitzten Lächeln und sagte dann: »Na, allet genau angeschaut? Noch Fragen? Ick bin für allet und jeden da, falls wat klemmt, ein Schloss nich' geht, die Agenten ihren Schlüssel verlieren und wat weiß ick nich' alles.« Herr Bodewald rückte seine Mütze zurecht. »Wo soll es denn überhaupt hingehen?«

      Die Zwillinge sahen sich ratlos an und zuckten mit den Schultern.

      »Ach, steigen Sie einfach erst mal ein, meine Herrschaften. Hunde und kleene Kinder gut festhalten, damit sie unterwegs nicht verloren gehen. So eine Aufzugsfahrt hat es in sich«, meinte er mit einem Blick auf Greta und Herrn Schmidt, die kein Wort von all dem verstanden.

      Arnold ging es nicht anders. »Wo ist denn hier ein Aufzug?«, fragte er stirnrunzelnd.

      »Is' schon unterwegs!«, rief Herr Bodewald.

      Und wirklich, da senkte sich langsam ein großer Metallkäfig herab. Er war über und über mit Gold verziert.

      »Pünktlich wie immer«, sagte Herr Bodewald und tätschelte die uralte Aufzugskabine liebevoll.

      Kaum hatte er den silberfarbenen Schlüssel in das Schloss gesteckt, öffnete sich quietschend die äußere Gittertür. Zum Vorschein kam eine hölzerne Innentür; zwei Flügel, in die zwei verglaste Scheiben eingelassen waren. Herr Bodewald drückte sie auf und winkte die Kinder herein.

      Agatha traute sich zuerst, gefolgt von Herrn Schmidt. Die Nase auf dem Boden schnüffelte er an allen Ecken und Ritzen und wedelte begeistert mit seinem kleinen Schwanz. Unbekannte, auf merkwürdige Weise pelzige Düfte stiegen ihm in seine Dackelnase und er atmete tief ein. Wie aufregend das war!

      Nun betrat auch Arnold mit einer recht munteren Greta auf dem Rücken den Fahrstuhl. Greta, die schon die Rolltreppenfahrt sehr genossen hatte, konnte ihr Glück kaum fassen. Nun durfte sie auch noch Aufzug fahren!

      Die Kabine war aus hellem Holz, mit großen Spiegeln an allen vier Seiten, sodass das Abbild der Zwillinge gleich mehrfach zu sehen war. Es konnte einem fast schwindlig davon werden. An einigen Stellen waren feine Muster und Ornamente in das Holz geschnitzt. Über der Bedienleiste befand sich eine hölzerne Maus, so fein gearbeitet, dass man ihre Barthaare zählen konnte.

      Doch Arnold war von etwas anderem gefesselt: »Agatha, guck mal: Da steht ja unsere Adresse!«

      Er hatte recht. Auf der Bedienleiste ganz unten, wo man eigentlich eine Abkürzung für das Erdgeschoss erwartete, war Sommergrund 11, Weissenbach zu lesen. Was neben den anderen Knöpfen stand, war nicht weniger seltsam.

      »Erster Stock: Frozzor«, las Agatha vor. »Zweiter Stock: Banilea. Dritter Stock: Aqualar. Vierter Stock: Kashonda. Fünfter …«

      Arnold fiel ihr ins Wort: »Kashonda? Der Aufzug fährt nach Kashonda? In das Land, in dem wir angeblich geboren wurden?«

      Er konnte es kaum fassen, aber Agatha las einfach weiter. Denn sie hatte noch etwas viel Interessanteres entdeckt: »Fünfter Stock: kein Zutritt.« Sie drehte sich zu Herrn Bodewald um. »Warum darf man nicht in den fünften Stock?«

      »Tja, meine Dame, weil der Zutritt strengstens verboten is'. Selbst ick darf da nich' hin – und will es auch gar nich', denn der fünfte Stock führt nach Borvalla.« Der Aufzugsführer wischte sich über die Stirn. »Ick glaube, der Aufzug fährt da auch gar nich' hin. Aber ehrlich gesagt: Ausprobiert habe ick dat nich'. Will doch meinen Job nich' verlieren. Die Zeiten sind schwer, da sollte man froh sein, wenn man Arbeit hat. Und dann noch bei den Elf Augen. Dat is' schon was.« Mit stolzer Stimme sprach er weiter: »Ick bin ein großer Fan der Agenten und habe mir extra ihr Zeichen auf die Hand tätowieren lassen. War ein Sonderangebot, is' ein bisschen missglückt«, bedauernd zeigte er auf das schielende Auge auf seinem Handgelenk.

      Agatha wandte sich wieder der Bedienleiste zu. Sie begutachtete die kleinen Schnitzereien, die sich auf den Knöpfen befanden, die zu den einzelnen Stockwerken führten.

      Ein kleiner Brief prangte auf dem rosa leuchtenden Knopf, der sich neben ihrer eigenen Adresse befand. Zu Frozzor wiederum gehörte ein spitzer Eiszapfen, zu Banilea ein Baumstumpf, auf dem Knopf von Aqualar war ein Seepferdchen zu sehen, aus dessen Auge eine Träne quoll, und auf dem Knopf von Kashonda konnte Agatha einen Vulkan erkennen. Auch auf dem Knopf, der zu dem Land namens Borvalla gehörte, war eine kleine Schnitzerei – sie zeigte einen Totenkopf.

      »Wissen Sie«, sagte Arnold zu Herrn Bodewald, »wir suchen unsere Eltern! Die beiden sind verschwunden und ein gewisser Orville de Montagne Blanche scheint auch auf der Suche nach ihnen zu sein.«

      Zum ersten Mal verlor Herr Bodewald sein Lächeln. Ein besorgter Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. »Ach, du lieber Himmel! Zwei der Elf Augen sind verschwunden? Isses tatsächlich wahr? Ick hab' ja schon so wat munkeln hören in Banilea. Aber gleich zwei auf einmal? Und dat gerade jetzt! Dat is' nich' gut, dat is' gar nich' gut.« Die Sorge in Herrn Bodewalds Stimme war nicht zu überhören. »Also, es geht mich ja nich' direkt wat an«, fuhr er fort, »aber ick an eurer Stelle würde dem Monsieur Orville nachfahren. Dat is' ein exzellenter Spurensucher, dat weiß jedes Kind. Und es kann nie schaden, sich so einem Mann an die Fersen zu heften! Der weiß schon, wohin es geht!«

      »Die Idee ist nicht schlecht«, überlegte Agatha laut.

      Herr Bodewald murmelte immer noch besorgt vor sich hin: »Oje, oje, hoffentlich is' der Königlichen Hoheit nichts passiert.«

      »Welcher Königlichen Hoheit?«, wollte Arnold wissen.

      »Ach, da fragt mal lieber den Monsieur Orville. Ick will nichts Falsches sagen. Is' ja alles top secret, wenn ihr wisst, wat dat heißt.« Der Aufzugsführer schüttelte bedauernd den Kopf.

      »Aber dann verraten Sie uns doch wenigstens, wohin Orville gefahren ist«, bat Arnold.

      »Dat is' kein Problem«, meinte Herr Bodewald. »Den Monsieur Orville hab' ick im zweiten Stockwerk abgesetzt, in Banilea. Gern fahr ick euch hin.«

      Agatha sah ihren Bruder an. »Arnold, lass uns noch einmal kurz überlegen, ob wir das wirklich tun sollten …«

      Greta, die sich immer noch von Arnold tragen ließ, wurde langsam sauer. Jetzt hatte sie schon so lange darauf gewartet, dass sich der Aufzug endlich in Bewegung setzen würde. Und jetzt sollte noch einmal darüber diskutiert werden? Das konnte doch nicht wahr sein! Ehe sich die Zwillinge versahen, streckte sie ihren kleinen Arm und den noch kleineren Zeigefinger aus, und drückte mit aller Kraft den Knopf mit dem Baumstumpf.

      Die Innenkabine begann zu ruckeln, hin und her, vor und zurück. Dann erklang ein lautes Klingeln und übertönte den erschreckten Aufschrei

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