Afghanistan Horsegirl. Norbert F. Schaaf

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Afghanistan Horsegirl - Norbert F. Schaaf

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überhaupt nicht gläubig, es war mehr gemeint als Synonym für „Fremder“ beziehungsweise „Ausländer“. Wenn ich bei ihm wäre in seinem Land, wäre ich fremd, schoss ihm durch den Kopf, und er schlug die Augen nieder, weil er das gedacht hatte, dass er sich bei ihm vorstellen konnte in dem fernen, seltsamen Land, das seine Soldaten herschickte, um einen Aufbau zu sichern, der kaum stattfand, weil alles sogleich wieder zerstört wurde, kaum dass es errichtet war. Aliz und Hermann blickten gleichzeitig wieder auf und einander in die Augen, und das Atmen fiel ihnen ein wenig schwerer und das Herzklopfen wurde spürbar stärker, sobald sie einander ansahen. Und beide ließen die Augen zwischen den Augenwinkeln hin und her wandern, ob sie nicht irgendjemand auffielen.

      Man aß schweigend weiter, eine Reiskugel nach der anderen formend und in den Mund werfend jetzt. Das Reisgericht war delikat zubereitet, nach der Landessitte ein wenig fettig, aber sehr wohlschmeckend. Sie schlürften ihren Tee dabei, stießen dezent, wenn auch nicht völlig geräuschlos auf, und die Männer rieben sich zufrieden die Bäuche. Hermann wischte sich das Fett von den Lippen, während Aliz ihn unentwegt betrachtete und Haschem sich einzig um sein Essen kümmerte. Mit Stückchen von dem Fladenbrot wischten die Männer die Essensreste zusammen, und Hermann tupfte das würzige Fett auf, bevor er sich das Brot genüsslich in den Mund schob. Er beugte sich zur Seite, um Tee aus dem Samowar in sein Glas fließen zu lassen, derweil Aliz seine beobachtenden Augen nicht von ihm ließ.

      Hermann schlürfte den dunkelbraunen, starksüßen Tee zur Hälfte aus, und sein Atem stockte unwillkürlich und verstörend, sowie er den jungen Menschen anblickte.

      „Wie alt bist du, Aliz?“ fragte Hermann mit trockener Kehle, sodass er sich räuspern musste.

      Haschem sah ihn kurz von der Seite an, mit angehobenen Augenbrauen auf den Tonfall von Hermanns Stimme lauschend, erhob sich mit einer lässig grüßenden Handbewegung an den Kopf und gesellte sich der Männergruppe nebenan zu, wo ein Platz frei geworden war.

      „Alt genug“, gab Aliz Hermann zurück mit eindringlichem Blick.

      „Du kommst aus der Steppe im Norden. Bist du ständig im Gebirge?“

      „Nein. Eigentlich nur den Sommer über. Den Winter kann man nicht in den Bergen verbringen.“

      „Aliz ist ein schöner Name.“

      „German ist auch nicht schlecht.“

      „Richtig heiße ich Hermann. Wo leben deine Eltern.“

      „Im Paradies – wenn es nach ihrem Glauben geht.“

      „Oh, das tut mir leid. Ist es denn nicht dein Glaube?“

      „Mein Vater ist gestorben, als ich ganz jung war, er war schon alt und von Krankheit entstellt mit amputierten Gliedmaßen, und meine Mutter ist bei einem Bombenangriff deiner Fremdenbrüder umgekommen. Man hat ihre Leichenteile, oder was noch davon übrig war, einzeln aufgeklaubt und zusammen bestattet. Wie sollten sie so im Paradies sein?“

      „Hast du Geschwister?“

      Aliz schüttelte heftig den Kopf. „Nach meinem Vater hätte ich ein ... einen großen Bruder haben sollen.“ Er stockte kurz, bevor er fortfuhr: „Mich hat er nie geliebt. Ich war ihm zu klein und zu schmächtig für meinen Jahrgang. Meine Gelenkigkeit und Wendigkeit hat er nie bemerkt, geschweige denn gelobt.“

      „Das ist jetzt Vergangenheit“, sagte Hermann.

      „Es ging nie gut weiter für mich. Bis heute. Vor einiger Zeit haben mich die von Allah verfluchten Taliban geschnappt. Ich war schon in dem Bus, der uns in ihr Gefängnis bringen sollte. Er ist in eine automatische Sprengfalle bei einer Brücke gefahren und in die Luft geflogen, der vordere Teil voraus. Nur von den hinten Sitzenden haben welche überlebt. Die meisten der Gefangenen hat man wieder gefasst. Mich nicht. Nie mehr lasse ich mich erwischen und ins Gefängnis sperren. Eher sterbe ich.“

      „Bist du verletzt worden?“

      „Und ob! Doch an Stellen, die man nicht zeigen kann.“

      „Tief im Innern, kann ich mir denken“, sagte Hermann. „Im tiefsten Innern des Gemüts.“

      „Ja, so kann man sagen. Da bin ich in die Berge geflohen und habe mich diesen Leuten hier angeschlossen.“

      Der Nomade schlenderte vorbei und verhielt bei dem, was er hörte. „Aliz ist mir über den Weg gelaufen, als er auf der Flucht herumirrte wie Falschgeld.“

      „Unsinn“, sagte Aliz ärgerlich, „ich war auf der Suche nach Essen und Schutz. Das war nicht schön.“

      „Deiner schönen Augen wegen habe ich dich aufgelesen. Wir haben ihn mitgenommen, obwohl viele glaubten, ihn zurücklassen zu müssen. Er war wirklich nicht gut drauf.“

      Aliz schwieg verbissen. Hermann wurde mit einem Mal bewusst, dass er mit dem jungen Menschen nicht allein war und auch, dass er es vermied, ihm in die Augen zu sehen, da sich dann ein anderer, seltsamer Ton in seine sonore Stimme mischte.

      „Du bist ein gutaussehender junger Mann“, sagte Hermann zu Aliz. „Deine Verlobte kann sich glücklich schätzen.“

      „Ihm ist keine versprochen“, sagte Mukhi voreilig. „Und das ist auch gut so. Du hättest mal sehen müssen, wie er drauf war, als wir ihn mitschleppten. Und er ist noch lange nicht wieder auf dem Posten. Hat Rückfälle. Erst neulich ist er für eine ganze Woche verschwunden, und als er wieder auftauchte, war er schlechter drauf als zuvor.“

      Aliz senkte missmutig die Augen, und sein Kopf war plötzlich rot angelaufen.

      „Du wirst ja ganz rot“, sagte Hermann. „Warum?“

      „Hat Angst, sein Gesicht zu verlieren“, sagte Mukhi.

      „Unsinn“, versetzte Aliz. „Ich habe eine Wut, eine Mordswut.“

      „Auf wen?“ fragte Hermann.

      „Auf dich!“ erwiderte Aliz, immer noch mit hochrotem Kopf.

      „Warum denn das?“ wollte Hermann erstaunt wissen.

      „Weil du mich erröten machst. Ich will nicht rot werden, schon gar nicht vor einem Fremden.“

      „Wirst du öfters rot?“

      „Eigentlich nie.“

      „Jetzt bist du rot geworden.“

      „Ich werde mich zurückziehen, zu meinem Schlafplatz, ganz hinten in der Höhle.“

      „Bleib nur, Aliz“, sagte Hermann.

      „Damit ich noch mal rot werde? Nein! Ich gehe.“ Er drehte sich auf dem Fuße um und schritt ins Innere der Höhle.

      Hermann schaute ihm nach. Sein Gang war voller Anmut, ganz im Gegensatz zu jener Unbeholfenheit, mit der die anderen Männer in ihren hochhackigen Stiefeln einherstapften.

      Hermann goss sich noch einen Tee ein und schlürfte in kleinen Schlucken, während er sich seinen Gedanken hingab, die er von Aliz wegzulenken suchte, die aber immer wieder zu ihm zurückkehrten. So war er richtiggehend erleichtert, als er Haschem kommen sah, der sich neben ihm niedersetzte.

      Sie besprachen ihr weiteres

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