Die Stunde, eh' du schlafen gehst. Ханс Фаллада

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Die Stunde, eh' du schlafen gehst - Ханс Фаллада

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ich mit ihr geredet habe, hätte sie reagiert. Aber sie hat mich eben einfach nicht gehört!«

      »Wenn sie dich doch nicht hören kann, wäre es da nicht das beste, du überläßt sie den Ärzten? Sie wird morgen in eine Nervenklinik gebracht …«

      »Den Teufel wird sie dorthin gebracht! Was ihr euch alles ausdenkt! Sie ist doch nicht verrückt!«

      »Mein Lieber, ein Mann deines Bildungsgrades sollte wirklich nicht mehr Neurologie und Psychiatrie verwechseln! Natürlich ist sie nicht geisteskrank, aber vielleicht ist ihr seelisches Gleichgewicht im Augenblick ein wenig gestört.« Und bei sich dachte er: Und nochmals, vielleicht ist sie bloß eine durchtriebene Schelmin und freut sich, wie schön sie unserem ahnungslosen Babendererde seine Ruppigkeit heimzahlen kann!

      Aber das laut zu sagen, verbot sich. Statt dessen fragte der Arzt: »Nun erzähle mir doch endlich einmal, Gerd, was willst du mit dem jungen Mädchen eigentlich anfangen?«

      »Ich werde sie gesund machen!«

      »Ein Kranker taugt nicht zur Krankenpflege!«

      »So, nun bin ich also auch krank! Vielleicht willst du mich ebenfalls in die Nervenklinik bringen – soll ich gleich hinfahren?«

      »Du bist der unvernünftigste Kindskopf von ganz Berlin, Babendererde! Eben hast du mich gebeten, dir bei Hensel Überarbeitung zu bestätigen! Überarbeitung ist auch ein krankhafter Zustand. Sei doch vernünftig, Gerd«, setzte er überredend hinzu, »ich will ja nur, daß die junge Dame vorläufig für dich abgetan ist, wenn auch dein morgiger Besuch zu keinem Erfolg führt!«

      »Nichts verspreche ich! Gar nichts verspreche ich!« schrie der Schauspieler fast. »Und nun will ich dir sagen, daß ich dieses Geschwätz über das verdammte Mädel bis dahin habe! Ich verbitte mir jedes weitere Wort darüber!«

      »Schön, schön, mein Lieber«, sagte der Arzt, ganz ungerührt von diesem Ausbruch. »Wenn du mir nur sagen wolltest, was du mit ihr vorhast! Auf der Chirurgischen im Krankenhaus wird man sie nicht länger behalten.«

      Aber Babendererde antwortete nicht mehr, und in völligem Schweigen verlief der Rest der Fahrt zum Stammtisch bei Kießling.

      4

      Fahndung nach einem Star

      Bei Kießling stand nicht etwa nur ein Stammtisch weniger Schauspieler, sondern das ganze Lokal, äußerlich kaum anders als eine Kutscherkneipe aussehend, war ein Treffpunkt von Bühne und Film. In einem langen, sich durch die Tiefe des Hauses ziehenden Raum stand ein Gewirr von zerschnitzelten, verbrauchten Holztischen und Stühlen, die so eng gestellt waren, daß der servierende Kellner sich kaum hindurchzwängen konnte.

      Dieser Kellner, allgemein Julius gerufen und nur mit ›Du‹ angesprochen, war eine Spezialität des Kießlingschen Hauses. Schon recht ältlich, mit dünnem Haar, das nur spärlich einen bleichen Schädel bedeckte, mit vorquellenden blaßblauen Fischaugen und einem stets offenstehenden Mund, vergaß er alles, verkannte jeden, verrechnete sich stets, trödelte immer, verschüttete Soßen, servierte Kaffees mit Fußbädern – kurz, dieser alte Trinker schien zu allem anderen geeignet, nur nicht zum Kellnerberuf …

      Die Schauspieler aber, die in jedem andern Lokal über den zehnten Teil der Schwupper, die sich Julius zuschulden kommen ließ, in Tobsucht geraten wären, liebten ihren Julius, sahen ihm alles nach, eine unerschöpfliche Quelle der Erheiterung war er ihnen. Sie wären sehr enttäuscht gewesen, wenn Julius einmal eine Bestellung glatt erledigt hätte.

      Und wie sie Julius hinnahmen, so ertrugen sie das unzureichende, überfüllte, laute, stets vollgequalmte Lokal, das mäßige Essen – glücklich, einmal ganz unter sich sitzen zu können, nicht unter den Blicken von soundso viel Verehrern, die jeden Bissen mit schwärmerischem Blick in den Mund verfolgten, vor denen sie die auf der Bühne angenommene Rolle immer weiterspielen mußten.

      Hier konnten sie sich gehenlassen, der makellose Held wurde zu einem nervösen Menschen, der Schwupper machte, genau wie der Julius.

      »Also denn, Doktor!« sagte Babendererde und reichte dem Arzt zwei Finger. »Bis nachher!«

      »Belitten?« fragte Doktor Altpeter lachend. »O Gerd, Gerd, was bist du doch für ein Kindskopf!«

      Aber der Schauspieler war schon im rauchigen Gedränge verschwunden, sah suchend von einem Tischchen zum andern, rief hier ein Wort, sah dort starr vorbei – man hatte so viele Feinde, aber alles nur der reine Neid! – und entdeckte schließlich seinen Produktionschef an einem Holztischchen im Winkel.

      Hensel, ein großer, starkknochiger Mann mit rotblühendem Gesicht, saß mit Regisseur Meindorff zusammen; beide hatten die Köpfe zueinander gesteckt und sprachen eifrig miteinander.

      »’n Abend, Hensel! ’n Abend, Meindorff!« sagte Babendererde. »Darf ich mich ransetzen?«

      »Wenn Sie können!« antwortete Hensel. »Julius, bring einen Stuhl für Herrn Babendererde!«

      »Laß nur, Julius!« rief der Schauspieler. »Den Stuhl besorg’ ich mir lieber selbst, sonst stehe ich noch morgen früh. Bring mir lieber ein Bier, Pilsener sagen wir …«

      »Was soll ich nun bringen?« fragte Julius. »Bier oder einen Stuhl?«

      »Ich sage es dir zum zweiten Mal: Ein Bier, du echter Sohn des Bacchus!« Und Babendererde machte sich auf die Suche nach einem freien Stuhl. Er fand ihn, nur von einem Handtäschchen belegt, neben seiner Kollegin Marielen. Einen Augenblick sahen die beiden sich an. Dann sagte Babendererde und faßte den Stuhl an der Lehne: »Ist doch frei, Marielen?«

      »Tut mir leid, Babendererde«, antwortete die Marielen und hielt den Stuhl am Bein, »ich erwarte noch jemanden.«

      »Bis dahin werde ich mir erlauben, den Stuhl zu benutzen.« Und Babendererde zog stärker.

      »Hast du wieder Kräfte?« fragte die Marielen sehr süß und hielt den Stuhl fester. »Als du vorhin in mein Fenster steigen wolltest, sah es schwach damit aus, wie?«

      »Auch bei Kießling gibt es Eier«, sagte Babendererde halblaut. »Wie wäre es, wenn ich dich jetzt ein bißchen mit Eiern eindeckte, Marielen?«

      »Die Rache des Steckengebliebenen, nicht wahr?« lächelte sie. »Irgendwer von der Presse wird schon im Lokal sein, um davon zu berichten.«

      »Komm, Schatz«, sagte Babendererde und löste unwiderstehlich die Hand der Marielen vom Stuhlbein. »Ein Sieg für den Abend muß dir genügen. Oder willst du mit mir zu Hensel und doch noch einmal versuchen, eine Filmrolle zu kriegen? Das wäre ein Sieg, Marielen! Besser noch als ein faules Ei!«

      Die Marielen wurde blaß, aber sie bezwang sich.

      »Danke!« sagte sie kühl. »Film ist mehr was für Schauspieler, die umschmeißen, nicht wahr? Eine Filmszene kann immer noch mal gedreht werden – wenn man aber vor zwölfhundert Menschen umgeschmissen hat, ist das peinlich, was, Babendererde?«

      Sie sah ihn mit zornfunkelnden Augen an, und jetzt war die Reihe zu erblassen an Babendererde. Er beugte sich ganz nahe zu der Schauspielerin.

      »Wir haben noch eine Rechnung miteinander, Marielen!« flüsterte er ihr ins Gesicht.

      »Hast du jetzt mit Rechnungen zu tun? Du willst also Buchhalter werden?« fragte die

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