Reitschuster und das Phantom. Frank Röllig

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Reitschuster und das Phantom - Frank Röllig

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Er teilte ihm mit, dass er die Schlüssel im Kommissariat in Krumbach abholen könne.

      Das Wochenende verging ohne weitere Zwischenfälle.

      Reitschuster und Jasmin sprachen über Gott und die Welt, wie es frisch Verliebte zu tun pflegen. Ab und zu berührten sich ihre Hände wie zufällig. Hier und da ein kurzer Blick in die Augen, ein Lächeln, mehr nicht. Beide spürten, dass sich hier etwas ganz Einzigartiges entwickeln könnte. Sie blieben auf Abstand, wollten nichts überstürzen oder gar zerstören. So wie es war, war es himmlisch!

      Reitschuster spürte es tief in seinem Innern. Er war in diesem Moment glücklich, mit sich und der Welt zufrieden. Zur nächtlichen Zeit schlug Reitschuster vor, ins Haus zu gehen. Jasmin stimmte zu. Er schürte den Kamin an. Bald verteilte sich eine wohlige Wärme im ganzen Raum. Später kuschelte sie sich an ihn. Sie unterhielten sich bis spät in die Nacht. Dann küssten sie sich zärtlich. Reitschuster schaute ihr in die smaragdgrünen Augen. Dann streichelte er sie zärtlich und zog sie langsam aus. Sie liebten sich die restliche Nacht, bis sie erschöpft, aber glücklich auf dem Sofa einschliefen.

      Am folgenden Sonntag hatte Reitschuster ein üppiges Frühstück angerichtet. Er weckte Jasmin mit romantischer Musik: „That’s amore“ von Dean Martin. Sie schlug die Augen auf. Reitschuster beugte sich über sie und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Sie schaute ihn an, umarmte ihn zärtlich und gab ihm einen langen Kuss. Nach dem Frühstück liebten sie sich erneut, als wenn es kein Morgen gäbe.

      „Bis später mein Schatz“, hauchte er ihr ins Ohr. Dafür erhielt er ein zufriedenes Schnaufen. An diesem Montag fuhr Reitschuster – wie gewohnt – ohne Frühstück ins Präsidium nach Krumbach.

      Kann man es jemandem ansehen, dass er frisch verliebt ist? Er hatte keine Ahnung und es war ihm auch egal. Alles war ihm egal: Am liebsten wäre er direkt zu Staatsanwalt Dr. Hieber gelaufen – er vertrat interimsweise Polizeirat Miele, der sich nach einem schweren Sturz vom Fahrrad noch auf Reha befand – und hätte ihn um Urlaub gebeten. Ja, für Reitschuster begann der Frühling dieses Jahr schon im Spätherbst. Pünktlich um

      8:00 Uhr betrat er seine Abteilung. Dort wurde er wie immer zuerst von seiner Assistentin Wimmer begrüßt.

      „Guten Morgen, Herr Reitschuster. Hatten Sie ein schönes Wochenende?“ Diesmal war er es, der rot anlief. Mit einem Kloß im Hals erwiderte er den wohlgemeinten Gruß: „Hallo Frau Wimmer. Das wünsche ich Ihnen auch. Gibt es schon Kaffee?“

      „Freilich, Herr Reitschuster. Wenn Sie möchten, gibt’s auch a Brez’n mit Butter“, strahlte sie ihren Chef an.

      „Eine gute Idee, Frau Wimmer. Bis gleich!“ Reitschuster ging in sein Büro. Heute hätte er Bäume ausreißen können. Gegen 8:10 Uhr trat Schaller ein.

      „Guten Morgen Frau Wimmer, freue mich, Sie zu sehen. Kaffee mit Zucker und einen Spritzer Milch, bitte!“ Dabei zwinkerte er ihr zu. Sie kannte mittlerweile seine Kaffeegelüste und entgegnete: „Ins Büro vom Chef?“

      „Ja bitte, wir werden uns eh etwas einfallen lassen müssen. Denn schließlich gehöre ich nun zum festen Stamm. Erst recht nach dem Herbstsonnenfall.“

      Ganz schön selbstbewusst, dieser Jungspund, dachte Frau Wimmer. „Bringe ich Ihnen gleich. Auch eine Butterbrez’n?“

      „Nein danke! Die Linie, Sie wissen schon. Weißmehl macht dick.“ Dabei deutete er auf seinen Bauch. Schaller war leger gekleidet, hielt die Günzburger Zeitung unter dem Arm, als er Reitschusters Büro betrat. Jetzt glaubte er, seinen Augen nicht zu trauen. Wo waren da die Tugenden? Angemessene Kleidung, gebührendes Verhalten? Erst recht jetzt, da Schaller sich selbst Mühe gab, ein seriöses Erscheinungsbild zu bieten.

      Was er da sah, war ein Vorgesetzter mit Dreitagebart, ohne Krawatte, die Beine lässig über den Schreibtisch gekreuzt. „Hallo Bär! Hattest du ein schönes Wochenende?“, fragte Schaller mit einem breiten Grinsen.

      „Nun, sagen wir mal, dass es sehr schön war. Du weißt, ein Kavalier schweigt und genießt“, lachte Reitschuster strahlend. Er sah sein Postfach durch und kontrollierte seinen E-Mail-Eingang. Angestrengt las er alles, dann blickte er zu Schaller hinüber. Dieser quälte sich gerade mit dem Kreuzworträtsel der Günzburger Zeitung. „Alle Achtung!“, meinte Reitschuster, nachdem er Schallers Bericht gelesen hatte. „Das scheint ja dein erster Alleingang zu werden. Ich erinnere mich noch an meinen ersten Fall. Damals ging es um Viehdiebstahl. Aber einen bewaffneten Raubüberfall … das dauerte dann schon noch ein paar Jahre“, ulkte er.

      „Mach dich nur lustig über mich! Schließlich habe ich dir das gesamte Wochenende freigehalten. Das war doch okay oder?“

      „Aber klar, das war auch sehr ehrenwert! Ich sehe, dass meine zugegeben manchmal harte Schule Früchte trägt. Aus dir ist ein ganz passabler Kriminalist geworden.“

      Schaller war wieder versöhnt und so berichtete er seinem Chef die letzten Neuigkeiten über seinen Fall. Nachdem er seinen Vortrag beendet hatte, meinte Reitschuster: „Das ist eine echt harte Nuss, die wir da zu knacken haben. Hatte diese Tankstelle eine Videoüberwachung?“

      „Ja schon, die Aufnahmen starten jedoch normalerweise erst ab Einbruch der Dunkelheit. Sie werden dennoch ausgewertet.“

      „Soll ich dir ehrlich etwas sagen?“ Reitschuster sah, dass Schaller ganz Ohr war. „Es mag zwar etwas widersinnig klingen, aber wir haben gar nichts. Bis jetzt sind wir auf eine Wiederholungstat angewiesen.“

      „Ja meinst du wirklich?“

      Es sollten drei Tage vergehen. Da erhielt Frau Wimmer einen Anruf eines sehr aufgeregten Mannes. „Kripo Krumbach, Sie sprechen mit Frau Wimmer, Grüß Gott!“

      „Bitte helfen Sie mir, ich bin überfallen worden. Ich habe einen Zigarrenladen in Günzburg.“

      „Alles verstanden, lassen Sie alles so wie es ist. Sind Sie außer Gefahr?“

      „Ja, mir geht es soweit ganz gut, glaube ich.“

      „Geben Sie mir bitte Ihren Namen, Anschrift und Telefonnummer durch“, sagte Frau Wimmer aufgeregt.

      „Mein Name ist Birkner, mein Laden ist am Marktplatz 12. Bitte beeilen Sie sich!“

      „Wir tun unser Möglichstes. Begeben Sie sich nicht in Gefahr. Verlassen Sie Ihr Geschäft und suchen Sie die Öffentlichkeit. Meine Kollegen sind in wenigen Minuten bei Ihnen.“

      Sie legte auf und alarmierte sofort Reitschuster und Schaller, die gerade im Maximilian, einem Café Bistro im Herzen Günzburgs, eine Pause einlegten.

      Es klingelte bei beiden gleichzeitig. Bei Schaller war es Frau Wimmer, bei Reitschuster war es Jasmin. Er grinste Schaller an, der angestrengt dreinschaute. „He Bär, ich möchte dich ja nicht stören, aber es gibt Anzeichen, dass der bewaffnete Räuber erneut zugeschlagen hat.“ Sofort beendete Reitschuster sein Telefonat. „Du wirst es kaum glauben, aber das Verbrechen fand keine 400 Meter von hier statt. Genau am anderen Ende des Marktplatzes gegenüber der Sparkasse“, sprudelte Schaller aufgeregt heraus.

      „Dann aber los, Schaller, das wäre doch sehr peinlich, wenn wir als Letzte dort ankämen“, schrie Reitschuster. Er warf der Bedienung einen Zwanziger auf den Tresen. „Stimmt so!“ Diese schaute ihm verwundert hinterher. „Die Adresse hast du?“ Schaller nickte. Beide liefen, was die Lungen hergaben.

      30 Meter vor

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