Die Sagen und Volksmärchen der Deutschen. Friedrich Gottschalck
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Aldermanns Eingang, der den Versuch einer Kriegslist
vorschlug, welche den Entführten schnellere Befreiung
versprach.
Auf seinen Rath mußte jeder still nach seinem
Hause zurückkehren, und Bestürzung und Rache tief
im Herzen verschließen. Dann wurde (gleich als hätte
man bei dem fortwährenden Freudentaumel jene Entführten
noch nicht vermißt, oder erwarte ruhig ihre
Heimkehr) so lärmend als möglich ein ähnlicher festlicher
Tanz, auf den eigentlichen Polterabend, in den
Häusern der Stadt angesagt, und die Nachricht davon
durch vertraute Boten auch in den benachbarten Weilern
und Dörfern verbreitet.
Und die Kunde davon kam auch bis zu den Ohren
des Burgherrn von Arnstein, der bei einem Zechgelage,
mit seinen Rittern und Knappen, die Dummheit
der Bürger laut belachte, die für sie ihre Töchter groß
zögen.
Unter Lachen und Fluchen ward ein großer Ausritt
beschlossen; denn keiner der Anwesenden wollte dieß
Mal zurückbleiben von dem lustigen Streifzuge nach
der Tanzwiese.
Als die Dämmerung hereinbrach, füllte sich allgemach
die Wiese mit Tanzenden. Doch dieses Mal
waren die Dirnen daheim geblieben. Von dem Schatten
der Nacht umschleiert, hatten sich die rüstigen
Bürger, nebst ihren erwachsenen Söhnen, in Weiberkleidern,
die geschärfte Waffen verbargen, eingefunden,
um die Ehre ihrer Töchter, Schwestern und Verlobten
zu rächen, und auf die Zukunft zu sichern. Sie
tanzten laut jubelnd, doch nach Weiberart, bis gegen
Mitternacht; während daß ausgesandte Späher, von
dem stillen Heranzuge der Räuber von Arnstein
immer nähere und nähere Botschaft brachten.
Jetzt brachen die Tanzenden auf, um im Großvatertanz
und singend nach Hause zu ziehen. – Siehe! da
stürmte der Burgherr von Arnstein, von vielen Reisi-
gen, Rittern und Knappen zu Pferde und zu Fuß begleitet,
heran, um den großen Fang zu thun, dem der
gestrige nur das Vorspiel seyn sollte.
Der Burgherr, als er mitten unter die Tanzenden
hineingesprengt war, saß ab von seinem Streitroß, um
den Ruhm und die Freude zu haben, mit eignen hohen
Händen die Braut entgegen zu nehmen.
Aber, wie ward ihm, der hohnlachend und mit donnernder
Stimme die vermeinte Braut für sein Eigenthum
erklärte, als ihm ein gezucktes Schwert entgegenblitzte,
und den ausgestreckten Arm augenblicklich
durchbohrte! Brüllend und Rache schnaubend
stürzte er zurück, und forderte sein Streitroß. Aber
zehn kraftvolle Arme hielten ihm Hände und Schultern
und Füße, wie mit eisernen Fesseln umstrickt. Einige
der Ritter und Knappen, die brüllend dem Burgherrn
zu Hülfe eilten, wurden, nach kurzem Kampf,
übermannt und gefesselt; die meisten entflohen schreiend,
von schimpflichen Schlägen und Steinwürfen
zerbläut.
Die eingefangenen Räuber wurden im lauten Triumph
der Stadt zu geführt. Den Burgherrn von Arnstein
spundete man vorläufig in einen großen eichenen
Kasten ein. Und hier gestand er, durch die Anstalten
zu seiner nahen Hinrichtung geschreckt, den verübten
und den beabsichtigten Frevel. Die geraubten Jungfrauen
wurden, auf seinen Befehl, augenblicklich zu-
rückgebracht; und nur mit schwerem Lösegelde, und
der eidlichen Zusage, sich nie wieder eines Frevels
gegen die Stadt und deren Bewohner schuldig zu machen,
erkaufte er seine Befreiung aus dem furchtbaren
Kerker.
Der eichene Kasten, worin der Burgherr von Arnstein
einige Monden schmachtete, ist noch jetzt auf
dem Rathhause zu Aschersleben zu sehen, ein Denkmal
der Sitten der Vorzeit für kommende Jahrhunderte.
* * *
Von O t m a r ( N a c h t i g a l l in Halberstadt) erzählt
und in »Das Alexisbad im Unterharz von K r i e -
g e r ; Magdeb. 1812. 8. S. 316.« zuerst abgedruckt.
Das Oldenburgsche Wunderhorn.
Im eilften Jahrhunderte lebte Otto, Graf von Oldenburg,
ein großer Freund der Jagd.
Einst verirrte er sich bei einer Rehhetze von seinem
Gefolge bis in den Osenberg, eine öde Sandgegend,
eine Meile von Oldenburg. Es war um Mittag, die
Sonne brannte gewaltig, und Otto war ganz verschmachtet.
Der Wunsch zu trinken ward heftig in
ihm rege, und unwillkürlich rief er so für sich aus: