Zwischen Heinrich und Jeanniene. Wilhelm Kastberger

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Zwischen Heinrich und Jeanniene - Wilhelm Kastberger

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lebenden Künstlers vollführt, beinahe mit einer kurvigen Passstraße vergleichen. Doch dieser Vergleich hinkt schon von Anfang an. Jeder hat nicht ein wendiges Gefährt unter seinem Allerwertersten zu Verfügung. Und wie arg plagen muss sich erst ein Abstrampler mit einem verrosteten Waffenrad.

      Meinetwegen wäre es schon eine Unverfrorenheit gewesen, wenn ich nicht wenigsten das Überbleibsel meiner Folgsamkeit sozusagen als Restnahrung im Rucksack belassen hätte. So leichtfüßig hätte mich sonst das Vorwärtsstreben auf der Suche nach neuen Herausforderungen auch nicht einholen können. Man kann es beinahe mit den Sinnen greifen.

      Der geniale Poet blieb wieder einmal in einen seiner Gedankengänge, vermutlich irgendwo an einem Vorsteherast hängen und kann sich offenbar von der Blütenzauberei nicht mehr befreien. Richtig draufgängerisch versuche ich ihm einen Halt anzubieten. So einen Anhalt verstehen sie, der ihn möglicherweise zu einem Winkel hinführt, wo auch die bereits selten gewordenen Zwiegespräche Erfolge haben können.

      Viel mehr kann ich im Moment dann auch nicht anbieten, weil ich mit der Vergangenheit nicht so recht umgehen gelernt habe. Viel lieber ist mir da schon das Hier und das Jetzt. Obgleich sich diese zwei überbeanspruchten Gesellen auch wieder rasch von mir zu verabschieden gedenken, um sich gleich einmal auf Nimmerwiederhören der Vergangenheit anzuschließen.

      An dieser Stelle hätte ich vor lauter Emotionen einen fluchartigen Aufschrei loslassen sollen. Doch das gehört sich nicht für eine besonnene Frau, wie ich vorgebe, eine zu sein. Aber schauen sie, das Aufregende an unserem Dichter ist doch seine intellektuelle Sprungfähigkeit. Zumindest versucht er es ständig zwischen vorwärts und rückwärts hin und her zu pendeln, um seine Geschichten in ein verträgliches Lot zu bringen. Gelingen wird ihm sein Vorhaben, ohne meiner bescheidenen Hilfe, ganz gewiss nicht.

      Aber davon hat er ja keine Ahnung. Noch nicht.

      Um wieder auf den Boden der Realität zurückzukommen, und um das verhasste Kurvige hinter sich zu lassen, bleibt es schlussendlich unwidersprochen, dass es eben einige von Natur aus Begabte gibt, die in guter Gesellschaft mit der verantwortungslosen Gier, in der Lage sind, geradezu Spitzenleistungen zu erbringen.

      Im kollektiven Mittelpunkt stehen jedenfalls die auf Dokumenten und auf wertvollen Gemälden spezialisierten Fälscher. Am Ende der Fahnenstange klammern sich dann erst die wirklichen Spezialisten. Sie sind es allemal, die es erst möglichmachen, dass der Markt auch mit Blüten in verschiedensten Währungen überschwemmt werden kann.

      Im Gegensatz dazu kommt aber auch, dass tagtäglich, nicht nur in Amerika, US-Dollars in gigantischem Ausmaß hochoffiziell gedruckt und in die großen leeren Zwischenräume der Weltwirtschaft hineingeschleust werden. Dem nicht genug. Zu allem Überfluss lassen auch die Gotts-Oberen auf Teufel komm raus in der Europäischen Union gigantische Mengen Euros aus den Druckerpressen hervorquellen.

      Und bitteschön, da spielen doch die paar Milliarden Dollars oder Euros, die als Blüten irgendwo in die Sekundärwirtschaft eintauchen, im System der Giganten jedenfalls eine schier untergeordnete Rolle.

      So manche Regierungen sehen das naturgemäß ganz anders. Sie lassen sich ihre beschirmten Finanzhoheiten nicht von der buchstäblich in Kellern lebenden Unterwelt aushebeln. Deshalb haben sich die staatstragenden Volksgemeinschaften mehr oder weniger weltweit abgesprochen und entsprechende Gesetze erlassen, die im Konkreten das Nachmachen von gedruckten Geldscheinen verbietet. Überdies haben ausnahmslos alle Rechtsstaaten beschlossen, dass solcher Art von Tatbegehung mit Strafe bedroht werden soll. Und das nicht zu sparsam.

      Es geschah in Mitte der Neunzigerjahre im vorigen Jahrhundert in dem geschichts- und einflusslosen, global betrachtet eher unwichtigen Dorf Selinkovac in Bulgarien. Die Ausdrucksweise Jahrhundert weist bei aller Bedachtsamkeit schier auf das Mittelalter hin. Aber soweit nach rückwärts zu blicken ist eigentlich hier nicht erforderlich. Man schrieb nämlich neunzehnhundertsechsundneunzig auf dem allgemeingültigen kalendarischen Spannungsregler, obgleich der Vergleich zum Mittelalter hier auch keinen Sinnbruch dargestellt hätte.

      In Wirklichkeit begann nämlich die Geschichte schon ein Jahr früher, genau genommen Anfang Jänner neunzehnhundertfünfundneunzig, aber davon ein paar Seiten später.

      Zuerst einmal wird der Blick hinter den Vorhang gewagt. Das Dorf Selinkovac wird danach in einem verklärteren Licht erscheinen, als es tatsächlich vorgibt, zu sein.

      Viele der Mitbürger in Selinkovac leben heute noch beinahe genauso verarmt, wie ihre Vorfahren seinerzeit unter der Regentschaft des Hochadels. An ihrem Lebensstandard hat sich in all den Jahren nur sehr wenig und wenn, zu sehr zögerlich verändert. Der Großteil ihrer Häuser, wenn man diese als solche überhaupt bezeichnen kann, haben ihr Verfallsdatum bei Weitem schon überschritten. Dächer und Wände werden immer noch mit Nägeln, Schnüren, Klebebändern und manches Mal auch sogar mit Seilen zusammengehalten.

      Auch der am Haus angebaute Schweine- und Hühnerstall hat seine rangmäßig zustehenden Löcher am steinigen Dach. Deswegen sind auch diese inneren Räumlichkeiten jeder Witterung ausgesetzt. Manches Mal gelangt dies zum Vorteil, aber ebenso überraschend oft zum Nachteil.

      Der Bereich, wo die Menschen ihr Dasein fristen, ist durchwegs kärglich ausgestattet. Man holt das Wasser vom Brunnen vor dem Haus und man geht auch bei Wind Wetter, bei Tageslicht und in stockfinsterer Nacht hinaus, um die eigenen menschlichen Bedürfnisse zu erledigen.

      Verständlicherweise ist durch die Tierhaltung im und vor den Häusern der erdige Boden entsprechend aufgeweicht und tief verschlammt. Nur einige wenige Begüterte haben ein steinernes Pflaster von halbrunden bis eckigen Bachsteinen vor ihren Häusern verlegt.

      Überwiegend leben damals wie heute die kinderreichen Familien von der Landwirtschaft und dem Feilbieten ihrer Produkte. Der Ackerboden ist zum Glück sehr fruchtbar und man kann, Gott sei es gedankt, darauf alles Mögliche anbauen und auch ernten.

      Naturkatastrophen sind in dieser Region erfreulicherweise stets ausgeblieben.

      Die weniger Armen in der Bevölkerung besitzen jedenfalls ein paar Ochsen, die in separaten Stallungen oder auf kleinen Weiden ihr Leben fristen. Diese Tiere ziehen alles, was man ihnen anhängt. Ob es nun die einfachen Holzpflüge sind oder die schweren hölzernen Ladewagen mit jeder Menge Heu und Früchten darauf. Das ist den Ochsen und ihre Führer schnurzegal.

      In der sehr leicht überblickbaren Ortschaft selbst gibt es zwar jede Menge kleinere Fußwege aber auch zwei gefestigte staubige Schotterstraßen, auf denen man mit den landwirtschaftlichen Gerätschaften herumkurven kann, wie man halt möchte.

      Eine zirka vier Kilometer lange asphaltierte Straße gibt es erst seit ein paar Jahren und die führt nicht durch das Dorf selbst. Sie streift quasi nur den Ortsrand ein wenig. Diese Straße wurde eigens für Besucher des Blütengartenmeers errichtet. So lautete die exakte Bezeichnung des botanischen Gartens. Ob dabei auch gewisse staatliche beziehungsweise EU-Förderungen im Spiel gewesen waren, das blieb jedenfalls der Dorfbevölkerung verborgen. Vermutlich bestand auch damals von den Dorfpaschas kein Interesse, die wahrscheinlichen Hintergründe zu erfahren. Nur der jetzige, relativ junge, erstmals demokratisch gewählte Vize-Bürgermeister wäre schon manches Mal zu neugierig in der Causa EU aufgetreten, wurde aber dezent, allerdings mit gehörigem Nachdruck, vom Bezirksparteivorsitzenden zurückgepfiffen.

      So ist es halt in einem erst demokratieerlernenden Dorfleben. Trotz alledem zweigt bis heute der relativ gut ausgebaute Verkehrsweg von der nördlich vorbeiziehenden Hauptverkehrsroute ab und führt direkt auf einen Großparkplatz, wo ungeniert drei Autobusse und gut zwanzig PKW Platz finden können.

      Das ist im Prinzip ausreichend. Von diesem Parkplatz sind es nur ein paar Gehminuten

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