Der Schneeball. Neo Tell

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dass er am Ende des Tages nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen würde.

      „Komm her Alois, ich zeige dir den Stand meines Kontos bei Flash Capital.“

      Alois stand auf und folgte seinem Vater hinter den Mahagonischreibtisch zum Computer. Als Horst Griedl online sein Account öffnete, erschrak er.

       Das gellende Lachen verstummte zumal;

       Es wurde leichenstill im Saal.

      Er wusste nicht, was ihn mehr schmerzte, der Verlust seines Geldes oder das ungute Gefühl, vor seinem Sohn wie ein windiger Hochstapler dazustehen.

       Und sieh! und sieh! an weißer Wand;

       Das kam’s hervor wie Menschenhand;

       Und schrieb, und schrieb an weißer Wand

       Buchstaben von Feuer und schrieb und schwand.

      Jetzt hatte er eine leise Ahnung davon, warum seine beiden Freunde aus der gemeinsamen Studienzeit in Münster, Alexander Büsking und Fiete Peters, so dringend mit ihm sprechen wollten.

       Der König stieren Blicks da saß,

       Mit schlotternden Knien und totenblass.

      Neben dem LIBOR-Manipulator Büsking in London, dem Schiffsfonds-Initiator Peters auf Sylt und dem Croupier der deutschen Kämmerer Griedl am Starnberger See stellten zwischen Weihnachten und Silvester noch weitere dubiose Gewinnler des globalen Finanz- und Sportsystems fest, dass sie mit ihrer Geldanlage bei Flash Capital einem Betrüger auf den Leim gegangen waren. Darunter: ein Hannoveraner Drückerkönig in seiner spektakulären Finca in Port d’Andratx, Mallorca; ein Essener Steuerberater und Organisator von Cum-Ex-Trades in seinem Hide-Away-Chalet in Zermatt; ein Genussschein-Verkäufer eines bankrotten Windkraftanlagenunternehmens in seinem barocken Lustschlösschen auf einem Privateiland nahe Potsdam; ein ehemaliger Landesbanker in seinem Cottage tief in der Naturpark-Idylle der sächsischen Schweiz; der Hausbanker der Warlords am Zuger See; ein zweifacher deutscher Fußballweltmeister im Tiroler Oberndorf; der Präsident der FIFA im Wallis; zwei Vertreiber geschlossener Immobilien-, Erneuerbare-Energien- und Flugzeugfonds im paraguayischen Dschungel; der dekadente Patriarch eines adligen Banker-Clans auf dem weitläufigen Familiengestüt im Kölner Speckgürtel; der Betreiber eines Umsatzsteuer-Karussells in seinerm Serail auf der künstlichen Palmeninsel vor Dubai; ein sogenannter Kunstberater in seinem Oberkasseler Townhouse in Düsseldorf; und last but not least ein kleptomanischer britischer Rennserien-Impresario in Fort Lauderdale, Florida.

      Alle fanden sie, statt ihres Geldes, dieselben merkwürdigen Reime in ihren Online-Accounts bei Flash Capital vor:

       Die Magier kamen, doch keiner verstand

       zu deuten die Flammenschrift an der Wand.

       Belsazar aber ward in selber Nacht

       von seinen Knechten umgebracht.

      Erster Teil

      1 – Speicherstadt, Hamburg

      Vielleicht hätte Rosa Peters es tunlichst vermeiden sollen, in die fensterlose, im Innern des alten Speichergebäudes liegende Teeküche zum Kaffeeholen zu gehen, während sie mit ihrem Vorgesetzten Sebastian von Schirach an diesem 27. Dezember nachmittags alleine in dem Loftbüro war. Und vielleicht hätten bei ihr spätestens dann die Alarmglocken schrillen müssen, als aus den in sämtlichen Räumen befindlichen Lautsprechern Weihnachtsmusik verdächtig laut zu spielen begann.

      Doch die attraktive Einunddreißigjährige war eine von Grund auf optimistische, fröhliche und lebensbejahende Person, der dunkle Gedanken für gewöhnlich fernblieben. Und so kam es, dass sie unbekümmert bei „Last Christmas“ von Wham! mitsingend Arabica-Bohnen in den Kaffee-Vollautomaten nachfüllte, bis zwei schwielige Männerhände ihre schlanken Hüften umfassten. Im nächsten Moment schon drückte sich ein erigierter Phallus durch eine Jeans an ihren Schurwollrock.

      Sie erschrak. Als sie sich ruckartig umdrehte, verschüttete sie die Hälfte der Kaffeebohnen.

      Es war von Schirach, der Leiter der Abteilung investigative Recherche beim homo oeconomicus, dem sie direkt unterstellt war. Sie arbeitete für das Wirtschaftsmagazin nunmehr schon seit etwas über einem Jahr auf der Basis eines revolvierenden Praktikantenvertrags. Auf der Weihnachtsfeier im vergangenen Jahr kannte sie nach kaum einer Woche dort noch niemanden. Von Schirach war ein gut aussehender belesener Mann und sie war seinem Charme nach ein paar Gin Tonics erlegen gewesen. In der Hoffnung, dass niemand sie zusammen sehen würde, hatten sie sich damals mit etwas zeitlichem Abstand von der Party wegstibitzt. Erst als von Schirach sich nach zwei Stunden in ihrem Bett heimlich davonmachen wollte und sie ihn dabei erwischte, hatte Rosa von ihm kleinlaut erfahren, dass er verheiratet und Vater zweier Töchter war.

      Angewidert angesichts von Schirachs Untreue und verärgert darüber, sich selbst dafür bereitwillig als Mittäterin hergegeben zu haben, erstickte sie seine zahlreichen Annäherungsversuche in den folgenden Monaten bereits im Keim. Irgendwann hörte er schließlich mit den mehr oder weniger subtilen Avancen auf. Sie hoffte, damit die unappetitliche Affäre für immer ad acta legen zu können. Ein großer Irrtum, wie sich jetzt herausstellte, als sie sich vergeblich aus seinem Griff zu befreien versuchte. Sie bekam Angst, verbarg dies aber, indem sie es mit entwaffnendem Witz probierte:

      „Es entbehrt mit unserer gemeinsamen Historie nicht einer gewissen Ironie, wenn ich hier in deiner unvermuteten Anwesenheit mit Wham!‚ Last Christmas I gave you my heart. But the very next day you gave it away‘ singe, findest du etwa nicht, Sebastian?“

      Hämisches Gelächter. Von Schirachs Atem roch nach Alkohol und ging flach in ihrem Nacken, sodass ihr ein eiskalter Schauer den Rücken herunterlief.

      Er säuselte: „Last Christmas you gave me your pussy. But the very next day you took it away.”

      Rosa war jetzt vollends alarmiert. Irgendetwas war heute anders. Von Schirach schien sich so lange an seinem Schreibtisch Mut angetrunken zu haben, bis er sich schließlich in diesen Zustand völliger Triebsteuerung katapultiert hatte. Sie ärgerte sich darüber, dies nicht früher bemerkt zu haben. Gleichzeitig musste sie sich zwingen, nicht in Panik zu verfallen.

      „Sei nicht albern, Sebastian.“

      Rosa nannte ihn nun schon zum zweiten Mal beim Vornamen, um sich auf diese Weise womöglich unterbewusst sein Wohlwollen zu erschleichen. Unter dem Ablenkungsmanöver eines taktischen Lachens versuchte sie ein weiteres Mal mit aller Kraft, der Zange zwischen von Schirachs andrängendem Leib und der Küchentheke zu entkommen. Keine Chance. Seine Hände wanderten jetzt ihren Rock herunter und zogen ihn am Saum hoch. Sie schrie:

      „Stopp Sebastian, ich will das nicht!“

      Krampfhaft bot sie Widerstand, der jedoch Wachs in von Schirachs mehrmals wöchentlich im Fitnessstudio gestählten Armen war. Ihr 1,72 Meter großer zierlicher Frauenkörper war nichts weiter als ein Spielball in den Händen des brünstigen Eins-neunzig-Hünen.

      „Das ist Vergewaltigung. Hör damit sofort auf!“

      Von Schirach hechelte seine Antwort, als er ihr die Strumpfhose samt Slip herunterzog:

      „Ach ja, was

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