Mit Buddha im Büro. Daniela Pielke

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Mit Buddha im Büro - Daniela Pielke страница 7

Автор:
Серия:
Издательство:
Mit Buddha im Büro - Daniela Pielke

Скачать книгу

wenn die KB von Kim Müller kommt, kannst du mir die dann gleich geben? Und hast du die BU von Lisa Meyer schon bearbeitet?“ „Bei OC läuft alles gut, aber die USA machen Probleme.“ „Kannst du den AP NL bis Montag konzipieren?“ „Hast du schon gesehen, wer die GF des Monats ist?“

      Bei Gmooh kommunizierten alle immer in Abkürzungen und Initialwörtern. Es gab teamübergreifende und teaminterne Abkürzungen, aber es gab keine Liste, welche die Abkürzungen erklärte. Ethnologen, die ins Feld ziehen, haben die Sprache ihrer Ethnie idealerweise zuvor gelernt oder arbeiten mit einem Assistenten, der übersetzt. Bevor ich zu Gmooh kam, wusste ich nicht einmal, dass dort eine andere Sprache gesprochen wurde als im Rest der Welt. Einen Assistenten hatte ich auch nicht. Also machte ich mich daran, Gmoohish im Selbststudium zu lernen. Gebräuchliche Abkürzungen wurden gern mit neuer Bedeutung belegt: NL war bei Gmooh nicht das Kennzeichen für die Niederlande, sondern der Newsletter, HS nicht das Hauptseminar, sondern High School, DP nicht displaced person, sondern double placement im Bereich des Schüleraustauschs.

      Nach ein paar Wochen konnte ich mich zwar verständigen und wusste halbwegs, worum es ging, doch integriert fühlte ich mich dadurch noch lange nicht. Wenn es nicht an der Sprache lag, dann vielleicht an der Kleidung, denn auch diese ist ja bekanntermaßen ein wichtiger Ausdruck für Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Kultur.

      Als ich bei Gmooh anfing, herrschten tropische Temperaturen, vor allem in unserem Raum, der nach Süden ging. Je weniger man trug, umso angenehmer ließ es sich arbeiten. Wir legten uns nasse Geschirrhandtücher in den Nacken, um das Gehirn zu kühlen.

      Einmal winkte Claudia mich zu sich und sagte mir mit vertraulicher Stimme, dass bestimmte Kleidungsstücke zu vermeiden wären: Tops und Miniröcke bei Frauen, Flipflops bei Männern, T-Shirts mit aufgedruckten Sprüchen für alle. Durch reine Beobachtung hatte ich bis dato nicht erschließen können, dass es einen offiziellen Dresscode gab. Es gab einige Kolleginnen, die Spaghettiträgerkleidchen und Flip Flops trugen und niemand schien sich daran zu stören, ich ohnehin nicht. Ich glaubte Claudia nicht und warf die Frage nach einer allgemeinen Kleiderordnung in den Raum.

      „Natürlich gibt es eine, so wie bei unserer amerikanischen Mutterorganisation auch! Das hab ich dir doch gesagt!“, erklärte Claudia in scharfem Ton.

      „Ach Quatsch“, sagte Eva-Maria. „Von einer Kleiderordnung habe ich ja noch nie gehört, und ich bin schon länger hier als du.“

      Die Diskussion schwappte nach und nach in die anderen Räume. Es bildeten sich zwei Fronten: Auf der einen Seite diejenigen, die vehement dafür einstanden, dass es eine offizielle Kleiderordnung gab, auf der anderen Seite die, die noch nie von ihr gehört haben wollten. Wie sich herausstellte, ging ein Teil der Belegschaft davon aus, dass es einen Casual Friday gäbe, also einen Freitag, an dem die strenge Kleiderordnung aufgehoben war und man sich in lässiger Kleidung aufs Wochenende einstimmte. Untermauert wurde diese These durch die Tatsache, dass Matthias, unser Chef, wochentags im Anzug kam und freitags Jeans und Sweatshirt trug. Es gab Kolleginnen, die sich jeden Tag so kleideten, als wäre es Casual Friday und wieder andere, die stets so gestylt waren, als wären sie der eigentliche Big boss. Wir fragten schließlich Matthias. Doch seine Antwort war so schwammig, dass sie in beide Richtungen interpretiert werden konnte.

      Wenn Besuch aus den USA kam, gab es von Matthias die Ansage, sich smart casual zu kleiden. Was sich hinter diesem Begriff verbarg, war Interpretationssache. Die Konformisten freuten sich über die Ansage, denn das hieß, dass sich endlich alle ordentlich kleiden mussten. Die Individualisten dagegen beratschlagten, was unbedingt sein müsse und worauf man verzichten könnte. Die große Mehrheit handelte kompromissbereit und trug zur Casual Jeans ein smartes Oberteil.

      Was als harmlose Frage begonnen hatte, wuchs sich aus zu einem regelrechten Streit, und die Kleiderfrage wurde schließlich in die wöchentliche Gesamtbesprechung getragen, sodass Matthias öffentlich Stellung beziehen musste.

      „Unsere Mutterorganisation in den USA hat eine Kleiderordnung. Die können wir gerne übernehmen. Allerdings ist die sehr streng“, erklärte er.

      „Und völlig menschenunwürdig für unsere unklimatisierten Räume, also absolut inakzeptabel!“, fügte Elisabeth hinzu, während sie sich eine Locke drehte.

      „Ja, deshalb sage ich ja auch, wir könnten uns daran halten“, lenkte Matthias ein. Er schloss mit den Worten: „Es kommt ja auch immer darauf an, wie man etwas trägt.“ Dabei blickte er bedeutungsvoll in die Runde.

      Damit blieb alles beim Alten. Wer Lust hatte, konnte sich das vierzigseitige kleingedruckte amerikanische Dokument, das auf dem Server abgelegt war, durchlesen. Ich hatte keine Lust dazu. Sollte es an meinem Kleidungsstil etwas zu beanstanden geben, würde ich es entweder direkt durch Matthias erfahren oder durch den Flurfunk, der von allen Kommunikationswegen am besten funktionierte.

      Zunächst orientierte ich mich als Berufseinsteigerin an meiner Teamleiterin Claudia, die schon seit fünf Jahren bei Gmooh arbeitete. Ihr Kleidungsstil war verlässlich. Sie trug ausschließlich schwarze Stoffhosen und pastellfarbene Blusen – für jeden Wochentag eine bestimmte Farbe. Wusste ich einmal nicht, welchen Tag wir gerade hatten, brauchte ich nur zu schauen, was Claudia trug. War es hellblau, dann war Freitag und das Wochenende stand vor der Tür, war es hellrosa, dann war Montag. Ihr unauffälliger Kleidungsstil schien mir angemessen für unsere Tätigkeit. Wozu aufstylen, wenn man den ganzen Tag ohnehin nur hinter dem Schreibtisch saß, wo uns bis auf die anderen Kolleginnen niemand sah?

      Claudias unprätentiöse Klarheit entsprach auch meiner spirituellen Auffassung. Als ich vor zwei Jahren angefangen hatte, Buddhistin zu werden, hatte sich mein Kleidungsstil geändert. Mir gefiel der schlichte Stil der buddhistischen Mönche und Nonnen, obgleich Orange keine Farbe war, die mir stand. Es waren die klaren Farben und Schnitte ohne schnörkeligen Muster, die mich ansprachen. Gemusterte Pullover hatten mich schon als Kind kirre gemacht. Ich hatte immer das Gefühl, dass die gekringelten Muster wie tausend kleine Spinnen in meinen Geist krochen und dort durcheinander wuselten. In einfarbigen Kleidern fühlte ich mich dagegen klar und ruhig. Doch auch mein angepasster Kleidungsstil half mir nicht, mich zu Gmooh dazugehörig zu fühlen.

      Jeden Mittwoch versammelten sich alle Gmoohler im Raum Europa zur großen Besprechung. Sie trotteten an den Versammlungstisch wie zum Wasserloch in der Wüste Gobi, und jeder berichtete der Reihe nach von seiner Arbeit. Vor meiner ersten Besprechung fragte ich Claudia, was ich erzählen sollte.

      „Ach, erzähl doch einfach, was du die Woche über so gemacht hast.“

      „Na ja, ich denke, es ist allgemein bekannt, was wir Kundenberater machen: Anfragen bearbeiten und Broschüren verschicken.“

      „Na also, dann sag das doch!“, ermunterte mich Claudia.

      Es kam mir idiotisch vor, das Offensichtliche auszusprechen. Doch tatsächlich war es das, was jeder tat, wie ich verwundert feststellte. Ich sagte also brav: „Wir haben diese Woche fleißig Broschürenanfragen in den Computer eingetippt, Broschüren eingelegt, Bewerbungsunterlagen verschickt und angehende Au pairs am Telefon beraten.“

      „Und macht es dir Spaß?“, fragte Elisabeth.

      Unter Spaß verstand ich zwar etwas anderes, doch ich hatte das Gefühl, es wäre besser, das nicht allzu laut zu sagen.

      In den folgenden Wochen bemerkte ich, dass jede Besprechung eine Wiederholung der vorangegangen war – von winzigen Variationen abgesehen. Stand ein Messebesuch an oder eine Informationsveranstaltung, konnten wir unseren wöchentlichen Satz kunstvoll um diesen Punkt ergänzen.

      Erik, ein Kundenberater aus dem Schüleraustausch-Team, wagte einmal,

Скачать книгу