Verfluchtes Erbe. T.D. Amrein
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Читать онлайн книгу Verfluchtes Erbe - T.D. Amrein страница 12
„Der Herr hat sie uns gegeben und wieder genommen“, antwortete sie. „Sie trifft keine Schuld“.
Das hatte Krüger tief beeindruckt. Natürlich hatte er an ihrem Tod Schuld, daran gab es für ihn keinen Zweifel. Er selbst war nicht religiös. Eine Kirche betrat er höchstens bei Beerdigungen oder bei Hochzeiten. Trotzdem wurde ihm ein Teil der Last genommen. Wie gut, dass er sich der Mutter gestellt hatte.
Die Sitzungen bei der Psychologin hatten ihm dagegen kaum geholfen, dachte er. Obschon irgendwie der dumpfe Schmerz, der ihn ständig begleitete, langsam nachließ.
Gegen das Krankenhaus lief ein Verfahren. Wie sich abzeichnete, kam einer dieser Krankenhauskeime als Ursache in Frage.
Endlich kramte Krüger die Akte Obermann wieder einmal aus der Schublade. In seiner Abwesenheit hatte sie noch ein Stück an Umfang gewonnen: Die Obduktion von Heiko Stohler hatte den Messerstich als alleinige Todesursache ergeben.
Allerdings war Heiko nicht süchtig gewesen, wie Krüger vermutet hatte.
Der lange Bericht der Spurensicherung vom Tatort brachte kaum brauchbare, neue Erkenntnisse. Vieles in der Wohnung konnte man gar nicht mehr untersuchen. Der Abfall lag teilweise seit Jahren herum. Haare von vielen verschiedenen Menschen. Dazwischen auch Hundehaare. Fingerspuren in Mengen, die sich nicht mehr zuordnen ließen.
Offenbar hatte auch einige Zeit ein weibliches Wesen in der Wohnung gelebt. Alte Kosmetik und etwas Damenunterwäsche ließen den Schluss zu. Ein Staubsauger war jedoch nicht vorhanden. Die letzte Reinigung der Wohnung musste Jahre her sein.
Nur die Tatwaffe, trug nebst denen des Opfers frische Fingerspuren. Leider nur verwischte. Und die konnten auch vor der Tat auf das Messer geraten sein.
Ein neues Protokoll über die Vernehmung des Sohnes von Frau Obermann, dem Anwalt, weckte Krüger aus seiner Lethargie. Nach dessen Aussage hatten die Erben gemeinsam auf den Nachlass verzichtet.
***
Kanzlei Walter Obermann. In scharf gestochener Schrift, stand auf dem altmodischen Messingschild, zu lesen, vor dem Krüger bald darauf stand. Kein Hinweis, um welche Art Kanzlei es sich handelte, dachte Krüger. Das fand er doch etwas seltsam. Dreimal hatten sie sich bereits getroffen: in der Wohnung der Mutter, in Walter Obermanns eigener Bleibe und in Krügers Büro.
Um sein Bild zu vervollständigen, wollte Krüger nun auch Obermanns Arbeitsort sehen. Bei Zeugen, die nicht nur etwas gesehen hatten oder ganz zufällig beteiligt waren, ging Krüger oft auf diese Weise vor. Er sagte sich, dass jemand, der einen bestimmten Eindruck auf ihn machen wollte, kaum daran dachte, dies in jeder möglichen Lebenssituation durchzuziehen.
Der Anwalt öffnete persönlich. „Guten Tag, Herr Kommissar. Haben Sie etwas Neues?“, fragte er gleich.
Krüger erwiderte den Gruß. „Leider noch nicht. Aber ich habe noch einige Fragen.“ „Noch mehr Fragen?“, stöhnte Obermann.
Krüger beobachtete ihn genau. Er wirkte eher genervt als erschrocken. „Kommen Sie“, forderte Obermann ihn auf. „Bringen wir es hinter uns“.
Krüger sah sich kurz um. Antike Möbel. Einige echte Gemälde. Alles andere als die Wohnung seiner Mutter.
„Kaffee?“, fragte Obermann, während er auf eine gemütlich wirkende Sitzecke deutete. Krüger lehnte dankend ab. Er wollte dem zu Vernehmenden, keine Zeit zum Nachdenken lassen.
„Also, womit kann ich dienen?“, fragte der Anwalt, nachdem sie beide, Platz genommen hatten.
„Ein Kollege hat Sie kürzlich befragt. Zum Tod von Heiko Stohler“, begann Krüger. „Ich selbst konnte mich einige Tage nicht persönlich um den Fall kümmern. Aber ich habe das Protokoll gelesen. Darin steht, dass Sie auf das Erbe Ihrer Mutter verzichten?“
„Ach so“, antwortete Obermann. „Das hätte ich mir ja denken können, dass Sie das beschäftigt“.
„Inwiefern?“, fragte Krüger.
„Weil das auf ein Motiv hinweisen könnte“, antwortete Obermann.
„Ein Motiv“, gab Krüger zurück. „Sie werden doch gar nicht verdächtigt?“ „Woher weiß ich das?“, antwortete der Anwalt. „Es wäre doch naheliegend, dass die Erben ihre Anzahl verkleinern wollten, um die Anteile zu erhöhen. Oder nicht?“
Krüger konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. „So einfach sind wir nun auch wieder nicht gestrickt“, gab er zurück. „Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass Sie etwas verbergen wollen. Etwas, das auf keinen Fall ans Licht kommen soll“, fuhr Krüger fort. „Falls Sie Recht haben sollten“, antwortete Obermann. „Dann erwarten Sie doch nicht wirklich, dass ich Ihnen darauf antworte?“
„Ich habe zwei Morde aufzuklären“, stellte Krüger fest. „Ich kann nicht auf jedermanns Befindlichkeiten Rücksicht nehmen.
Wie gesagt, ich verdächtige Sie nicht. Aber Sie könnten mir trotzdem helfen, den richtigen Täter zu finden. Das sollte doch auch in Ihrem Interesse liegen? Oder nicht?“, passte sich Krüger an.
Obermann schwieg.
„Wollen Sie denn gar nicht wissen, wer Ihre Mutter umgebracht hat?“, hakte Krüger nach.
„Der Mörder meiner Mutter heißt Heiko Stohler“, antwortete der Anwalt. „Daran besteht für mich absolut kein Zweifel. Er hat seine verdiente Strafe bekommen. Von wem auch immer. Selbst wenn ich mich dadurch belasten sollte: Ich bin froh darüber.“
„Was macht Sie so sicher?“, wollte Krüger wissen.
„Er war ein Strolch. Ein Nichtsnutz“, ereiferte sich Obermann. „Ständig hat er Mutter um Geld angegangen. Obschon er genau wusste, dass sie selbst nichts zu verschenken hatte.
Wie oft haben wir versucht, ihm eine leichte Arbeit zu vermitteln. Alles hat er vermasselt. Er erschien nie zur rechten Zeit am Arbeitsplatz. Bei Gelegenheit hat er die Kaffeekasse mitgehen lassen. Nur Ärger hat er gebracht.“ „Das macht ihn noch nicht zum Mörder“, warf Krüger ein. „Natürlich nicht“, antwortete Obermann. „Ich denke, dass er irgendwie mitbekommen hat, dass Mutter etwas besitzt, das er erben könnte.“ „War das denn nicht bekannt?“, fragte Krüger.
„Nein“, antwortete der Anwalt. „Keiner von uns hat darüber Bescheid gewusst.“ „Und der Diamantring?“ Krüger sah ihn eindringlich an. „Der soll doch echt und sehr wertvoll gewesen sein.“
Obermann lachte auf. „Das war so eine Familiensage. Einfach nicht totzukriegen. Dieser Ring bestand aus Glaskristall. Ein paar Mark wert, wenn es hochkommt. Wer dieses Gerücht vor Jahren in Umlauf gesetzt hat, lässt sich natürlich nicht mehr herausfinden.“ „Zumindest Ihre Schwester schien jedoch davon überzeugt. Sie hat uns einen Wert von zwanzigtausend Mark angegeben“, stellte Krüger trocken fest.
„Ja, das war nicht sehr klug von ihr“, antwortete der Anwalt. „Wir haben darüber gesprochen. Sie hat das wirklich geglaubt.“
„Wann haben Sie darüber gesprochen?“, wollte Krüger wissen. „Schon vor oder erst nach dem Tod Ihrer Mutter?“
„Ernsthaft,