Das Doppelkonzert. Arnulf Meyer-Piening

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Das Doppelkonzert - Arnulf Meyer-Piening

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ihn zu beruhigen. Zunächst sollte eine Ultraschall-Untersuchung des Herzens mit einer Sonde über die Speiseröhre und den Magen durchgeführt werden. Der Patient wollte wissen, warum diese Untersuchung notwendig sei, zumal er Angst vor dem Schlucken des Schlauchs und der erforderlichen Betäubung des Rachenraums hatte.

      - Ingrid erläuterte ihm das weitere Vorgehen: Du brauchst keine Angst zu haben. In der Regel gibt es bei dieser Untersuchung keine Komplikationen. Die Magensonde kennst du ja schon von der Magenspiegelung, die wir vor einem Jahr bei dir durchgeführt haben. Bevor wir uns mit der weiteren Behandlung befassen, wollen die behandelnden Ärzte sicher gehen, dass sie das Problem genau analysiert haben. Auf diese Weise können bestimmte Bereiche des Herzens wesentlich genauer und zuverlässiger erfasst werden, als bei der Ultraschalluntersuchung durch die Brustwand. Veränderungen im Bereich der beiden Vorhöfe, der Herzklappen, ein Blutgerinnsel, aber auch Erkrankungen der vom Herz ausgehenden großen Schlagader lassen sich auf diese Weise zuverlässig erkennen. Ähnlich wie bei der Magenspiegelung wird eine biegsame Sonde über den Rachen in die Speiseröhre eingeführt. Mit dem in die Sondenspitze eingearbeiteten Ultraschallkopf lässt sich das Herz in verschiedenen Ebenen darstellen und der Blutfluss sichtbar machen, wenn Ultraschall-Kontrastmittel in die Vene eingespritzt werden.

      - Wolfgang antwortete mit schwacher Stimme: Dann sollen die Ärzte machen, was sie für richtig halten. Wie lange wird die Untersuchung dauern?

      - Vielleicht eine Stunde, jedenfalls bist du zu Mittag wieder wach. Und dann besprechen wir alles Weitere. Aber zuvor noch eine Kleinigkeit: Für ein paar Tage wirst du hier in unserer Obhut bleiben müssen, du wirst nicht ins Büro gehen können. Es wäre gut, wenn du mir für die Dauer deiner Abwesenheit eine Generalvollmacht ausstellen würdest.

      - Voller Vertrauen blickte er sie an: Ich bin mir sicher, du wirst die Vollmacht nur in meinem Sinn ausüben.

      - Sie konnte ihn beruhigen: Die Vollmacht gilt nur für das laufende Geschäft und nicht für Geschäfte, zu denen du einen Notar brauchst: Also Immobiliengeschäfte, Verkauf und Erwerb von Firmen und Beteiligungen. Einstellungen und Entlassungen von leitenden Mitarbeitern sind ebenfalls ausgeschlossen. Sobald du wieder einsatzfähig bist, gebe ich dir die Vollmacht zurück. Wenn alles gut geht, dann wird das schon in ein bis zwei Wochen sein.

      - Mit schwacher Stimme hauchte er: Einverstanden, dann lass ein entsprechendes Schriftstück aufsetzen. Ich werde es unterschreiben.

      Zufrieden nickte sie ihm zu, wandte sich zum Gehen, schloss die Tür hinter sich und kehrte nach einer Stunde mit einem Schriftstück zurück. Sie gab es ihm und erläuterte die wesentlichen Bestimmungen und Einschränkungen.

      Er las die Vollmacht flüchtig durch, konnte aber den Inhalt wegen der komplizierten juristischen Formulierungen nur zur Hälfte verstehen. Er vertraute ihr und unterzeichnete das Papier in Gegenwart der Chefärztin für Neurologie, die auf Ingrids Verlangen nachfolgend bescheinigte, dass er bei klarem Bewusstsein und im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte gewesen sei. Sicher eine gewagte Behauptung, aber sie tat, was von ihr verlangt wurde. Sollte sie sich gegen ihre Chefin zur Wehr setzen? Wozu? Was ging es sie an.

      Der Patient wurde mit seinem Bett erst in den Fahrstuhl, dann in ein separates Zimmer im Kellergeschoß geschoben. Er ließ die Untersuchung widerstandslos über sich ergehen, denn er hatte nur ein Ziel: Er wollte so schnell wie möglich wieder gesund werden und nach Hause und an seinen Arbeitsplatz in der Firma zurückkehren. Er hasste es, von anderen Menschen abhängig zu sein. Sein ganzes Leben war er derjenige gewesen, der bestimmte, was zu geschehen hatte, nun aber befand er sich hilflos in den Händen anderer. Das konnte er in seinem ausgeprägten Autonomie-Bestreben nur schwer ertragen. Wenn sie auch freundlich zu ihm waren, so wehrte sich alles in ihm gegen die Bevormundung.

      Als er aus der Narkose erwachte, war eine Ärztin bei ihm. Sie fragte ihn, wie es ihm ginge. Er befand sich allein in einem etwas abgedunkelten Raum. Kurz darauf kam Ingrid herein: Ich habe eben die Ergebnisse der Untersuchung bekommen: Du hast einen Thrombus im linken Herzmuskel. Eine Blutbahn ist weitgehend verstopft. Der Herzmuskel ist nur unzureichend mit Blut versorgt. Wir müssen schnellstens einen Stent implantieren, damit das Blut wieder ungehindert durch die Adern fließen kann.

      Er erkundigte sich ängstlich:

      - Was ist ein Stent? Wie wird das gemacht? Ist es gefährlich? Muss ich am Herzen operiert werden?

      Sie hielt ihm eine Broschüre vor die Augen:

      - Sieh mal dies Bild: Bei einem Stent handelt sich um eine Art zusammengeschobenen länglichen Drahtkäfig, der durch die rechte Leiste eingeführt wird. Er wird durch die Vene bis ins Herz geschoben und an der durch Ablagerungen verengten Stelle durch einen Ballon aufgeblasen, der anschließend wieder entfernt wird. Dieser Drahtkäfig verbleibt im Herzen und sorgt dafür, dass das Blut wieder frei fließen kann. Jedenfalls ist keine Operation am offenen Herzen notwendig. Es wird kein Gewebe zerstört, und es tut nicht weh. Du merkst nichts und brauchst keine Angst zu haben: In ein paar Tagen hast du alles überstanden.

      - Er ergab sich in das Unvermeidliche: Der Drahtkäfig bleibt dort für immer in meinem Herzen? Ist der Eingriff gefährlich?

      - Mach dir keine Sorgen. Der Eingriff ist inzwischen reine Routine. Wir machen das fast hundert Mal in jedem Jahr. Der Stent bleibt im Körper und hält die Blutbahn frei. Er stört dich nicht. Du wirst ihn nicht bemerken.

      Er stimmte dem Eingriff zu und unterschrieb die geforderte Erklärung, die das Krankenhaus vor jeglicher Art von Schadensersatzansprüchen schützte, wenn bei der Operation irgendetwas schief gegangen sein sollte. Es gab – wie bei allen Eingriffen – allerlei Risiken: Entzündungen, Blutungen, Allergien, Herzversagen und vieles mehr. Aber was nützte es? Wenn er nicht unterschrieb, dann würden sie den Eingriff nicht machen. Das war ihm klar.

      Er wurde in den Operationssaal geschoben und auf ein anderes Bett gelegt. Viele Apparaturen um ihn her, eine große Leuchte über ihm, in einem Nebenraum eine Anzahl von Bildschirmen hinter einer Glaswand. Er versuchte zu verstehen, was um ihn herum vorging. Es war nicht möglich. Selbst in wachem Zustand hätte er keine Chance gehabt. Er ergab sich seinem Schicksal. Was hätte er auch sonst tun können? Hilflos, wie er war.

      Der Arzt trat zu ihm und lächelte ihm beruhigend zu. Ein paar Hilfskräfte im Hintergrund beschäftigten sich mit irgendetwas. Sie kümmerten sich nicht um ihn. Belanglose Gespräche. Hatten die Schwestern eine Ahnung, welche Sorgen er sich machte, welche Ängste er ausstand? Eine Schwester rasierte ihm die Haare an der Leiste, was ihm sehr peinlich und unangenehm war. Aber er ließ es über sich ergehen und beruhigte sich mit dem Gedanken, dass sie das routinemäßig wohl mehrfach am Tage machte. Ob sie wohl verheiratet war oder einen Freund hatte? Eigentlich nicht wichtig. Kurz darauf schlief er ein.

      Der Eingriff war offenbar gut verlaufen. Jedenfalls sah es zunächst so aus. Aber er wachte aus der Narkose nicht richtig auf. Da er sehr unruhig war, wurde er an Händen und Füßen ans Bett gefesselt, aber er spürte es kaum, denn er schlief schnell wieder ein. Man hatte ihn in ein künstliches Koma versetzt.

      Als er nach drei Tagen erwachte, war Ingrid bei ihm. Auch Julia war anwesend. Nur schemenhaft konnte er die beiden ihm so nahestehenden Personen erkennen. Sie versuchten mit ihm zu sprechen, aber es gelang ihm nur mühsam, ihre einfachen Fragen zu verstehen und zu beantworten. Er schien halbseitig gelähmt zu sein und konnte sich nur schwer verständlich machen. Sein rechter Mundwinkel hing herab. Die Gesichtsmuskeln gehorchten seinem Willen nicht. Sie fragten ihn, ob er wisse, welcher Tag heute sei, aber er wusste es nicht. Er hatte jede Erinnerung verloren.

      - Die Oberärztin der Neurologie wurde gerufen. Sie grüßte die Damen beim Betreten des Zimmers: Guten Tag Frau Sämann. Und an Julia gewandt: Sie sind sicher seine Tochter?

      - Ja. Ich

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