Das Geheimnis der Schatten. Viktoria Vulpini

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Das Geheimnis der Schatten - Viktoria Vulpini

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Küche wollen?” Der verlegene Ausdruck in seinem Gesicht entging ihr nicht.

      Ramon nickte. „Ein wenig. Ich hatte gehofft die Reste vom Mittag zu finden”, gestand er und fühlte sich dabei offensichtlich etwas unwohl.

      Schnell erhob sich Vanessa, holte einen Teller aus dem Schrank, tat die Reste auf und schob sie in die Mikrowelle. Unterdessen betrat er vollständig die Küche, schloss die Tür wieder hinter sich und setzte sich auf den Stuhl auf dem er heute Mittag schon gesessen hatte.

      Sie selbst hatte keinen Appetit nach der Situation gerade. Krampfhaft versuchte sie sich zu beruhigen, vermutlich war das nur ein ganz harmloser, optischer Effekt gewesen. Eine kleine Unschärfe beim schnellen Wechsel vom fixierten auf-die-Buchstaben-starren hin zur Tür. Natürlich, das klang logisch und vermutlich war es nichts anderes. Vermutlich war das nur wieder eine ihrer Überreaktionen. Wenn es um diese Schatten ging, brannten bei ihr immer irgendwelche Leitungen durch und sie benahm sich offensichtlich merkwürdig.

      „Sie wirken nervös. Möchten Sie, dass ich gehe?”

      Erschrocken blickte sie zu ihm. Sie hasste es, wenn Menschen ihre Unsicherheit in solchen Momenten wahrnahmen. Eilig schüttelte sie den Kopf und erwiderte: „Nein, ich bin nur gerade irgendwie - etwas aufgekratzt.”

      „Von der Lektüre?” Die Skepsis in den Worten erkannte selbst sie sofort, sie fühlte sich ertappt und irgendwie gar nicht mehr wohl in ihrer Haut. Eilig suchte sie nach einer plausiblen Erklärung, doch noch bevor ihr etwas Passendes eingefallen war, was sie hätte sagen können, entschuldigte er sich für seine Neugier und schien das Thema damit ruhen lassen zu wollen.

      Irgendwie entbehrte dieses um-einander-herum-Tanzen, nicht einer gewissen Komik, fand Vanessa. Sie würde ihre Geheimnisse genauso hüten, wie er die Seinigen, soviel stand fest.

      Schweigsam beobachtete sie ihn bis die Mikrowelle diese unangenehme Situation kurz unterbrach. Doch bevor das unangenehme Schweigen in dieser Situation überhand nehmen konnte, ergriff er das Wort: „Wenn Sie erlauben, bleibe ich noch diese Nacht und verlasse Sie dann morgen früh.”

      Überrascht blickte sie ihn an. „Natürlich, Sie stören mich nicht und auf einen Tag kommt es nicht an. Kurieren Sie sich ruhig aus.”

      „Das wäre zu gefährlich. Ich fürchte, ich würde Sie in Schwierigkeiten bringen, wenn ich zu lange hier verweile.”

      Sie setzte sich zu ihm an den Tisch und wollte gerade nachfragen, wie genau er das meinte, doch ihre Aufmerksamkeit wurde von einem Geräusch auf sich gezogen. Es klang ein wenig wie Fingernägel die über eine Tafel fuhren, doch eher wie ein Echo, nicht so real, nicht so plastisch. Sie blickte sich um, es schien als habe dieser Laut keinen Ursprung, doch dann glitt ihr Blick über das Fenster und hinaus auf den Hof.

      Ihr Atem stockte und ihre Beine wurden weich. Sofort keimte Panik in ihr auf und sie wollte nur fortlaufen. Unter Garantie hätte sie das auch getan, wenn sie sich hätte bewegen können. Sie starrte hinaus. Dort war er. Ein schwer zu fassender schwarzer Schemen, wie eine Gestalt aus schwarzem, zusammenhängendem Rauch. Die Konturen waren nie fest immer in Bewegung, doch der Rauch war so dicht, das man nicht hindurchsehen konnte. Einen Moment verharrte dieses Wesen aus Finsternis und dann verschwand es blitzschnell im alten Scheunengebäude. Selbst als es schon wieder fort war, konnte sie ihren Blick nicht von der Stelle nehmen. Eisige Kälte kroch ihren Rücken hinauf und sie fühlte sich, als würde sie den Boden unter den Füßen verlieren.

      Erst eine Berührung an der Schulter holte sie wieder zurück in ihre Küche. Ramon hatte sich erhoben und war an sie herangetreten. Seine Hand lag auf ihrem Arm und er blickte sie alarmiert und besorgt an. Vanessa spürte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten, die sie weg zublinzeln versuchte. Nun war es wichtig, dass sie eine verdammt gute Erklärung liefern konnte, doch ihr fiel einfach nichts ein. Wieder glitt ihr Blick auf den Hof. Das Wetter war schön und freundlich und doch der Anblick wirkte völlig surreal.

      Sie musste sich zusammenreißen. Sie musste dringend etwas sagen oder tun, aber sie konnte einfach nicht. Selbst der Mann vor ihr wirkte nicht real genug, um sich damit zu beschäftigen, und ihr Verstand glitt immer wieder zu dem eben Gesehenen und dem blanken Horror, den sie nun spürte.

      „Nessi!” Es war ein harter Laut, der ebenso surreal wie störend wirkte, gefolgt von einem unsanften Rütteln und einem leichten Schmerz, an ihrem Arm. Er hatte sie gepackt und wirkte weder sonderlich geduldig noch sonderlich vorsichtig. Die Berührung war unangenehm und holte sie damit wieder vollständig ins Hier und Jetzt zurück. Sie blickte in das Gesicht des Mannes, in seine schönen, haselnussbraunen Augen und nahm einen angenehmen Geruch wahr, den er verströmte.

      Langsam schüttelte sie den Kopf. „Ich…”, begann sie, führte den Satz aber nicht weiter.

      „Ist alles in Ordnung?” Diesmal klang die Stimme sanfter und der Druck an ihrem Arm ließ nach.

      Vanessa hatte nicht die Kraft zu lügen, aber die Wahrheit konnte sie auch nicht sagen und sie musste trotzdem irgendwie reagieren. Musste irgendetwas tun.

      Schließlich nickte sie einfach nur. Sie vermied es Ramon in die Augen zu sehen. Scham löste das Gefühl der Verzweiflung ab.

      „Kein Grund sich zu schämen. Sie sollten wohl nur lernen, mit ihrer Gabe besser umzugehen.” Es klang gelassen und ruhig. Irgendwie, als wäre das absolut nichts Besonderes. Sie blickte ihn verwirrt an. Keine Distanziertheit, keine herablassende Art war ihm anzumerken.

      Er ließ sie nun endgültig los und reichte ihr ein Glas Wasser. „Trinken Sie einen Schluck.” Gehorsam nahm sie es und leerte das Glas. Er zog einen Stuhl herum, so dass er nun direkt vor ihr saß, nahm ihr das Glas wieder ab und stellte es auf den Tisch. Mühsam versuchte sie sich auf die Gegenwart zu konzentrieren, aber immer wieder glitten ihre Gedanken zu dem Gesehenen. Diese undurchdringliche Schwärze, die Kontur, die trotz der ständigen Bewegung immer noch irgendwie scharf war. Als hätte man mit einem Teppichmesser die Realität an der Stelle herausgeschnitten.

      Warme Finger massierten ihre rechte Hand. Ein sehr reales Gefühl, das ihren Fokus wieder zurück in diese Situation brachte. Diese Berührung wirkte wie eine Art Schutzschild, die sich wieder zwischen die Gegenwart und die Vergangenheit schob und es ihr ermöglichte komplett zurück zu kommen.

      Je stärker ihre Bindung zur Realität um sich herum wieder wurde, umso mehr wurde ihr bewusst, dass hier etwas gänzlich verkehrt lief. Unruhe machte sich breit. Die leichte Massage an ihrer Hand, die eben noch sehr zweckmäßig und angenehm war, wurde nun unangenehm. Am liebsten wäre sie im Erdboden versunken. Es war ewig her, dass sie so heftig reagiert hatte und jetzt war es nicht nur wieder passiert, sondern jemand hatte es mitbekommen.

      Sie atmete erleichtert auf, als Ramon ihre Hand schließlich losließ. Er blickte sie aufmerksam an, was ihr die Schamesröte ins Gesicht trieb. Sie war sowas von kaputt, ein richtiger Freak. Sie hatte es also nicht überstanden und wenn es einmal passiert war, würde es sicher auch wieder passieren. Ihre Welt brach in sich zusammen und es war ihr, als würde sie in ein tiefes, schwarzes Loch fallen.

      „Schauen Sie doch nicht so drein, als ob nun gleich die Welt untergeht.”

      Mit einiger Mühe und Kraft hob sie den Blick. Ramon lächelte. Er hatte leicht reden, ihre Welt ging unter, all ihre Hoffnungen lagen in einem großen Scherbenhaufen zu ihren Füßen. Eine Träne rollte über ihre Wange. Sie bemerkte es erst, als sie auf ihre Hand tropfte. Sie schluckte. Ein dicker Kloß saß in ihrem Hals.

      „Reden Sie mit mir, Vanessa.”

      Vanessa wusste nicht, was sie sagen sollte.

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