Der Herr des Krieges Teil 4. Peter Urban

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Der Herr des Krieges Teil 4 - Peter Urban Warlord

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Zustand wie Somerset, doch sie hatten das zehntägige Ringen in den Pyrenäen aus anderen Perspektiven miterlebt: Der Eine war bei Picton gewesen, als der Waliser General Foys überlebende Adler in völliger Auflösung über den Paß von Roncesvalles zurück nach Frankreich getrieben hatte. Der andere hatte bei Sir Lowry Cole gestanden, nachdem die Vierte Divison einen riesigen, französischen Konvoi vom Maya-Paß abgeschnitten und bis zum letzten Mann zerstört hatte. Auch die zweite große Schlacht vor Pamplona, bei Sorauren, war ein überwältigender Sieg für Wellington gewesen! Soult hatte die Grenze nach Spanien am 25. Juli mit mehr als 65.000 Mann überschritten. Zehn Tage später konnte er nur noch 45.000 überlebende Adler nach Hause führen: Wellington und Hill hatten die Division Maucune vollständig zerstört. Dann hatten sie General Clausel und Reille so vernichtend geschlagen, daß beide nur noch panisch wegliefen. Campbells letzte Information über den Iren und Sir Rowland war es, daß sie gemeinsam mit der Sechsten, der Siebten und der Zweiten Division die Adler vor sich her, über Dona Maria, auf den Bidassoa zutrieben. Das war am 1. August gewesen.

      Dann kehrte Oberstleutnant Seward mit seinen Kompanien des 33. Regiments nach Lesaca zurück. Sie hatten sich am 2. August bei Echalar gemeinsam mit der Leichten Division, Teilen der Siebten Divison und Byngs Brigade gegen General Reille geschlagen. Wellington war bei ihnen gewesen, er hatte die Franzosen an der rechten Flanke ausmanövriert, ihr Zentrum frontal in den Berg getrieben und zerstört und die Überreste dann über die Grenze vertrieben. Zeitweilig hatten britische Truppen auf französischem Boden gestanden. Gewissenhaft verschwieg Rob vor Lady Sarah, daß Sir Arthur an diesem nebligen Morgen beinahe seinem Schöpfer begegnet wäre, als er alleine zwischen die Scharfschützenschleier des 2. Legère geraten war und nur noch das rasche und beherzte Eingreifen einer halben Kompanie des 33. Regiments dem Oberleoparden die Haut rettete. Leutnant Fitzherbert hatte sich dabei einen kräftigen Schlag mit einem französischen Gewehrkolben eingefangen und ein paar Zähne aufs Schlachtfeld gespuckt, Will Howard humpelte mit den restlichen Kompanien und einem Streifschuß am Oberschenkel auf Lesaca zu. Trotz des furchtbaren Zusammenstoßes auf der Straße nach Sarre und St. Pé beklagte das 33. Regiment lediglich einen verwundeten Offizier: Oberst Dullmore hatte sich bei einem spektakulären Sturz mit seinem Andalusier das Schlüsselbein gebrochen. Er schleppte sich, voll mit grünen und blauen Flecken und laut fluchend, ein paar Stunden nach Robin Seward in sein Quartier. Das Schlüsselbein war eine ungefährliche, aber sehr schmerzhafte Angelegenheit. John Hume regelte alles mittels starker Sanitäter und martialischen Drohgebärden seinem unwilligen Patienten gegenüber. Dann verbannte er den Kommandeur der 33. Infanterie, wie zuvor schon Wellingtons Adjutanten, für eine lange, erholsame Woche in sein Bett.

      Am nächsten Morgen quälte sich dann die nächste einsame Gestalt mit einem zu Tode erschöpften Pferd nach Lesaca. Der Fuchshengst hatte eine lange, blutige Schramme am Hals und eine weitere quer über der Brust. Seine Beine waren aufgeschürft. Er lahmte erbärmlich. Seinem Reiter ging es nicht besser, denn er hatte das Tier fast 20 Meilen weit durch unwegsames Gelände führen müssen. Obwohl Lord Wellington wie durch ein Wunder keine Verletzungen davongetragen hatte, konnte er sich nur mit großer Mühe auf den Beinen halten. Die dunkelblaue Feldjacke war völlig zerfetzt und bräunlich verfärbt: In den Bergen war es unvermeidlich, mit dem Pferd immer wieder schwer zu stürzen, wenn man feindlichem Feuer ausweichen mußte wie ein Kaninchen dem Jäger. Arthur hatte in den letzten zehn Tagen sein Quantum an Stürzen hinter sich gebracht. Er hatte nicht geschlafen und kaum gegessen: Er war immer überall gewesen und das fast gleichzeitig und mitten im schlimmsten feindlichen Feuer. Und er war nicht nur körperlich am Ende: Die Schlacht um die Pyrenäen war auf den ersten Blick und für Außenstehende eine verworrene und komplizierte Angelegenheit gewesen, auf den zweiten Blick allerdings hatte es sich um eine sehr logische und sorgfältig durchdachte Unternehmung gehandelt. Die Franzosen flochten ihre großen Strategien, wie feine Paradezaumzeuge aus allerbestem Leder. Man konnte sie gut dazu verwenden, um vor dem Invalidendom eine Truppenrevue abzureiten, und sie waren sehr hübsch anzusehen. Doch wenn ein Riemen brach, wurde plötzlich der ganze Zaum nutzlos. Arthur hatte seine große Strategie zusammengeknüpft wie einen rohen Ochsensaum: Stabile, feste Stricke! Wenn einer der Stricke riß, dann machte man einen großen, häßlichen Knoten und die Sache war repariert und alles lief weiter. Doch es kostete viel Kraft und Findigkeit, den Knoten fest und an der richtigen Stelle zu schlingen. Englands Feldmarschall war geistig vollkommen ausgelaugt. In dem Augenblick, in dem er den letzten Adler grob über die Grenze gejagt und festgestellt hatte, daß Spanien für den Augenblick vom Einfluß des Usurpators freigekämpft war, hatte er mit einem Schlag aufgehört zu denken. Den Weg vom Bidassoa nach Lesaca war er in einem Zustand vollkommener innerer Leere zurückgeritten und gegangen. Er hatte nur noch, wie ein Automat einen Fuß vor den Anderen gesetzt, ohne zu denken, ohne zu empfinden, ohne irgendwelche tieferen Gefühle zu verspüren: Kein Stolz des Siegers, keine Depression über den Tod so vieler guter Männer, keine Zufriedenheit über seine eigene militärische Leistung, keine hilflose Wut auf den Krieg und das Blutvergießen. Er hatte nicht einmal seine körperliche Erschöpfung gespürt, oder seinen Hunger oder die Schmerzen, die seine zerschlagenen Knochen ihm bereiteten. Nachdem er Soult besiegt hatte, kannte seine leere Hülle nur ein Ziel: Sie wollte zurück nach Lesaca! Sie wollte zurück zu Sarah! Er wäre, wenn er es nicht auf zwei Beinen geschafft hätte, sogar auf allen Vieren gekrochen – immer nur vorwärts und Richtung Westen. In einer Art Reflex sattelte er seinen Fuchs ab und verschloß die Stalltüre. Zwar hatte der Offizier sich bei seinen Stürzen nichts gebrochen, aber so gut wie jeden Knochen verstaucht und sein Rücken war eine große, offene und brennende Schürfwunde. Nachdem er sein Ziel erreicht hatte, verwandelte der Automat sich mit einem Mal wieder in einen Menschen: Ihm war vor Hunger schwarz vor Augen. Jede einzelne Faser, jeder Knochen, jeder Muskel bereitete ihm erbärmliche Schmerzen. Seine Knie waren weich wie Butter, seine Augen fielen ihm beim Gehen fast zu. Beim Gedanken an das schreckliche Blutvergießen der letzten zehn Tage liefen ihm eisige Schauer den Rücken hinunter. Wie in einem bösen Traum tauchten vor seinem inneren Auge verstümmelte Leiber, abgerissene Körperteile, schreiende Verletzte, sich gegenseitig totschlagende Soldaten für den Bruchteil einer Sekunde auf, nur um sofort wieder zu verschwinden und dann von neuem aufzutauchen. Irgendwie gelang es ihm noch, vom Stall bis in John Dunns Küche zu stolpern. Dort bat er seinen verschreckten Sergeanten mit letzter Kraft, sich um Kopenhagen zu kümmern. Dann fiel er ihm bewußtlos in die Arme.

      John hatte seinen Herrn schon in jedem Zustand der Welt erlebt, aber noch nie war Lord Wellington in Ohnmacht gefallen. Ähnlich wie Trommler Meadows bei Lord Fitzroy Somerset, überprüfte er zuerst sorgfältig, ob sich unter den Fetzen der Feldjacke nicht doch eine üble Sache verbarg. Als er außer unzähligen blauen Flecken, Kratzern, Schrammen und blutigen Schürfwunden nichts Beunruhigendes finden konnte, wuchtete er sich den schweren Körper über die Schulter, schleifte ihn drei Stockwerke höher bis ins Turmzimmer, ließ ihn aufs Bett fallen und humpelte dann zuerst in den Stall, um sich des halbtoten Kopenhagen anzunehmen und schließlich zu Sir James McGrigors Hospital, um einen Arzt zu besorgen. Durch das Ende der Kampfhandlungen war das große Gebäude völlig überfüllt. Nach den hoffnungslosen und verzweifelten Fällen der ersten Tage, tauchten nun Leoparden mit weniger schwerwiegenden Wunden auf, die die Feldscher bereits an der Front provisorisch zusammengeflickt hatten und die nun vernünftig behandelt werden mußten. Mit der Neuigkeit über den Sieg gegen Soult und die Quasi-Vernichtung der französischen Spanienarmee war die deprimierte Stimmung sogar aus dem Hospital verschwunden, obwohl die alliierten Verluste sich über zehn Tage Kampfhandlungen hinweg auf etwas mehr als 7000 Mann beliefen. Im Vergleich zu Marschall Soults Liste war die von Lord Wellington allerdings kurz.

      In dem langen, niedrigen Steinbau schien es keine Luft mehr zu geben. Nach den grauenvollen Regenstürmen und Gewittern, die während der Schlachten in den Pyrenäen die Adler und die Leoparden heimgesucht hatten, war der Morgen des 4. August 1813 sommerlich heiß und sonnig. Das hölzerne Eingangstor stand weit offen, um die unangenehmen Gerüche aus dem Lazarett zu vertreiben. Doch damit drängten gleichzeitig Hitze und Fliegenschwärme hinein. Die Sanitäter hatten mit Kampferessig getränkte Schwämme an den Querbalken des Dachgestühls aufgehängt und Büschel aus Lorbeerzweigen, um die Fliegen und Insekten zu vertreiben. Im Gras, hinter dem Gebäude saßen diejenigen Leoparden, deren Verletzungen nicht sonderlich schwerwiegend waren. Manche warteten noch auf einen Arzt oder Feldscher, andere

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