Laborratten. Niels Wedemeyer
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„Welche Wahl habe ich? Mein Vertrag läuft aus, Ich muss. Und Eva und Du müsst es auch.“, sagte Costas ernst.
„Nein. Nicht solange ich noch kämpfen kann.“
„Das wirst Du Don Qichotte aber nicht alleine schaffen. Wenn überhaupt, dann mach es mit Lamprecht zusammen. Der wurde bei Deinem Projekt nämlich genauso über den Tisch gezogen wie Du. Wie mir Bergius erzählt hat, arbeiten Traubli und Schulti schon an Patenten. Die wollen mit Euren Erkenntnissen jetzt richtig Geld machen.“ Weinert lief wieder rot an. Über die möglichen Verwertungsmöglichkeiten hatte er sich bisher noch keine Gedanken gemacht.
„Wie kommst Du darauf, dass man mit der Mutation Geld verdienen kann.“ Costas fuhr mit seinem rollbaren Bürostuhl näher an Weinert heran.
„Erstens kann man damit Diagnostik machen. Man schaut nach Risiken, an Magersucht zu erkranken. Jeder, der den Test kommerziell durchführt, muss an den Patentinhaber zahlen. Zweitens, und das ist noch wichtiger, ist da das kaputte Protein. Maja erzählte mir, dass wenn man das defekte Protein einer gesunden Ratte gespritzt hat, diese genauso abgemagert ist wie das mutierte Viech. Die gleiche Supermodellfigur innerhalb nur weniger Tage. Kapierst Du es nun?“. Weinert war so konsterniert, dass er gerade noch ein „das ist ja der Hammer“ von sich geben konnte.
„Stell Dir mal vor“, sprach Costas weiter, „Du frisst Dir über die Weihnachtsfeiertage ein richtige Pocke an und lässt Dir anschließend beim Hausarzt eine kleine Spritze setzen. Zack. Wieder schlank innerhalb von zwei Wochen. Nicht schlecht oder?“
„Und Du meinst, Lamprecht weiß von nichts?“ „Von gar nichts. Oder meinst Du, Traubl würde bei ihm zuhause anrufen und sagen: Du, Gerhard, als Dank für das schöne Institut und Deine tolle Ratte machen wir Dich jetzt richtig reich.“
Weinert hatte Lamprecht angerufen und gefragt, ob er ihn zuhause aufsuchen dürfte. Lamprecht hatte seiner Art entsprechend nur „15 Uhr“ ins Telefon gebrummelt und ohne Verabschiedung aufgelegt. Lamprechts Haus stand in einem Viertel, in dem fast ausschließlich Hochschullehrer zu wohnen schienen. Das Haus war für Weinert unerwartet imposant und gepflegt. In seiner Fantasie hatte er sich ein altes, etwas verlottertes Haus mit verwildertem Garten vorgestellt, doch dieses Haus wirkte wie aus einer Gartenzeitschrift entnommen. Noch mehr überraschte ihn jedoch die Person, die ihm öffnete. Es war ein ungefähr 20-jähriger Punk mit grünen Haaren und bemalter schwarzer Lederjacke, der ihm freundlich sagte:
„Mein Vater ist in seinem Atelier, am Ende des Flurs.“ Weinert konnte sich vage daran erinnern, dass Frau Schrepper ihm erzählt hatte, dass Lamprechts Frau ihn und seinen recht aufsässigen Sohn vor 6 Jahren verlassen hatte und mit einem indischen Guru durchgebrannt war. Frau Schrepper, die immer bestens informiert zu sein schien, sagte, dass falls Lamprecht jemals so etwas wie Verletzlichkeit gezeigt hatte, es hier der Fall gewesen war. Sichtbar gealtert soll er ausgesehen haben. Es lag wohl weniger an dem Tratsch, der dann in der Fakultät losbrach, sondern vielmehr am persönlichen Verlust. Frau Schrepper meinte, dass er seine Frau immer mehr geliebt habe, als die Wissenschaft. Und das hieß schon was. Weinert folgte dem Flur und klopfte an eine große Milchglastür. Ein Mann öffnete, der Weinert entfernt an Lamprecht erinnerte. Mit Dreitagebart und kariertem Flanellhemd wirkte er mehr wie ein Holzfäller denn wie ein pensionierter Professor. Zudem lächelte Lamprecht ihn breit an. Ein Anblick, an den sich Weinert nicht erinnern konnte, solange Lamprecht noch das Institut leitete.
„Schön, Sie wieder zu sehen.“
„Ich kann das Gleiche nur zurückgeben. Sie sehen aus, als ob Ihnen der neue Lebensabschnitt gut tut“, sagte Weinert.
„Tut es auch. Es war weniger schlimm als erwartet. Bei seiner Emeritierung fürchtet jeder Professor mehr den Verlust des öffentlichen Ansehens als den Verlust seines Berufs. Seine beste berufliche Zeit liegt meistens sowieso schon weit zurück. Mittlerweile ist mir mein öffentliches Ansehen ziemlich egal.“ Beide schmunzelten sich an.
„Sie waren lange nicht mehr im Institut.“
„Mir gefällt das Klima dort nicht mehr. Und mein neues Büro, diesen dunklen Verschlag, den mir Traubl so generös überlassen hat, mag ich auch nicht. Ich bleibe lieber zuhause, als mich aufzuregen.“ Weinert blickte sich in dem Raum um. Er wurde zur Hälfte als Künstlerwerkstatt benutzt und war neben einem großen Haufen von Werkzeugen mit mehr oder weniger bearbeiteten Stein- und Holzfiguren gefüllt. Die meisten von ihnen zeigten verzehrte Körper mit abstrakten Gesichtern. Die andere Hälfte des Raums mündete in einen Wintergarten, in dem zwei Rattansesseln umrankt von gewaltigen exotischen Pflanzen standen. Lamprecht bot Weinert einen der beiden Sessel an und fragte ihn, ob er einen Tee trinken wollte, was dieser bejahte.
„Ich wusste gar nicht, dass Sie sich für Bildhauerei interessieren“, meinte Weinert, während Lamprecht den Tee einschenkte.
„Eine sehr alte Leidenschaft von mir. Als junger Mann war ich sehr begeistert von Henri Moore, Ernst Barlach und anderen modernen Bildhauern und wollte unbedingt Kunst studieren. Ich scheiterte aber am Widerstand meiner Familie, die mich schon in einem verruchten Pariser Vorort am Rande des Existenzminimums dahinvegetieren sahen. Die Naturwissenschaft war also zu Beginn eher so etwas wie eine Notlösung.“ Nach einer kurzen Pause fragte Lamprecht:
„Aber Sie sind sicher nicht hergekommen, um sich langweilige Geschichten aus meinem Leben anzuhören.“
„Ich hatte Ihnen ja von der Entdeckung der Mutation berichtet.“ Er erinnerte sich noch wie Lamprecht sich zwar ehrlich gefreut hatte, doch bereits sehr distanziert dem wissenschaftlichen Erfolg seines ehemaligen Schützlings gegenüber gestanden hatte.
„Traubl hat sich nun das Projekt vollständig unter den Nagel gerissen und verfolgt dabei wohl nun auch intensiv wirtschaftliche Interessen.“ Weinert berichtete ihm von den Geschehnissen, die ihm von Costas und anderen zugetragen worden waren. Lamprecht hörte ernst zu, während er sich eine weitere Zigarette anzündete.
„Was wollen Sie nun von mir?“, fragte Lamprecht sanft.
„Ich glaube, man sollte etwas unternehmen. Das, was Traubl da abzieht, ist eindeutig geistiger Diebstahl.“ Weinert merkte, wie wieder die Wut in ihm aufstieg.
„Hatten Sie sich denn auch Hoffnung auf das große Geld gemacht?“, fragte Lamprecht durchaus provokant.
„Ich hatte bis heute Morgen überhaupt keine Ahnung, dass man mit der Mutation überhaupt Geld verdienen kann. Mir geht es auch nicht um das Geld, sondern vielmehr um Traubls´ Dreistigkeit. Ich könnte es nicht ertragen, dass er alles an sich reißt und schließlich groß absahnt.“ Lamprechts Miene verriet Weinert, dass dieser ähnlich dachte, wie er.
„Und was ist demnach zu tun?“
„Ich hatte gehofft, dass Sie eine Idee haben“, antwortete Weinert ehrlich.
„Dann sagen Sie mir erstmal, was genau Sie wollen.“
„Ich möchte an dem weiteren wissenschaftlichen Werdegang aktiv beteiligt werden, falls ein Patent oder gar mehrere gestellt werden sollen, möchte ich mit draufstehen. Das Gleiche gilt für Veröffentlichungen“, sagte Weinert, der sich über diese Frage seit heute Morgen intensiv Gedanken gemacht hatte.
„Das ist doch schon ziemlich konkret“, konstatierte Lamprecht und ließ sich zufrieden in den Sessel fallen. „Lassen Sie mich mal machen, Nicolas. Ich habe da schon eine Idee.“ Mehr verriet er sehr zum Leidwesen von Weinert nicht. Sie sprachen noch ein wenig über die übrigen alten Institutskollegen