Weltenwanderer-Chroniken II. Heike Möller

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Weltenwanderer-Chroniken II - Heike  Möller

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Pfarrer selbst sang gut und tapfer gegen den Organisten an und auch Andreas, Silke und Petra sangen melodiös mit. Aber der Großteil der Gemeinde, besonders einige Damen sangen völlig neue und andere Töne als die Lieder vorgaben. Beson­ders schräg war eine etwa siebzig Jahre alte Dame, die mit solch einer Inbrunst sang, dass sie selbst den Organisten übertönte. Dabei traf sie nicht einen einzigen richtigen Ton.

      Sondra kannte die Lieder nicht. Und selbst wenn, so wollte sie niemanden mit ihrem Gesang verschrecken. Im Musikunterricht schielten die Lehrer und Mitschüler Sondras immer merkwürdig, wenn sie etwas vorsingen sollte. Also verweigerte sie irgendwann das Singen und konzentrierte sich anderweitig auf Mitarbeit im Musi­kunterricht.

      Sondra beobachtete Ingrid, die ältere Schwester von Andreas. Sie hatte ihre braunen Haare kurz geschnitten und nach hinten mit Gel fixiert. Ihr scharfkantiges Gesicht wirkte herb und zwischen den Augenbrauen hatte sich tief eine vertikale Furche ein­gegraben. Neben ihr standen ihre zwei Kinder, Mark und Jeremy. Ingrids Mann Peter, sehr erfolgreich im Medienmanagement eines großen Fernsehsenders, stand neben dem ältesten Sohn und hatte locker einen Arm um dessen Schulter gelegt.

      Sondra mochte Peter, er hatte eine ruhige Art und war sehr intelligent.

      Am Ende der Reihe, die die Laurenz für sich beansprucht hatten, saß Tom in seinem Rollstuhl. Thomas Behrens, ein Cousin von Andreas, hatte als Teenager einen Unfall beim Handballspielen erlitten und war seitdem querschnittsgelähmt. Tom hatte trotz dieses Mankos sein Leben fest im Griff. Nach dem Abitur hatte er sein Hobby zum Beruf gemacht und eine Ausbildung zum Fotografen absolviert. Inzwischen hatte er sein eigenes Geschäft mit Atelier und hatte einige Fotostudienreisen hinter sich ge­bracht. Zwei seiner Fotos waren schon einmal unter den zehn besten Fotos des Jahres gewählt worden.

      Tom hatte lange braune Haare, die er meistens zum Pferdeschwanz gebunden hatte. Dadurch kamen seine hohe Stirn und die Geheimratsecken besonders zur Geltung und er wirkte älter, als er eigentlich war. Er hatte warme braune Augen mit grünen Flecken und an seinem Kinn prangte seit neuestem ein geflochtener dünner Bart.

      Sondra mochte Tom auf Anhieb. Seine Art war geradeheraus und unkompliziert. Kein Getue, kein Schnickschnack, einfach nur Tom. Er sang ebenfalls nicht mit. Allerdings nahm er an den Gebeten teil und auch beim Abendmahl.

      „Du hast tapfer durchgehalten“, raunte Andreas Sondra am Ende des Gottesdienstes zu und küsste sie kurz auf die Stirn.

      „Für dich tu ich doch fast alles“, raunte sie zurück, während sie langsam zum Aus­gang gingen.

      Der Pfarrer verabschiedete jeden Gast per Handschlag. Bei der Familie Laurenz war er besonders herzlich und als der Geistliche, der schon über sechzig Jahre alt zu sein schien Andreas erblickte, grinste er breit und erfreut.

      „Schön, dich auch mal wieder zu sehen, Andreas. Du warst lange nicht hier.“

      „Ich weiß, Pfarrer Fleischer“, antwortete Andreas höflich. „Ich lebe jetzt in Flensburg und schaffe es nicht mehr sooft hierher. Darf ich Ihnen meine Freundin Sondra Wie­land vorstellen?“

      Sondra wurde knallrot, als der Pfarrer sie mit einem wissenden Lächeln bedachte und ihr mit warmen Händen die Hand schüttelte. „Sie sind also das Wunderkind, das unseren Andreas eingefangen hat. Ich bin sehr erfreut darüber, Frau Wieland. Wirklich sehr erfreut.“

      Sondra stammelte einige Dankesworte und so etwas wie „nicht der Rede wert“ und lief so schnell als möglich zu den Autos.

      „Kirche ist nicht dein Ding, häh?“ Tom hatte seinen Rollstuhl neben sie gefahren und wartete mit ihr nun auf die anderen.

      „Aber so gar nicht!“ Sondra schüttelte sich und Tom zeigte ein breites Grinsen mit perfekten Zähnen. „Fährst du mit mir mit zum Gestüt?“

      Sondra sah Andreas, der gerade näher kam und die Frage gehört hatte, fragend an. „Ich habe vorhin ziemlich beengt im Auto gesessen, da zwischen Petra und mir noch der Kindersitz war. Macht es dir was aus, Andi?“

      „Ähm, ich wollte eigentlich was mit Tom besprechen auf der Rückfahrt. Macht es dir was aus, mit den anderen zu fahren?“

      Sondra schüttelte den Kopf und gab ihrem Freund einen kleinen Kuss. „Bis später, Tom!“, rief sie und setzte sich in den Wagen, wo auch Jonas und Petra saßen.

      Sondra half Silke, Petra und Ingrid in der Küche, während die Männer auf der Veran­da saßen und Tee tranken.

      >Irgendwie ist das doch eine archaische Familie<, dachte sie, während sie das Gemüse kleinschnitt. >Frauen in Küche und Haushalt, Männer klönen bei Tabak und Alkohol. <

      „Warum trägst du eigentlich immer dieses breite Lederarmband, Sondra?“ Ingrids kalte Stimme unterbrach Sondra in ihren Gedankengängen und sie zuckte erschrocken zusammen.

      „Ähm, nur Gewohnheit. Das trage ich seit meinem fünfzehnten Lebensjahr. Also nicht dieses, aber immer die gleiche Art.“ Sie ärgerte sich, dass sie bei Ingrid fast immer ins Stottern geriet.

      „Versteckst du irgendetwas darunter, was niemand sehen soll?“

      Sondra hielt inne im Zwiebeln schneiden und blickte starr in Ingrids Augen. Sie er­kannte die Provokation, die in ihnen steckte und schluckte eine bissige Antwort hinunter.

      „Ingrid, was soll das?“, ließ sich jetzt Silke Laurenz vernehmen. „Ich frage dich ja auch nicht nach deinem Nasenpiercing.“

      Innerlich schmunzelte Sondra, weil sich Silke ein wenig auf ihre Seite geschlagen hatte. „Du hast schon irgendwie recht, Ingrid“, sagte sie zu Andreas´ älterer Schwester. „Ich verstecke wirklich etwas, was nicht jeder sehen soll. Aber Andi weiß, was unter meinem Armband ist und auch einige andere Menschen wissen, was darunter ist. Kleine Geheimnisse würzen doch das Leben, findest du nicht?“

      Ingrid schnappte zweimal, als ob sie etwas erwidern wollte, entschied sich dann offensichtlich dagegen.

      „Das war eine gute Antwort, Sunny!“, raunte ihr Petra zu, als die beiden den Tisch im Esszimmer deckten.

      Petra hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, jeden Menschen einen Spitznamen zu geben. Sondras Spitzname war wenigstens nur eine Veränderung ihres Vornamens – so hoffte sie wenigstens.

      „Ich hätte ihr gerne noch ein paar andere Sachen gesagt, aber des lieben Friedens Willen in der Familie lasse ich das lieber.“

      Petra kicherte und verzog plötzlich das Gesicht. „Whoa! Ihr da drin seid noch nicht gefragt, hört ihr?“ Sie rieb kräftig über ihren Bauch.

      „Fußtritt oder Faustschlag?“, wollte Sondra wissen und grinste leicht.

      „Nee, das war ein Dickkopf. War vermutlich das Mädchen.“

      Sondra horchte auf. „Soll das heißen, es sind zweieiige Zwillinge?“

      „Gut kombiniert, Sondra Holmes! Der Arzt sagt, der eine Fötus ist auf jeden Fall ein Junge. Bei dem zweiten ist er sich nicht sicher, da es sich bei den Untersuchungen immer wegdreht. Aber so, wie das Kleine im Bauch herumzickt, kann es nur ein Mädchen sein.“

      Sondra stand neben Petra, als ihr Bauch merkwürdige Bewegungen machte. „Darf ich meine Hand mal drauf legen?“

      „Klar doch!“

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