Cave Cobaltum. Gerhard Gemke

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Cave Cobaltum - Gerhard Gemke

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      Sie hatte den Wecker auf 16 Uhr gestellt. Jade duschte und aß den Pizzarest. Von ihrem Bruder hatte sie den ganzen Tag weder etwas gehört noch gesehen, und Karl kam erst gegen Abend zurück. Jade schlich auf weichen Turnschuhsohlen aus dem Haus. Sie hatte eine schwarze Jeans und einen dunklen Kapuzenpulli angezogen. Niemand war auf der Straße, soweit sie sehen konnte. Jade zog die Kapuze tief ins Gesicht und lief los.

      Nicht direkt zum Verwaltungsgebäude. Jade kannte sich aus. Sie nahm Seitengassen und Schleichwege und drückte sich in Hauseingänge um auf Schritte zu lauschen. Da waren aber keine. Atemlos stand sie schließlich um 17.34 Uhr hinter der Hecke, die den Behördenparkplatz umschloss.

      Sie konnte natürlich nicht den Haupteingang benutzen. Hallo Anita, wie geht’s dir? Fein, und dem lieben Heribert? Jade lachte leise.

      „Hör'n Se mal!“

      Jade fuhr herum. Eine kleine dicke Frau stand neben ihr. Ein Crogg, kein Zweifel, um diese Uhrzeit kamen sie häufig in die Stadt. Hinter ihr stand ein bis zum Rand beladener Einkaufswagen von Aldi.

      „Ham Se 'n Euro für mich?“

      „Ich …“ Jade kramte in den Taschen ihrer Jeans. Sie hatte tatsächlich kein Portemonnaie dabei. Sie zuckte bedauernd mit den Schultern. Das Gemurmel der Crogg-Frau klang nicht sehr freundlich, als sie sich samt ihrem Einkaufswagen entfernte. Jetzt musste Jade schleunigst von der Straße, bevor sie von weiteren Personen gesehen wurde. Sie drückte sich durch die Hecke.

      Ihren Büroschlüssel, der auch zum Gebäudehaupteingang passte, hatte Meier einkassiert, aber der Hausmeister ließ den Kellereingang tagsüber immer offen. Knut hieß er, Knut Irgendwie. Er müsse da ständig raus und rein, und wenn er die Zeit zum Auf- und Zuschließen zusammenrechnen würde, käme er auf eine lohnende zweite Mittagspause. Das hatte Knut ihr bei einer feuchtfröhlichen Betriebsfeier verraten, als er noch annahm, damit bei Jade Eindruck schinden zu können. Ihre Narbe würde ihm auch nichts ausmachen. Was in Jades Ohren klang wie: In der Not frisst der Teufel Fliegen. Schönen Dank auch!

      Jetzt kam ihr Knuts kleines Geheimnis zugute. Jade erreichte die Kellertreppe, ohne den Schutz der Anpflanzungen am Parkplatzrand verlassen zu müssen. Es hätte schon jemand sehr aufmerksam aus den Bürofenstern die Büsche beobachten müssen, um sie zu entdecken. Im Übrigen waren um diese Uhrzeit alle damit beschäftigt, ihre Schreibtische für den Feierabend aufzuräumen. Eine von Meiers Dienstanweisungen lautete: Verlass dein Büro so, wie du es selbst gern vorfinden möchtest. Was hatte sich Jade darüber lustig gemacht und auf ihren Schreibtisch ein unüberschaubares Chaos aufgeschichtet.

      „So möchte ich es morgen gern vorfinden“, hatte sie gesagt, worauf Meiers Gesicht deutlichen Bluthochdruck anzeigte. So etwas hatte sie sich getraut, als von Meiers Dienstreise in den Kongo noch keine Rede war.

      Jade biss auf ihre Lippen. Sie musste sich jetzt konzentrieren. Eine kurze Treppe führte an der Gebäudeseite zur Kellertür hinunter. Sie war tatsächlich unabgeschlossen. Jade schlüpfte in den kühlen Keller. Vor ihr lag ein langer Flur, der in regelmäßigen Abständen von einem schwachen Notlicht erhellt wurde. An den Wänden stapelten sich ausrangierte Bürostühle, fünf, sechs Flipcharts und ein Haufen monströser Computerbildschirme, die man vor zwei Monaten endlich gegen flache Versionen ausgetauscht hatte. Auf jeden Fall hatte Knut eine Menge zu tun.

      Bööörb!

      Ein unwettermäßiger Rülpser dröhnte den Gang entlang. Jade sprintete los. Sie wusste, dass hinter der Eisentür am Ende des Flurs eine Treppe nach oben führte.

      „Ist da wer?“

      Jade drückte die Türklinke runter und legte eine Hand über das Schloss, um das verräterische Quietschen zu dämpfen. Ohne Erfolg, es quietschte laut und vernehmlich und die Tür war abgeschlossen. Scheiße. Sollte ihr Plan schon hier ein Ende finden? Ausgerechnet in den Fängen von Hausmeister Knut!

      Bööörb!

      Eine Flasche wurde unsanft beiseite gestellt. Knut hatte sein Feierabendbier geschafft und streckte seine unterhemdbedeckte Wampe in den Flur.

      „Scheiß Ratten, ich knall euch ab! Morgen.“

      Knuts Schritte schlurften über den Steinboden. Jade hockte sich hinter einen Turm aus alten Rechnern. Am anderen Flurende wurde die Außentür geöffnet. Knut stapfte schimpfend nach draußen und schloss ab. Jade sah auf die Uhr. Zehn vor Sechs. Knut machte also zehn Minuten zu früh Schluss, plus die Zeit, die er schon in seinem Kabuff beim Bier verbracht hatte. Wenn das Anita Behrli spitzkriegte …

      Jade sprang auf, durchquerte den Flur und betrat Knuts „Büro“. Neben einer halbleeren Bierkiste lagen eine Handvoll Kronkorken auf dem Boden. Auf einem wackeligen Tisch sah Jade Listen, die Knut mit unbeholfener Klaue angelegt hatte – vermutlich als Gedächtnisstütze für seine umfangreiche Tätigkeit. Oder was auch immer. Jade interessierte sich mehr für das Schlüsselbrett. Das war immerhin sauber beschriftet. Über dem ersten Schlüssel stand schlicht Alles. Was wollte sie mehr. Sie nahm ihn vom Haken und lief zurück zur Eisentür. Der Schlüssel passte.

      Das wäre schon mal geklärt. Langsam ging sie zurück in Knuts Kabuff. Jetzt begann das Warten. Jade sah sich um. Neben Knuts Werkbank lagen Zeitschriften auf einem ungehobelten Brett. Das Goldene Blatt und Bild der Frau und weiteres in der Preisklasse. Jade erinnerte sich, dass Knuts Frau eine kleine Pension betrieb, vermutlich lagen dort solche Blättchen zur Unterhaltung der Gäste aus. Außer vielleicht das Hochglanzmagazin, das sie zuunterst fand, in dem die Damen allenfalls Ohrringe trugen. Und diese Ohren klebten an dümmlich lächelnden und garantiert narbenfreien Gesichter. Jade juckte es in den Fingern, sie einzeln in den Schredder zu stecken, der unter dem Brett stand, Marke Olympia PS 24 CCD, wie sie las, geeignet sowohl für Akten als auch für CD's. Aber sie wollte so wenig Spuren hinterlassen wie möglich.

      Neugierig zog sie die Schublade eines wackeligen Schreibtisches auf und fand dort eine ausgefranste Kladde. Unter dem Datum der letzten Betriebsfeier schwärmte jemand in Knuts unverkennbarer Handschrift von einer Mitarbeiterin mit „geiler Asch und lange Beine, voll scharf obwol so ne häsliche Nabe im Gesicht“. Daneben war ein verwackeltes Polaroid-Foto eingeklebt, das wohl zu fortgerückter Stunde gemacht worden war. Es zeigte sie von hinten, im kurzen Rock über einen Tisch gebeugt im Gespräch mit irgendwem. Jade warf die Kladde zurück in die Schublade und knallte sie wütend zu. Sie sah auf die Uhr. Frühestens in zwei, drei Stunden konnte sie zur Tat schreiten, denn so lange musste sie damit rechnen in den Büros ein paar besonders Fleißige anzutreffen, die ihre Vorgesetzten beeindrucken wollten, oder sich zu Hause noch mehr langweilten als hinter ihren Schreibtischen.

      Jade lauschte. Hatte sie Schritte gehört? Gab es nächtlichen Wachschutz in der Stadtverwaltung? Die Frage fiel ihr recht spät ein.

      Wolles Frisur war auf dem besten Weg sich der seines Alten anzunähern, was das Vorurteil zu bestätigen schien, alle Atomkraftgegner seien langhaarig. Was in etwa den Aussagewert hatte wie Ich hab mal einen Italiener Spaghetti essen gesehen. Muss das jetzt näher erklärt werden? Lieber nicht. Wolle hatte für seine Verhältnisse den Keller gut aufgeräumt. Der meiste Müll war im Papierkorb gelandet, oder zumindest in dessen Richtung geworfen worden. Die Matratzen auf dem Boden entlang der Wände waren leidlich sauber, obwohl Ela den Verdacht hatte, dass Wolle sie bloß umgedreht hatte. Beryll fläzte sich in seine Stammecke und sah noch müder aus als sonst, Hermine trug eine Kette aus bunten Steinen um den Hals und niemand zweifelte daran, dass die einen positiven Einfluss auf ihre Aura hatten. Bambule kam heute bloß zehn Minuten zu spät. Wolle stellte einen Kasten Bier in die Mitte, der noch vom letzten Treffen übrig war, und bediente sich selbst. Der Bügelverschluss ploppte, die Versammlung der WAAMPIRE war eröffnet.

      „Ela

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