Tod im Maisfeld. Herbert Weyand

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Tod im Maisfeld - Herbert Weyand KHK Claudia Plum

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Kahl und unbewohnt. Claudia öffnete die linke Türe und betrat den halbdunklen Wohnraum, der spärliche Möblierung aufwies. Eine braune Ledercouch, ein Sessel und ein kleiner Tisch sowie ein helles modernes Sideboard, auf dem ein Flachbildfernseher stand. Keine Gardinen oder Vorhänge an den Fenstern. Normale Unordnung, die zeigte, dass hier jemand lebte oder gelebt hatte. Aus dem Raum heraus ging sie in eine Küche. Das schmutzige Geschirr zeugte von längerer Abwesenheit der Bewohner. Festgetrocknete unappetitliche Speisereste und stapelweise ungespültes Geschirr. Aufgeschlagene Betten im Schlafzimmer sowie ein dumpfer feuchter Geruch in der Luft. Lange nicht mehr gelüftet. Bewohnt und wieder nicht. Hier gab es zwar keine Reichtümer, doch arme Leute lebten hier nicht. Die wenige Kleidung und Wohngegenstände zeugten von einer soliden finanziellen Grundbasis.

      Was mochte geschehen sein?

      Claudia stand ratlos im Wohnraum und nahm die nicht vorhandene Atmosphäre auf. Von Maria wusste sie, dass Peter Abels seit drei Monaten nicht mehr zur Arbeit erschienen war. Keine Krankmeldung oder Abmeldung … nichts. Sie schaute aus dem Fenster in einen kleinen Garten. Am Ende stand ein Holzhaus, mehr ein Geräteschuppen.

      »Da schauen wir mal eben rein«, sagte sie zu Heinz, während das Unheil in ihrer Magengegend aufzog.

      Er nickte zustimmend. Zwei in Kniehöhe gespannte Drähte markierten die Grundstücksgrenze zu den Nachbarn. Die Türe des Schuppens klemmte. Heinz zog mit aller Kraft daran und flog unversehens auf den Hosenboden, als sie nachgab. Zwischen den Gartengeräten und über einer kleinen Werkbank lag ein Mann. Tot. Heinz sah es sofort. Die Lage der Glieder und der süßliche Geruch ließen keinen anderen Schluss zu. Er winkte Claudia heran.

      »Wahrscheinlich haben wir Peter Abels gefunden.« Er stand umständlich auf und rieb den Hintern.

      Claudia drückte ihn zur Seite, um hineinsehen zu können. Jetzt wusste sie, weshalb sie die flaue Ahnung vorhin überkam. Wie im Maisfeld schoss sie auch hier einige Fotos und verständigte erst dann das Team der Spurensicherung.

      Sie sahen von der Türschwelle, in der schummrigen Helligkeit der kleinen Hütte, auf den Rücken des Toten, der unverletzt erschien. Der Kopf hing herunter und die Schulter verdeckte das Gesicht. Der leicht süßliche Geruch des Todes hing in der Luft.

      Sie stellten keine Spekulationen an, da diese nichts brachten, wie sie aus jahrelanger Zusammenarbeit wussten. Die Prozedere besagte, dass sie jetzt den Tatort verlassen mussten, um keine Spuren zu verwischen. Sie verließen das Grundstück und traten auf die Straße. Obwohl die Sonne schien, wehte es leicht winterlich aus Osten. Mitte Oktober. Etwas früh für die Jahreszeit. Die Wildgänse zogen in diesem Jahr früher. Aus dem Radio wusste Claudia jedoch, dass dies hauptsächlich an veränderten Lebensbedingungen in Sibirien lag. Immer wieder faszinierte sie der V-förmige Zug der Tiere, um den Schwachen die Gelegenheit zu geben, mitzuziehen. Ob dort im Schuppen auch ein Schwacher lag?

      Rechts von ihnen lag die Einfahrt zur NATO Air Base mit der Natex auf der Ecke. Beschäftigte der Base konnten dort preiswert einkaufen. Das Gelände selbst spuckte Fahrzeug um Fahrzeug aus. Feierabend.

      Nachdem die Engländer 1968 abzogen, übernahm die deutsche Luftwaffe den Stützpunkt als Standort für die Pershing 1 A Mittelstreckenrakete. 1980 zog dort die NATO mit dem AWACS-Verband ein. Claudias Mutter demonstrierte damals dort. Angeblich mit ihr im Kinderwagen. Auf dem Gelände lagerten auch Atomsprengköpfe. Die Amerikaner und die deutsche Politik bestritten dies stets. Doch, wenn man den Worten der Einheimischen Glauben schenkte, logen beide.

      Seit 1982 flogen von dem Flugplatz der NATO, AWACs Aufklärungsflugzeuge vom Typ Boeing E-3A.

      Das Personal der multinationalen integrierten Einheit umfasste mehr als 3000 Soldaten und Zivilbedienstete aus 16 NATO-Mitgliedstaaten.

      Claudia sah zur Heide hinüber. Wie konnte jemand auf die wahnwitzige Idee kommen, in diese wunderschöne Gegend, einen Flughafen zu bauen? In der kurzen Zeit, in der sie jetzt hier lebte, lernte sie das Naturschutzgebiet lieben. Sie sah nach Grotenrath hinüber, dem Dorf, in dem sie ihre Kindheit verbrachte, an die sie keine Erinnerung hatte. Ihre Eltern sprachen nicht über ihre Zeit hier. Sie musste noch einmal nachhaken. Jetzt, wo sie in dem Dorf lebte, interessierten sie die Umstände, die Vater und Mutter dazu veranlassten, in die Großstadt zu ziehen. Ob hier wohl eine dunkle Seite ihrer Familiengeschichte lag? Vorsichtig hakte sie bei den Einheimischen nach. Außer unverständlichen Andeutungen erfuhr sie nichts. Sicher … sie hätte die Möglichkeiten ihres Jobs nutzen können … aber … das wäre ein Vertrauensbruch ihren Eltern gegenüber.

      Sie lenkte die Gedanken zur Fliegerhorst Siedlung. Jetzt um diese Jahreszeit wirkte sie noch trister, als sowieso schon. Später würde sie noch einmal alleine hierherkommen. Sie brauchte immer ein wenig Ruhe, um ein Bild von den Lebensumständen der Opfer zu bekommen. Ob die weibliche Leiche im Maisfeld Grace war, schien zwar wahrscheinlich, wurde jedoch nicht zweifelsfrei belegt. Die berühmten achtundvierzig Stunden nach der Tat, in denen sich ein Fall angeblich am besten aufklären ließ, waren lange vorbei.

      *

      vier

      Sie saßen zur morgendlichen Besprechung im Büro des Polizeipräsidiums. Claudia und Heinz etwas verschlafen, weil sie, nachdem die Gerichtsmedizin und die Spurensicherung in der Yorkstraße abzogen, noch einmal in Ruhe die Wohnung des Toten besuchten. Heinz bestand darauf, seine Chefin zu begleiten. Zunächst ärgerlich gab sie nach. Sie musste sich daran gewöhnen, Alleingänge zu unterlassen. Sie war keine gute Teamspielerin. Seit der Entführung im letzten Fall umsorgten die Kollegen sie. Sie mochten sie nirgendwo allein hingehen lassen.

      Heinz wusste, dass Claudia, bei der Aufnahme des Tatorts, Ruhe benötigte, und blieb deshalb im Hintergrund. Er nutzte die Gelegenheit und strich noch einmal durch die Siedlung. Wer wusste, wozu das später gut war. Bis auf den Bereich jenseits der Hauptstraße wirkte die Häuseransammlung unbewohnt und leblos. Der Hauptteil der Gebäude sollte verkauft werden. Der Erhaltungszustand stand in keinem Verhältnis zum Preis. Nach ungefähr einer Stunde hatte er die Umgebung aufgenommen und gesellte sich zu seiner Chefin. Erst nach dreiundzwanzig Uhr verließen sie die Wohnung des Toten und traten die Heimfahrt an.

      Maria saß wie das blühende Leben vor ihnen.

      »Wollt ihr das Neueste hören?«, fragte sie gespannt. Beide verdrehten die Augen. Wenn Maria so drauf war, gab es keine Ruhe. »Ihr seid ja so was von ergiebig heute Morgen. In dem Maisfeld lag eine Hanfplantage. Fünfzig mal fünfzig Meter.«

      »Cannabis oder Hanf?«, fragte Heinz gelangweilt.

      »Mensch. Bist du bekloppt. Hast du dein Gehirn im Bett gelassen? Noch einmal: eine Plantage mit Cannabispflanzen auf zweitausendfünfhundert Quadratmetern.«

      »Das ist doch etwas. Muss jedoch nicht unbedingt mit der Toten zu tun haben.«

      »Hab‹ ich auch nicht gesagt.« Maria reagierte beleidigt, weil ihre Kollegen so desinteressiert reagierten.

      »Ungewöhnlich, dass der Anbau unentdeckt blieb«, stellte Claudia trocken fest. »In der Zeit meiner Rekonvaleszenz flogen dort laufend Hubschrauber zur Base.«

      »Tatsache ist … das Cannabisfeld existiert.«

      »Kümmerst du dich darum?«, fragte Claudia.

      »Was meinst du, was ich tue. Manchmal wünsche ich mir, wir hätten die gleichen Möglichkeiten wie im Film. Ein Mord … eine Soko. Dann hätten wir hier zwanzig muntere Kriminalisten sitzen und würden uns nicht anmuffen.«

      »Mensch

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