Robinson.Leva. Mathias Bestle
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„Dachtest du. Und treibst dich in einer Gegend herum, die du nicht kennst!“
„Was sollte mir hier denn zustoßen? Das ist die langweiligste Nachbarschaft der Welt.“
Ich sah ihm an, dass er versuchte, seine unnötige Wut hinunterzuschlucken. Vielleicht war er ja nur überarbeitet...
„Mit deinem Gips passt du doch nicht einmal in die Uniform", brummte er.
„Welche Uniform?“, fragte ich erschrocken.
„Die haben Schuluniformen auf der Erik Raske Skole.“
„Saat, ich muss wirklich nicht auf eine Privatschule gehen“, beteuerte ich ihm nun schon zum zweiten Mal. „Eine Öffentliche reicht mir vollkommen!“
„An der Bildung spart man nicht - und der Nachlass unserer Eltern reicht genau für dein Schulgeld.“
„Aber das ist doch auch dein Geld!“
„Eben. Ich kann bestimmen, was damit passiert. Außerdem... unsere Eltern hätten es so gewollt.“
Damit war ich schachmatt gesetzt. Was konnte ich gegen den Willen unserer toten Eltern und seine unheimliche Selbstlosigkeit schon ausrichten. Ich fragte ihn nicht einmal nach der Höhe des Erbes. Ich wollte mir nicht ausmalen, was ich damit alles machen könnte. Reisen zum Beispiel, die Welt kennen lernen. Da, schon war es passiert.
Jan, sei zufrieden, sagte ich mir immer wieder, Saat hat Recht.
Während ich mich am übernächsten Tag in die Schuluniform zwängte, kamen mir daran allerdings ernsthafte Zweifel.
Als ich das Haus verließ, war ich ziemlich aufgeregt. Angst hatte ich fast keine. Saat war schon fort, deshalb musste ich den ganzen Weg alleine finden. Er hatte mir alles genau erklärt und aufgeschrieben, ich war also zuversichtlich, mich vielleicht gar nicht zu verirren. Es begann gut, ich entdeckte die Haltestelle.
Der Bus war sehr voll, doch ein runzeliger alter Mann bestand darauf, mir seinen Platz zu überlassen. Er behauptete, vom Sitzen bekäme er ohnehin nur Blähungen. Während der nächsten 30 Minuten versuchte ich, so wenig wie möglich zu atmen. Der Bus schlängelte sich durch Vorstadtsiedlungen, überquerte dann den Meeresarm über die lange, hohe Brücke und begann im Zentrum erneut mit seinem Slalomkurs. Nach und nach leerte er sich. Zum Glück konnte ich meine Haltestelle nicht verpassen, ich musste nur den andere Uniformierten folgen. Blieb zu hoffen, dass sie nicht nur Statisten für einen Film über den ersten Weltkrieg waren... Einer von ihnen saß ganz in meiner Nähe, doch es gelang mir nicht einmal, Blickkontakt mit ihm aufzunehmen, geschweige denn, mit ihm zu reden. Er blätterte nur unentwegt in seinen Schulunterlagen herum.
Die Erik Raske Skole war grau und imposant. Ein Eisentor führte in eine hohe Eingangshalle. Vor einer steinernen Treppe thronte eine enorme Uhr und obwohl es draußen warm war, war die Luft unangenehm kühl. Alle sahen sehr viel größer und klüger aus als ich und eilten kreuz und quer an mir vorbei. Niemand saß einfach nur herum, niemand rief oder lachte. Lärm erzeugte nur das Echo all der Schritte. Erwachsene standen mit strengen und wachsamen Blicken dazwischen, gelegentlich ermahnend, wenn jemand zu laut redete oder die Krawatte zu locker gebunden hatte. Und es gab noch nicht einmal Mädchen hier, wie ich plötzlich feststellte! Was hatte sich Saat nur dabei gedacht?
Ich stand hilflos auf der Stelle und wünschte mir, woanders zu sein, als einer der Aufseher auf mich zukam.
„Kein Herumstehen in der Halle", ermahnte er mich unfreundlich.
„Das wusste ich nicht", sagte ich und wehrte mich gegen das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. „Ich bin neu hier, ich soll mich in der Direktion melden.“
„Dritter Stock, Zimmer 3-01.“
„Oh... Gibt es vielleicht einen Aufzug?“
Er schielte auf meine Krücken. „Folgen Sie mir.“
Er führte mich quer durch die Halle und ich erhaschte einen Blick in eines der angrenzenden Klassenzimmer. Dort saßen alle still an ihren Plätzen und starrten in ihre Bücher, obwohl der Unterricht noch nicht einmal begonnen hatte. Vor dem Lehrerpult stand ein Schüler mit einem Schreibbrett in der Hand, offenbar mit der Aufgabe, die anderen zu beaufsichtigen. Wie schlau, sie gegeneinander auszuspielen...
Beim Aufzug angekommen, öffnete der Mann ein Metallkästchen, drückte darin auf einen Knopf und versperrte es wieder. Dann drehte er sich wortlos um und ging.
„Danke!“, rief ich ihm halbherzig hinterher und meine Stimme hallte von allen Seiten wieder.
Der Lift kam an und ratternd öffnete sich das Eisengitter davor. Ich seufzte und humpelte hinein.
Die Tür zur Direktion sah schwer aus und war – kein Scherz – pechschwarz. Wenn die Direktorin damit erreichen wollte, dass man sich schon vor dem Eintreten fürchtete, gelang ihr das vortrefflich.
Ich holte tief Luft und klopfte an.
„Herein!“, rief eine dünne Stimme und ich gehorchte.
Mitten in einem Raum mit hohen, gotischen Fenstern stand ein penibel ordentlicher Schreibtisch. Dahinter ragte der lange, dürre Oberkörper einer älteren Frau empor. Ihre Haare waren streng zurückgebunden und schimmerten grünlich. Sie sah aus wie ein lebender Ast.
„Jan Hansen, nehme ich an", sagte sie, meinen Namen von einem braunen Umschlag ablesend.
„Ja“, antwortete ich, irritiert von ihrer Stimme.
Sie sah mich abschätzend an. „Dies ist eine Schule von ausgezeichnetem Ruf", sagte sie ohne jede Begrüßung oder Vorstellung, „Und ich sorge dafür, dass das so bleibt. Schüler nicht nur aus Norwegen kommen hierher um unterrichtet zu werden und wir verlangen EISERNE DISZIPLIN.“ Bei diesen Worten klopfte sie mit ihrem knochigen Zeigefinger auf die Tischplatte. „Sie wollen keinen Spaß haben, Sie wollen LERNEN.“
Wenn sie bloß mit dem Geklopfe aufhören würde...
„Deshalb setzen wir EINSATZ und HARTE ARBEIT voraus. Ich nehme an, das ist Ihnen bewusst.“
„Ja“
„Gut. Nehmen Sie Platz.“
Was? Nein! Ich will hier nicht bleiben! Ich meinte ‚Ja, das kann ich mir denken’!
Brav setzte ich mich hin.
„Ich habe hier Ihre Zeugnisse. Ihr Notendurchschnitt entspricht unseren Aufnahmeanforderungen. Allerdings sind mir Ihre...“ - sie machte eine nervige kleine Handbewegung - „ jüngsten Umstände bekannt...“
Als mir klar wurde, was sie meinte, schoss mir das Blut in den Kopf und ich vergaß darüber ganz, eingeschüchtert zu sein. „Dass ich Amnesie habe, heißt nicht, dass ich dumm bin!“
„Wir werden sehen."
„Ja, werden wir wohl“, sagte ich und bereute es schon im nächsten Moment. Damit war der Pakt mit dem Teufel besiegelt.
„Es gibt keinen Grund, UNDISZIPLINIERT zu werden“, mahnte sie und klopfte schon wieder. Dann zog sie einen braunen Zettel aus dem braunen Kuvert. „Dies