Tod im Maisfeld. Herbert Weyand

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Tod im Maisfeld - Herbert Weyand страница 6

Tod im Maisfeld - Herbert Weyand KHK Claudia Plum

Скачать книгу

sehen wir uns vielleicht heute Nachmittag.« Claudia und Heinz verschwanden.

      *

      Sie hielten vor dem imposanten Backsteingebäude Hinter den Höfen. Seitlich des Hauses führte ein Zugang zum hinteren Teil des Grundstücks, das sich bestimmt zweihundert Meter in die Länge zog. Ein großer Hund verbellte sie hinter einem alten schmiedeeisernen Tor, das auf einen Hof führte. Im Hintergrund grasten zwei Pferde. Eine kleine rothaarige, nicht mehr ganz junge Frau kam aus dem Stall.

      »Hier hinten«, rief sie und winkte. »Ach Sie sind es«, sagte sie erstaunt, als sie Claudias ansichtig wurde. »Polizei, wegen der Leiche?«

      »Genau«, sagte Claudia. »Wir kennen uns. Sie laufen jeden Tag mit ihren Hunden durch das Feld.«

      »Und Sie leben mit Kurt zusammen. Es wurde Zeit, dass der endlich die Naserei in puncto Frauen aufgibt. Ich habe Sie lange nicht mehr gesehen. Sind Sie wieder genesen?«

      »Claudia Plum und mein Kollege Heinz Bauer.« Claudia überging die Bemerkungen und die Frage. Sie reichte ihr die Hand.

      »Hereinspaziert. Ich habe gerade eine Tasse Kaffee fertig.«

      Kurze Zeit später saßen sie in einem gemütlichen Wintergarten und tranken Kaffee. Claudia sah sich erstaunt um. Gediegene alte Möbel, die zweifellos mehrere Generationen haben, kommen und gehen sehen, bestimmten den Gesamteindruck. Eine breite Holztür führte ins Haus. Von ihrem Platz konnte sie direkt in den Pferdestall sehen, der nicht mehr als drei Meter entfernt lag. Ein großer Brauner streckte den Kopf über die halbe Türe und beäugte sie. Die beiden Kriminalbeamten hatten noch nicht viel gesagt. Die Frau sprach ohne Punkt und Komma. Als sie einmal Luft holen musste, kam Claudia dazwischen.

      »Wir wollten sie zu der Leiche befragen, die im Maisfeld lag.«

      »Das dachte ich mir schon. Aber hören Sie auf. Das Bild geht mir nicht aus dem Kopf«, angewidert verzog sie das Gesicht. »Seit einigen Wochen stank es in diesem Gebiet nach Aas. Sie haben den Geruch doch sicherlich bemerkt, wenn sie auf der Bank saßen.«

      Claudia schüttelte den Kopf. »Mir war nichts aufgefallen. Vielleicht stand der Wind ungünstig.«

      »Möglich«, die Rothaarige überlegte. »Jetzt wollen Sie von mir wissen, ob ich etwas bemerkt habe. Darüber habe ich mir den Kopf zerbrochen. Wissen Sie … hier ist immer etwas los. Nachts fahren Fahrzeuge mit Scheinwerfern auf dem Dach durch die Felder und ballern auf die Hasen und Füchse. Erst vor einigen Tagen hat so ein Idiot mit einer Ladung Schrot in einen Schwarm Wildgänse geschossen. Das war dort hinten am Feldkreuz. Da war auch eine weiße Gans dabei. Ich musste sofort an Nils Holgersson denken. Können Sie sich so etwas vorstellen. Jetzt die Leiche direkt vor der Haustür. Aber gut, dass die Kinder sie gefunden haben, obwohl die mir leidtun. In dem Alter solch ein Anblick, das muss nicht sein. Stellen Sie sich vor, ein paar Tage später, wäre der Mais geerntet worden, dann hätte niemand etwas erfahren. Die Maschine zermalmt alles. Die meisten Katzen kommen während der Ernte weg. Wussten Sie das? Sie sind wie gelähmt, wenn die Maschine auf sie zu fährt. Dann die vielen Idioten, die unbefugt die Feldwege befahren. Da weiß niemand mehr, ob der von hier ist oder anderswo. Hier wohnen ja auch die Beschäftigten der AWACs. Der Tod kann jeden Tag zu jeder Tageszeit eingetreten sein, ohne, dass es jemand bemerkte. Oder war es ein Verbrechen?« Sie unterbrach einen Moment, um einen Schluck Kaffee zu nehmen.

      Claudia und Heinz sahen sie mit erstaunten Augen an. Selten mussten sie einen solchen Wortschwall über sich ergehen lassen. Bevor die Frau wieder loslegen konnte, ergriff Heinz die Initiative.

      »Die Leiche ist eine Frau.«

      »Eine Frau?« Im Gesicht der Rothaarigen arbeitete es. Sie überlegte.

      Claudia betrachtete sie interessiert. Sie wurde Doro genannt, das wusste sie. Die Abkürzung von Dorothee, wie in den Unterlagen stand. Sie redeten sich im Feld, wenn sie sich trafen, mit Vornamen an. Die Frau sah aus, wie Ende vierzig, Anfang fünfzig und Claudia war erstaunt, als sie im Protokoll der Kollegen, das Alter mit Mitte sechzig angegeben sah. Doro besaß ein markantes ausdrucksstarkes Gesicht, aus dem zu ersehen war, dass sie das, was sie wollte, auch bekam. Mit den Stallklamotten, die sie trug, konnte sie jedes Lokal besuchen. Die langen roten Haare hingen lockig und sorgfältig frisiert bis auf die Schultern. Irgendwann muss sie mir ihren Jungbrunnen verraten, dachte Claudia.

      »Warten Sie … da war vor einem viertel Jahr etwas. Eine junge Frau lief häufiger durch das Feld. Sie fiel mir auf, weil sie keinen Hund dabei hatte. Wissen Sie, das ist absolut suspekt, einfach so durch die Felder zu laufen. Normalerweise erkenne ich die Leute an den Hunden. Namen kann ich mir nicht merken, die Tiere jedoch genau. Sagen Sie … hatte sie vielleicht dunkelbraunes Haar und meine Größe?«

      Elektrisiert beugten sich die beiden Kriminalbeamten nach vorne.

      »Ja«, forderte Claudia sie spannungsgeladen auf, weiterzusprechen.

      »Ungefähr dreißig Jahre alt und immer die gleiche Art von Sonnentop mit Spaghettiträgern. Dreiviertellange Shorts … so bis in die Mitte der Oberschenkel. Die Nägel an den Händen und Füßen auffallend dunkel lackiert. Sie war ganz schön zurechtgemacht. Wir, meine Bekannten und ich, sind schon mal stehen geblieben, um zu sehen, was die so treibt. Von wegen Techtelmechtel und so. Doch wir haben nie etwas in dieser Richtung bemerkt. Sie lief immer alleine. Woher sie kam, konnten wir nie feststellen. Sie ging uns aus dem Weg. Vielleicht von der Fliegerhorst-Siedlung. Keine Ahnung.«

      »Einen Moment bitte«, unterbrach Claudia und drückte die Kurzwahl für das Präsidium ins Smartphone. Sie ging zum anderen Ende des Wintergartens und murmelte ins Telefon.

      »Volltreffer«, sagte sie zu Heinz. »Dunkelroter fast schwarzer Nagellack. Das hatte ich vorhin überlesen.«

      »Doro … ich darf Sie doch beim Vornamen nennen?«

      »Klar. Ich war mir auch unsicher. Ich wusste nicht, wie ich Sie ansprechen sollte. Claudia … nicht? Bei einem solch hochoffiziellen Besuch ist es anders, als im Feld.«

      »Können Sie aufs Polizeipräsidium kommen und mit einem Kollegen ein Phantombild erstellen?«

      »Sicher. Dann nehme ich mir aber ein oder zwei von den anderen mit, die haben sie schließlich auch gesehen. Ach … noch etwas … sie war keine Deutsche. Irgendwas aus dem englischsprachigen Raum … kann aber auch Holländerin gewesen sein, auch wenn sie nicht so klang. Sie stand einmal im Supermarkt zwei Einkaufswagen vor mir. Sie schaute jedoch nicht hoch, um zu grüßen.«

      *

      »Die Frau habe ich auch gesehen«, stellte Kurt fest, als ihm Claudia abends von ihrem neuen Fall berichtete. Sie lümmelten auf dem Sofa. Jeder in einer Ecke und spielten mit den Zehen aneinander herum. Im Fernseher lief eine Serie, auf die sie sich nicht konzentrierten.

      »Wann willst du die gesehen haben? Du stolperst doch sonst nur über Leichen.« Claudia spielte auf ihre beiden letzten Fälle an, bei denen sie Kurt begegnete, bis sie hängen blieb. Ehrlich gesagt suchte sie die Nähe auch.

      »Ich habe sogar mit ihr gesprochen. Sie kam aus der Fliegerhorst-Siedlung. Hatte was mit einem AWACs Menschen, wenn ich richtig verstanden habe. Wir haben uns in englischer Sprache unterhalten. Sie ist – oder heißt es jetzt ›war‹ - keine Deutsche. Engländerin, Amerikanerin ... kann ich nicht sagen. Sie sah exotisch aus.«

      »Zufälle gibt es, die gibt es nicht.« Kurt überraschte sie immer wieder. Seit einigen Wochen lebte Claudia nun in Grotenrath. Der große Mann mit den breiten

Скачать книгу