Die Angelsächsin. Sabine Keller
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„Ist es sicher, dass es sich um Eintreiber aus Sleaford gehandelt hat?“, hakte Sir Robert nach.
„Nach den Aussagen der Bauern trugen die Männer Waffenröcke in den Farben der Ashbys, der Fürsten von Sleaford.“
„Na schön, Grenzstreitigkeiten gibt es immer wieder, dafür habt Ihr Eure Beamten. Aber was genau sollen wir denn dabei tun?“, erkundigte sich Duncan.
König Henrys Miene wurde ernst. „Das Problem dabei ist, die Ashbys stammen aus altem angelsächsischen Adel. Seit England damals von uns Normannen unter Wilhelm, dem Eroberer eingenommen wurde, sind die meisten Ländereien enteignet und an verdiente Normannen vergeben worden. Nur wenige angelsächsische Adelige, darunter die Ashbys, haben bis heute zumindest einen Teil ihres Landes behalten können. Das hat die Freundschaft zwischen Angelsachsen und Normannen nicht unbedingt gefördert, wie Ihr ja wisst. Wut und Hass deswegen sind noch immer fast unvermindert vorhanden. Der alte Graf Ashby war ein ruhiger Mann, vernünftig und ohne sinnlose Vorurteile. Aber er starb vor einigen Jahren und ich kenne seinen Erben nicht. Ich möchte verhindern, dass ein junger angelsächsischer Hitzkopf jetzt vielleicht einen Aufstand anzettelt. Ihr stammt beide aus dieser Gegend und kennt Land und Leute. Wisst Ihr etwas über den jungen Grafen?“
„Ich kenne ihn nicht persönlich, aber nach allem, was ich von meinem Vater hörte, soll er Streitigkeiten eher aus dem Wege gehen“, antwortete Robert. Sein Freund nickte bestätigend, er hatte ähnliche Informationen.
„Ich hoffe wirklich, ihr habt recht. Aber wie auch immer, Ihr kommt beide von dort und Ihr, Sir Robert, habt schon früher heikle Aufträge für mich erledigt. Daher habe ich Euch und Sir Duncan ausgewählt, in England nach dem Rechten zu sehen. Vielleicht bin ich ja übervorsichtig, wenn ich wegen dieser eigentlich unwichtigen Lappalie sofort Männer hinschicke, aber jetzt kann man mögliche Aufsässigkeiten noch im Keim ersticken, bevor ein Problem daraus werden kann. Sprecht mit den Beteiligten. Findet den Streitpunkt und versucht das Problem aus der Welt zu schaffen.“
Zweifelnd warf Duncan ein: „Aber Robert ist der Sohn des beteiligten Herzogs! Ritter des Königs oder nicht, die Leute werden ihn mit Sicherheit für parteiisch halten.“
Der König nickte bestätigend: „Richtig, genau deshalb sollt ihr, Sir Duncan, ihn begleiten. Sozusagen als Vertreter der Gegenpartei, da Ihr ja wie die Ashbys ebenfalls angelsächsischer Herkunft seid. Um die Gemüter nicht noch mehr zu erhitzen, möchte ich Euch bitten, möglichst unauffällig und diplomatisch vorzugehen. Ihr nehmt auch besser keine Eskorte mit. Und Ihr, Sir Duncan, haltet bitte Euer Temperament im Zaum. Ihr seid mir manchmal etwas zu draufgängerisch.“ Bei diesen Worten zwinkerte er Robert zu.
Der antwortete grinsend. „Keine Angst, Mylord, ich werde ein Auge auf ihn haben.“
„Dann wäre das geklärt. Wann könnt Ihr aufbrechen? Der Vorfall liegt schon mehrere Tage zurück und Ihr werdet eine Weile brauchen bis nach Mittelengland. Die Situation dort oben ist angespannt, es kann leicht mehr daraus entstehen und das würde ich natürlich gerne verhindern.“
Die Ritter wechselten einen kurzen Blick, dann meinte Duncan: „Wir können gleich morgen losreiten.“
„Gut. Regelt die Angelegenheit so schnell Ihr könnt. Ich kann wirklich keinen angelsächsischen Aufstand in England gebrauchen. Denn wie es aussieht, opponiert der Prinz jetzt offen gegen mich. Er kann es nicht abwarten, meinen Thron zu übernehmen. Aber über ein paar kleinere Reibereien wird es hoffentlich nicht hinausgehen. Ihr werdet in England sicher nichts davon mitbekommen.“
Der König erhob sich und seine Ritter taten es ihm gleich. „Nehmt bitte diese Papiere mit nach London. Sie sind für Richard de Lucy, meinen obersten Justiziar in London, und für Euren Vater, Sir Robert! Ich habe Eurem Vater von den Tätigkeiten meines Sohnes berichtet und ihn gebeten, vorsorglich die Augen offen zu halten. Falls der Prinz auf der Insel nach Verbündeten suchen sollte, will ich das möglichst schnell wissen.“
Er griff mehrere versiegelte Papiere von seinem Schreibtisch und schob sie in eine lederne Mappe, die er den Rittern aushändigte.
„Viel Glück und schickt mir Nachricht, sobald Ihr mehr wisst!“
Die Männer verbeugten sich und schritten hinaus, während König Henry sich wieder an den Schreibtisch setzte und anderen Schwierigkeiten zuwandte, und davon gab es in seinem ausgedehnten Herrschaftsbereich genügend.
Nicht lange, nachdem die Ritter den Raum verlassen hatten, ließ sich ein neuer Besucher von einem Diener anmelden. Roger Brigot, Henrys Berater in allen Angelegenheiten, die sein Reich betrafen, wollte den König sprechen. Der Mann verfügte über ein weitverzweigtes Netz von Spionen an allen wichtigen Orten in Henrys Machtbereich und darüber hinaus auch im Herrschaftsgebiet von König Louis VII von Frankreich. Er war stets sehr gut über alle Vorgänge unterrichtet. Gerade jetzt, nachdem der schon länger unzufriedene Thronerbe Henry nun unmissverständlich entgegentrat, waren die Meldungen von Brigot von größter Wichtigkeit und Henry rief den Mann sofort herein.
„Nun, was könnt Ihr mir berichten?“, fragte der König in banger Erwartung, denn die finstere Miene seines Beraters verhieß nichts Gutes.
„Majestät, Ihr habt richtig vermutet, was Euren Sohn betrifft. Nach seinem letzten Streit mit Euch hat er keine Zeit mehr verloren und sofort Boten zu seinem Schwiegervater, König Louis, geschickt und ebenfalls zu allen seinen Freunden und Anhängern, bis hin nach England. Er ruft zum offenen Widerstand gegen Euch auf.“
Das war eine wirklich schlechte Nachricht. Dieser Widerstand konnte sich leicht zu einem handfesten Krieg ausweiten. Besonders wenn sich König Louis einmischen sollte. Davon konnte Henry eigentlich ausgehen, denn der Franzose, der nur zu gerne die alleinige Herrschaft über ganz Frankreich hätte, würde so eine gute Gelegenheit kaum ungenutzt verstreichen lassen.
„Und das alles nur wegen dieses vermaledeiten Hochzeitsvertrages!“ Henry hieb mit der Faust auf seinen Schreibtisch.
Brigot schüttelte unmerklich den Kopf, behielt seine Gedanken aber lieber für sich. Das stimmte nicht so ganz. Die Hochzeitsabsprachen, auf die Henry anspielte, waren nur der letzte Tropfen gewesen, der das Fass endgültig zum Überlaufen brachte. Der Berater stand in hohem Ansehen beim König und konnte recht offen seine Meinung vertreten, aber aus Henrys Familienangelegenheiten hielt er sich doch lieber heraus.
Der König hatte seinen Söhnen, wie es üblich war, schon bei ihrer Geburt verschiedene Titel und Ländereien verliehen. Seinen ältesten Sohn, der ebenfalls den Namen Henry trug, hatte er vor einigen Jahren neben sich zum Mitkönig krönen lassen, um Streitigkeiten um die Erbfolge schon von vorneherein auszuschließen. Aber die Krönung fand nur auf dem Pergament statt und brachte für den Prinzen keine tatsächlichen Befugnisse mit sich, und genau das war jetzt der Stein des Anstoßes.
Außerdem hatte Henry die Zeremonie nicht vom englischen Kirchenoberhaupt, dem Erzbischof von Canterbury, Thomas Becket, durchführen lassen, wie es Tradition war, da er mit diesem gerade in Kompetenzstreitigkeiten verwickelt war. Stattdessen nahm der Erzbischof von York die Krönung in der Kathedrale von Westminster vor. Das war zwar durchaus rechtskräftig, stellte aber einen Bruch mit den alten Gepflogenheiten dar und wurde daher von Manchem als etwas zweifelhaft betrachtet. Dazu kam noch, dass König Henry bei der Krönung seines Sohnes zum jungen Mitkönig nicht gleichzeitig auch dessen Frau Margaret zur Mitkönigin krönen ließ.
Nun