Bodenfrost. Erhart Eller
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Plattner, entsetzt, sagte sich: „Nur nicht widersprechen. Bei Verrückten ist Vorsicht geboten.“ Er sprach: „Kommendes Wochenende wird es ein Schlachtspiel bei dem Dorf Großgörschen geben. Das veranstaltet man jedes Jahr zum Gedenken an die Schlacht von Achtzehnhundertdreizehn. Schauen Sie es sich an, Sie werden bestimmt Anregungen bekommen.“ Schwertfeger meinte verächtlich: „Ist bestimmt nur ein altbackenener Abklatsch. –Wenn ich überhaupt etwas dabei lernen kann, dann, wie ich es nicht machen soll.“
Plattner dachte sich sein Teil, während Schwertfeger auf die Kapitalfrage kam. „Ich werde es ganz groß aufziehen. Das kann ich natürlich nicht voll und ganz alleine stemmen. Mitmacher sind gefragt. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst, will heißen, hat bessere Karten, als solche, die hinterher traben. Guter Rat in alter Freundschaft: Plattner, steig ein. Trommle für die Sache. Mach den Geldleuten, die du kennst, das Maul wässrig. Das Wichtigste ist allerdings: an Fördertöpfe kommen. Na, damit kenne ich mich aus.“ Er lächelte ziemlich schmutzig. Plattner schwieg. Aus Vorsicht wollte er diesem Schwertfeger nicht gleich aufs Brot schmieren, dass er sich an so etwas Verrücktem keinesfalls beteiligen werde. Ganz und gar entgleist war doch dieser Mensch. Von wegen alte Freundschaft. Da war nur Bekanntschaft, ziemlich flüchtig. Gleichwohl war ihm Schwertfegers übergroßes Selbstbewusstsein schon damals aufgefallen. Solchen Wahnwitz allerdings hatte er an dem Mann seinerzeit nicht wahrgenommen. Wahrscheinlich waren ihm zweifelhafte Geschäfte schief gelaufen und er musste nach jedem Strohhalm greifen, um sich vielleicht über Wasser zu halten. Der Strohhalm-Greifer tönte prahlerisch: „Ich werde dieses elende Nest aufblühen lassen. Man wird mir die Hände küssen, denn durch meine Innovation wird das Hotel- und Gaststättengewerbe brummen. Ich sorge für höheres Steueraufkommen. Dank meiner Tatkraft wird man die bröckelnden Ruinen aufmotzen können. Wenn die Stadt durch meine Aktivität dann etwas hermacht, werden sich namhafte Firmen niederlassen und nicht bloß Billligheimer.“ Plötzlich wurde er nachdenklich und seufzte: „Die Bürokratie ist der Hemmschuh für alle Innovation. Anfang der Neunziger war hierherum das Eldorado für unsereinen. Alles war jetzt und sofort machbar, ohne Genehmigungen, Planfeststellungsverfahren und solchen Kram. Ein paar markige Sprüche, mit dem Scheckbuch gewedelt und das Ding war gegessen. Inzwischen ist es hier schlimmer wie im richtigen Deutschland. Krankhaft ist doch dieses Misstrauen gegen Macher. Man muss immer mehr tricksen, um voran zu kommen.“
Plattner dachte: „Du wirst wohl einen erklecklichen Anteil daran haben, dass das Misstrauen großgewachsen ist. Ich schätze, im Tricksen bist du seit jeher ein As gewesen.“
Schwertfeger schwafelte weiter, ohne Punkt und Komma: „Mitmachen darf wer will und genügend besattelt ist aber das Sagen kann nur einer haben sonst geht’s unweigerlich schief ich kenne paar Leute hier herum, die Einfluss haben aber geistig träge sind. Die müssen wir ködern, Plattner Freundschaftsgeschenke und so, na du kennst es ja von daheim.“ Endlich gab es eine Pause, da Schwertfeger Getränk in seine glucksende Kehle goss. Dann: „Einen Vorteil hat der wilde Osten noch: Die Entscheidungsträger sind noch nicht ganz so versaut, man kommt mit etwas weniger Schmiermittel aus. Aber die Nachteile! Tief verwurzelt ist die Feindschaft gegen das freie Unternehmertum. Da wirkt der Kommunismus nach. Dabei ist doch logisch, dass nur ein schrankenlos freies Unternehmertum aus einer wüsten Landschaft eine blühende erschaffen kann. Wie sieht‘s denn aus hier - in der Wirtschaftsleistung ganz unten, in der Arbeitslosen-Statistik oben dran. Wenn die matten Beamtenseelen nicht so begriffsstutzig wären, würden sie mir einen roten Teppich ausrollen. Eine nennenswerte Industrie wird es hier nie wieder geben. Und dass sich Behörden mit kaufkräftigen Beamten ausgerechnet in diesem Kaff ansiedeln, kann man vergessen. Also heißt das Zauberwort: Dienstleistungs-Gesellschaft. Das müsste einleuchten, ohne dass man Scheine rüberschieben muss.“ Nach einer kleinen Denkpause stellte er fest: „Es ist ja so, dass sich in einem Krisengebiet billiger was aufbauen lässt, als, beispielsweise, im überfütterten Baden-Baden. Die Schleuderlöhne sind ein großer Standort-Vorteil oder etwa nicht, Plattner? – Wie hoch steigen Sie ein?“
Plattner, dem nicht wohl in seiner Haut war, bemerkte ausweichend: „Sicher, bestimmt, es ist einen Versuch wert. Wenn es gelingt, maßgebende Leute zu überzeugen...“ Schon platzte Schwertfeger heraus: „Welche hast du auf dem Schirm?“
Plattner, dem mulmig war, sagte sich, dass es gefährlich wäre, den Irren vor den Kopf zu stoßen. Ihm fiel ein, dass er, bevor er zurückfahrem würde, auf jeden Fall das Stadtoberhaupt aufsuchen wollte, um werbewirksam eine nicht ganz unbedeutende Spende für die Stadt zu übergeben. Er sagte: „Auf jeden Fall werde ich den Oberbürgermeister sprechen.“
Schwertfeger hob den Daumen. „Gut. Es heißt zwar, der Mann ist von Humanitätsduselei angekränkelt, hat was gegen alles, das irgendwie nach Gewalt aussieht. Stoßen Sie ihn tüchtig an, dass aus den Fördertöpfen ordentlich was rausschwappt.“
Plattner dachte: „So ist er, zupackend und selbstverständlich der Befehlsgeber.“
Wenigstens nervte er nicht mit Ansinnen, wie: „Plattner, zähl auf, wen du sonst noch bearbeiten wirst.“ Sondern er offenbarte seinen strategischen Plan. „Für den Anfang werde ich zwanzig Kampf-Roboter brauchen. Gleich morgen werde ich die Amtsschimmel in der Arbeits-Agentur für meine gute Sache auf Trab bringen. Die zwanzig müssen willig und billig und sofort verfügbar sein.“
Plattner dachte: „Ein ganz forscher Verrückter. Hat ja noch nicht einmal eine Gewerbe-Anmeldung.“
Schwertfeger trieb die Forschheit noch weiter. Er rief die Kellnerin: „Besorgen Sie mir doch mal eben die Nummer vom Chef Ihrer Arbeits-Agentur.“ Plattnern erläuterte er: Morgen um Neun stehe ich dort auf der Matte, da möchte die Sache bereits angelaufen sein.“
Plattner erinnerte ihn behutsam, dass morgen Feiertag war, Tag der Arbeit. Schwertfeger motzte: „Was denn, diesen Unfug gibts noch? Im dritten Jahrtausend, wo der Markt alles regelt? Die Blockierer versuchen mit allen Mitteln, die Macher auszubremsen. Wann endlich wird die ganze Sozialromantik auf den Müllhaufen der Geschichte geschmissen!“ Anrufen wolle er gleichwohl. „Mal sehen, was dem Herrn wichtiger ist, die Proletenfete oder der Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt.“
Plattner schätzte ein: „Wenn du den Maßgebenden so kommst, kannst du gleich einpacken. So etwas können sich höchstens Leute wie der Beckenbauer erlauben.“
Er fand, es sei nun höchste Zeit, erhob sich, tönte, so leid es ihm tue, obschon er den richtungweisenden Ausführungen gern länger gelauscht hätte - nun müsse er, unwiderruflich. „Man sieht sich." Schwertfeger hielt ihn fest, bestand auf seiner Rufnummer. Plattner wagte nicht, sie ihm zu verweigern. Nachher schlief er unruhig.
Und der Langzeit-Arbeitslose Wilfried Schaffer, an der Schwelle des Schlafs, stellte noch dieses fest: „Ein gewöhnlicher Tag wars und doch, dämmert mir, von Bedeutung für spätere Tage. Irgendwie.“
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