Faith und Richard. Ursula Tintelnot

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Faith und Richard - Ursula Tintelnot

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das ist wirklich nett, manchmal ist Wolle furchtbar anstrengend.“

      Madame Agnes sah Lisa und Ben forschend an.

      „Habt ihr noch was von Richard gehört?“

      Faith war gleich nach ihrer Entlassung aus Schwester Dagmars Obhut zu Madame Agnes gegangen. Die alte Dame hatte ein Recht darauf, so schnell wie möglich von ihrem Enkel zu hören. Nur leider waren die Neuigkeiten, die Faith mitbrachte, nicht gerade ermutigend. Sie hatte versucht, ihre Worte so zu wählen, dass sie nicht allzu beunruhigend klangen.

      Aber wie konnte man das, was Richard geschehen war, tröstlich klingen lassen. Madame riss sich zwar zusammen, aber Faith spürte, wie nahe ihr das Schicksal ihres Enkelsohnes ging.

      Verbannt in der Schattenwelt!

      Dass Leathan ihn geschlagen und sogar getreten hatte, verheimlichte Faith ihr lieber.

      Madame wusste, wie gerne sich ihr Enkel im Freien in der Sonne aufhielt. Faith hatte die Welt unter der Festung Leathans, die das Portal zur Schattenwelt bildete, nie gesehen. Deshalb wiederholte sie wörtlich das, was Richard ihr erklärt hatte: „Der größere Teil von Leathans Land liegt im Innern der Erde. Dort hat Richard die meiste Zeit seiner Kindheit verbracht.

      Da scheint kein goldener Mond. Nur eine phosphorblaue Kugel, groß wie die Sonne, deren kaltes Dämmerlicht die „Schattenwelt“ kaum erhellt.“

      Nein, das konnten sich weder Madame noch Faith wirklich vorstellen, aber es klang schrecklich.

      „Wir werden ihn wiedersehen.“ Faith versuchte mehr Zuversicht in ihre Stimme zu legen, als sie selbst empfand.

      „Es ist lieb, dass du mich trösten willst, mein Kind.“

      Ihre Französischlehrerin hatte Faith’ Hand getätschelt und sich erhoben.

      „Wenn du mir einen Gefallen tun willst, lass mir deinen Hund noch wenig. Er ist ein so liebes Tier.“

      Auch wenn Wolle, den Lisa Faith zu ihrem siebzehnten Geburtstag geschenkt hatte, sie manchmal überforderte, war es doch ein Trost, diesen fröhlichen jungen Hund um sich zu haben. Zumal die Freunde ihres Enkels ihn regelmäßig mit in den Wald nahmen damit er sich richtig austoben konnte. Madame hatte ihn zu sich genommen, nachdem Robert in die Anderswelt entführt worden und Faith auf der Suche nach ihrem Vater ebenfalls dorthin verschwunden war. Solange die alte Villa verwaist war, musste jemand für Wolle sorgen.

      Als Ben am nächsten Tag bei Madame Agnes klingelte, hörte er schon das aufgeregte Bellen im Inneren der Wohnung. Wolle wusste genau, dass für ihn die Stunde der Freiheit geschlagen hatte.

      Nachdem sie Waldeck hinter sich gelassen hatten, befreite Ben den Hund von seinem Halsband und rannte mit ihm in den Wald. Er wollte die drei oder vier Kilometer bis zu Roberts alter Villa laufen.

      Ben war ein guter Läufer, obendrein der beste Sportler der Schule. Wolle lief begeistert neben dem Jungen her, verschwand gelegentlich wie der Blitz zwischen den Bäumen, um gleich darauf mit hängender Zunge wieder zu erscheinen.

      Und dann war der Hund endgültig weg. Er weiß, wohin wir laufen, dachte Ben. Wenn ich bei Faith ankomme, ist Wolle längst dort.

      Robert hatte gerade die Gartenmöbel weg von dem leicht modrig riechenden Teich unter den Birken auf den Rasen gestellt, als er den Wolf sah.

      „Murat?“

      Gespaltenes Gesicht.

      Ja, das war Leathans Wolf. Der Wolf, in dessen Gesellschaft er aus dem Feental geflüchtet war. Er hatte ihm den Weg gezeigt, den er gehen musste, um Leathan zu entkommen. Der dunkle Fürst glaubte an den bedingungslosen Gehorsam des Tieres und ahnte nicht, dass Murat, seit Richard ihm das Leben gerettet hatte, nur diesem treu ergeben war.

      Was tat er hier?

      Murat setzte sich in Bewegung, als sich hinter Robert die Küchentür auftat und Faith mit einem Tablett in den Händen erschien. Fast hätte sie es fallen lassen, als sie den Wolf sah. Vorsichtig setzte sie das Tablett auf dem Gartentisch ab und ging in die Hocke.

      Als Ben aus dem Wald trat, zeigte sich ihm folgendes Bild: Robert beobachtete seine Tochter, die völlig versunken in den Anblick eines großen dunkelgrauen Wolfes auf der Erde hockte. Auf der anderen Seite der Wiese war Wolle zu einem Standbild erstarrt.

      Er stand, eine Pfote erhoben, den Kopf weit vorgestreckt, unbewegt am Rande des Waldes.

      „Sag ihm, dass ich komme“, flüsterte Faith und legte Murat sacht die Hand zwischen die Ohren.

      Hochbeinig stakste der Wolf auf den Wald zu. Als er an seinem domestizierten Verwandten vorbeikam, wandte er den Kopf, sah den zitternden Wolle arrogant an, um gleich darauf mit seiner Umgebung zu verschmelzen.

      Endlich löste sich Wolle aus seiner Erstarrung und lief auf Faith zu. Aufgeregt schnupperte er an ihren Fingern, die noch den scharfen Geruch des Wolfes trugen.

      „Trinkst du mit uns Kaffee?“

      Faith stand auf und begrüßte Ben mit einer Umarmung.

      Bens Blick blieb an dem goldgelben Zuckerkuchen auf dem Tisch hängen.

      „Wenn ich dazu ein Stück davon bekommen könnte…“

      Robert lachte. „Ich weiß nicht, woran es liegt, aber immer, wenn wir gebacken haben, kommt wie zufällig einer von euch daher und frisst uns alles weg.“

      Faith schnaubte. „Hast du gesagt, wenn wir gebacken haben?“

      „Ich habe den Kuchen rechtzeitig aus dem Ofen geholt.“

      „Ha.“

      Seine Tochter würdigte ihn keiner weiteren Antwort.

      „Was hat Murat „gesagt“?“

      Robert wurde ernst und sah Faith sorgenvoll an.

      Er wusste genau wie alle anderen, die in der Anderswelt gewesen waren, dass das Tier in der Lage war, Bilder und Gedanken aufzunehmen und weiterzugeben. Ben und Robert sahen Faith gespannt an. Dass Murat jetzt kam, konnte kein Zufall sein.

      „Richard ist noch immer in der Schattenwelt und Leathan befindet sich auf dem Grund des Neuen Meeres.” Faith wich dem Blick ihres Vaters aus. Das, was sie selbst gesagt hatte, verschwieg sie ihm.

      Robert kannte seine Tochter gut.

      Sie würde ihm nichts weiter sagen und drängen ließ sie sich nicht. Aber sie verschwieg ihm etwas, das spürte er.

      Umso überzeugter war er, dass er sie nicht alleine lassen konnte.

      „Bin gleich wieder da.“

      Robert stand auf und ging ins Haus. Er betrat sein Arbeitszimmer, griff zum Telefon und wählte die Nummer der Direktorin. „Annegret…?

      ~~~~~

      Magalies Entscheidung

      Die Trennung von Robert war ihr schwer gefallen. Aber das, was jetzt auf sie zukam, ließ der Fürstin keine Wahl. Magalie

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