Cave Cobaltum. Gerhard Gemke

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Cave Cobaltum - Gerhard Gemke

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seinem langhaarigen Alten immer ähnlicher. „Wir sitzen alle in einem riesigen Flugzeug mit dem Höllenzeug im Gepäck. Aber für dieses Flugzeug gibt es keine Landebahn, weltweit nicht!“

      „Also ich werfe meinen Atommüll immer in die Grüne Tonne.“ Natürlich Bambule, wer sonst.

      Bambule war es auch, der gemeinsam mit Wolle versuchte, die flüssigen Reste zu vernichten, als alle anderen schon gegangen waren. Entsprechend lustig verließ er kurz vor Mitternacht den Keller. Waren ja noch Ferien.

      Ela saß in ihrem Zimmer und starrte in die dunkle Nacht. Neumond. Die WAAMPIRE hatten alles nicht ernst genommen. Aber was hatte sie auch erwartet. Es gab ja nichts als eine vage Andeutung von etwas. Geschrieben von einem krummen Grafen. Erst mit den Mitternachtsglocken legte sie sich schlafen.

      Von weit her hörte sie die Glockenschläge. Jade hatte länger warten müssen, als ursprünglich geplant. Immer wieder hatte sie aus dem weitläufigen Gebäude Türenklappern und das Pochen von Absätzen gehört, es gab wohl mehr Vorgesetzen-Beeindrucker oder einsame Seelen, als sie angenommen hatte. Aber in der halben Stunde vor Mitternacht war alles ruhig gewesen. Sie öffnete die Eisentür und erschrak über das gellende Quietschen. Vorsichtig schlich sie die Treppe hinauf, die hinter der Eisentür zum Erdgeschoss führte. Auf der letzten Stufe blieb sie stehen und lauschte. Ihre Uhr zeigte 0.05 Uhr, im Haus war es totenstill. Eine nächtliche Streife hatte sie nicht bemerkt. Sie spähte die leeren Flure entlang. Bis jetzt nicht.

      Meiers Büro befand sich im zweiten Stock. Jade wusste nicht genau, was sie zu finden hoffte. Hinweise auf die Eile des Verfahrens vielleicht, auf Fehler. Waren alle Fristen eingehalten worden, und warum hatte es nicht einen einzigen Widerspruch gegeben? Dann Graf Kronk. Wieso steckte der mit drin? Konnte es Zufall sein, dass sein Auftauchen mit dem zweiten schweren Autounfall ihres Lebens zusammenfiel? Der Gedanke, dass Rache an Meier und der Hass auf Kronk ihre eigentlichen Triebfedern waren, blitzte kurz auf. Sie schob ihn ärgerlich beiseite. Sicherlich auch, aber nicht nur.

      Der direkte Weg zu Meiers Büro führte durch die Abteilung Rechnungsprüfung. Jade konnte sich nicht verkneifen Anitas Türklinke herunterzudrücken. Erstaunlicherweise war nicht abgeschlossen, eine Nachlässigkeit, die sie der netten Kollegin gar nicht zugetraut hätte. Jade schlüpfte hinein, vielleicht bot sich ja eine Möglichkeit für eine nette Rache.

      Das Büro war eines der kleineren für die Tippsen. Anita hatte es ganz nach ihrem Geschmack eingerichtet, inklusive Geranien vor den Fenstern und einem großen Katzenkalender überm Schreibtisch. Für jeden Monat eine süße Mieze. Daneben hing der Urlaubsplan der Behörde, für den Anita ebenfalls zuständig war. Jade sah ihn sich genauer an. In der Spalte mit ihrem Namen waren ab jenem Mittwoch vor Ostern, an dem sie nach Fleschbeck geschickt worden war, alle Arbeitstage der folgenden zweieinhalb Wochen mit einem k versehen – k wie krank.

      Jade lachte leise. Das hättet ihr wohl gern!

      Die Spalte daneben gehörte lovely Anita selbst. Auf den vier Feldern von Karfreitag bis Ostermontag pappte ein bunter Zettel, eine Art Werbe-Flyer. Oase Liwa stand quer über sonnenbeschienen Palmen und goldgelbem Wüstensand. Besuchen Sie Abu Dhabi! Seit wann konnte sich eine Tippse aus der Rechnungsprüfung einen Urlaub in Abu Dhabi leisten?

      Aber Jade hatte Dringenderes vor, als sich über Anitas Urlaub zu wundern. Sie verließ das Büro, jetzt war Meier dran. Der hatte vermutlich seine Tür zweimal abgeschlossen, aber Jade war ja im Besitz von Knutis Generalschlüssel. Meiers Büro befand sich am Ende des Flurs. Wer zu ihm wollte musste somit den weitesten Weg zurücklegen, was nach Meiers Auffassung seine Stellung als Behördenchef unterstrich. Die Überraschung war aber nicht die wie erwartet verriegelte Tür, sondern Knuts Schlüssel. Er trug eindeutig die falsche Beschriftung. Fast Alles wäre richtiger, denn bestimmte Türen waren ausgenommen, wozu natürlich Meiers Chefbüro gehörte. Das hätte sie sich eigentlich denken können. Verdammter Mist!

      Die Geranien in Anitas Tippsenparadies waren schnell beiseite geräumt. Kühle Nachtluft wehte ihr entgegen, als Jade auf das Fenstersims kletterte. Das zweite Stockwerk war auf der Rückseite etwa zwei Meter gegenüber dem Erdgeschoss zurückgesetzt. Die dadurch enstandene Galerie hatte ein ökobewusster Architekt mit verschiedenen winterharten Gewächsen begrünt. Mit einem Sprung landete Jade zwischen Steinbrech und Fetter Henne und lauschte in die Nacht. Ein Käuzchen schrie. Der Parkplatz und die Straße waren von hier nicht einzusehen. Ein schmaler Fußweg führte um das Gebäude, aber auch der war menschenleer. Gebückt schlich Jade an der Fensterfront entlang. Plötzlich sah sie in zwei dunkle Augen. Ein haariges Gesicht glozte sie aus einem der Büros an. Es war ein Stoffaffe, den jemand ins Fenster gesetzt hatte, einer der harmloseren Versuche, sich am Arbeitsplatz wohl zu fühlen. Trotzdem schlug Jades Herz bis zum Hals. Noch drei Zimmer weiter, hier musste es sein.

      Meiers Fenster war seit Monaten defekt, das wusste Jade. Der Verschlussriegel war verbogen und rastete nicht mehr ein. Ein Ruck und das Fenster klappte nach innen. Einige Akten wurden beiseite geschoben und klatschten auf den Boden. Jade hielt den Atem an. Keine Alarmanlage wurde ausgelöst, keine eiligen Schritte näherten sich. Vorsichtig stieg Jade hinein, drückte das Fenster wieder zu und verkeilte den Riegel so gut es ging. Die Akten auf dem Boden waren mit Korrespondenz A–J, K–R und S–Z beschriftet. Jade stellte sie in der richtigen Reihenfolge zurück auf das Fenstersims.

      Sie knipste eine Mini-Taschenlampe an und schirmte sie mit der Hand ab. Das erste was ihr auffiel war, dass Meier ihren Schreibtisch an die Wand gerückt hatte, als wäre es nicht mehr vorgesehen, dass sie an ihren Arbeitsplatz zurückkehrte. Auch der schiefe Turm von Pisa hing nicht mehr darüber, sondern – ein langes gebogenes Beduinenschwert, dessen Griff mit einer goldenen Kugel abschloss. Jade verzog den Mund, als hätte sie auf etwas Bitteres gebissen. Dann wandte sie sich dem Schreibtisch zu.

      Der Planfeststellungsbeschluss Salzstock Helldor, den sie vorgestern schon in Händen hatte, lag gleich zuoberst, als wollte Meier es ihr besonders leicht machen. Nur für den Dienstgebrauch hatte jemand unter die Überschrift gestempelt. Nicht für die Öffentlichkeit. Jade setzte sich auf Meiers überdimensionierten Bürostuhl und begann zu blättern.

      Schon bald wurde ihr klar, warum dies nicht für jedermanns Augen bestimmt war. In ihren Händen hielt sie eine Zusammenstellung alter und uralter Berichte über den Salzstollen Helldor von 1907, 1911, 1929, 1933. Jade hatte nie von ihnen gehört und die Aussagekraft der Messungen, die darin aufgeführt wurden, ging aus heutiger Sicht gegen Null.

      Der zweite Teil stammte von Meier selbst. Eine knappe Zusammenfassung der Untersuchungen, ergänzt durch die Schlussfolgerung, dass Helldor in allen Punkten ideal für eine Endlagerung sei. So ein Schmarrn. Was ritt Meier bloß, sich auf so dünnes Eis zu begeben? Und nicht nur ihn, denn den Planfeststellungsbeschluss hatten ja ebenso der Bürgermeister und der Vertreter der Bundesregierung unterzeichnet. Und als Vierter im Bunde Diopsid Kronk. War denn die politische Zwangslage allein schon Grund genug, so ein windiges Dokument zu genehmigen, oder gar mit dem Grafen ins Geschäft zu kommen?

      Dieses Machwerk konnte allenfalls Laien beeindrucken, die völlig unbeleckt in Fragen der Bergwerks-Sicherheit waren. Zum Beispiel Weißenhaller Lokalpolitiker. Einerseits. Andererseits war es brandgefährlich, wenn es in die falschen Hände geriet. Oder in die richtigen, je nach Standpunkt. Dann konnte es das gesamte Projekt kippen. Aber offenbar hatte Helldor 21 keine Gegner. In Weißenhall schien niemanden die Aussicht zu stören, demnächst auf einer strahlenden Deponie zu leben.

      Jade starrte das Schwert an, dass sich wie ein dunkles Mal von dem hellen Fleck abhob, den der Schiefen Turms von Pisa hinterlassen hatte. Wie eine Narbe auf der Wand. Sie schaltete den Tischkopierer ein. Zeit für Beweissicherung.

      Als sie den gebundenen Bericht auf der Glasplatte auseinander drückte, rutschte ein länglicher Zettel heraus, der weiter hinten zwischen die Seiten geschoben

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