Frau mit rotem Hut. Erich Hübener

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Frau mit rotem Hut - Erich Hübener

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spanischen Inseln verboten. Es gab nur wenige Ausnahmen, wo es erlaubt war. Und dies hier schien so eine Ausnahme zu sein.

      Die Spanier mieden die Sonne. Sie konnten gar nicht verstehen, dass sich die Touristen freiwillig – mehr oder weniger bekleidet – in die Sonne legten und damit einen Sonnenbrand riskierten. Sie selbst zogen sich in der Mittagszeit für drei bis vier Stunden in ihre Häuser oder die schattigen Innenhöfe zurück und machten „Siesta“. Und sie badeten auch nicht im Meer. Das Meer war für sie Freund und Feind zugleich. Sie lebten hauptsächlich von dem, was ihnen das Meer gab, fürchteten es aber zugleich, denn mancher Mann war vom Fischfang nicht wieder zurückgekehrt.

      Winner betrat das Restaurant, um die Toilette aufzusuchen. Der Gastraum bot Platz für mindestens 30 bis 40 Gäste. Die dem Meer zugewandte Seite des Raumes bestand fast nur aus Glas. Winner setzte sich einen Moment, um den herrlichen Ausblick zu genießen. Dabei fiel sein Blick auf ein Bild an der gegenüberliegenden Wand. Man sah den Kopf einer Frau mit einem roten Hut, wobei der Hut das Bild dominierte. Vom Gesicht sah man im Grunde nur den Mund: Zwei schmale rote Lippen. Die Augen sah man nicht. Sie waren durch die Hutkrempe verdeckt. Die Frau trug offensichtlich kurzes dunkles Haar, das vom Hut weitgehend verdeckt wurde. Ansonsten fiel ein goldener Ohrclip auf, den die Frau im rechten Ohr trug.

      Winner trat näher an das Bild heran und stellte fest, dass es sich lediglich um eine Reproduktion handelte. Natürlich, dachte er, wer würde auch ein Original in den Speisesaal eines Restaurants hängen. Aber warum hatte der Maler das Bild so gemalt? Warum sah man die Augen nicht? Sollte man die Frau nicht erkennen oder war der Maler mit dem Portrait nicht fertig geworden, aus welchen Gründen auch immer?

      Währen Winner sich noch Gedanken über die Beweggründe des Malers machte, trat der Kellner neben ihn. Als Winner es bemerkte sagte er, ohne den Blick von dem Bild zu wenden: „Sehr schön.“

      Der Kellner nickte und sagte: „Si, Señor, esta bien.“ Dann blickte er sich nach rechts und nach links um, als wollte er sich vergewissern, dass ihm niemand zuhörte und sagte dann auf Deutsch: „Aber verschwunden.“

      Winner sah den Kellner überrascht an: „Verschwunden?“ fragte er und runzelte die Stirn.

      „Si, Señor, verschwunden“, wiederholte der Kellner.

      Aber noch ehe Winner etwas näher nachfragen konnte, war das Gespräch urplötzlich zu Ende. Als der Koch den Kopf durch die Luke steckte, durch die normalerweise die Speisen aus der Küche in den Speisesaal gereicht wurden, nahm der Kellner sofort die für seinen Beruf übliche Diensthaltung an und fragte: „Wollen Sie etwas essen?“

      Winner schüttelte den Kopf und hätte sich stattdessen liebend gerne noch ein bisschen mit dem Kellner unterhalten, aber der war urplötzlich verschwunden und tauchte auch nicht wieder auf, so lange Winner sich in dem Raum aufhielt. Also warf er noch einen langen, fragenden und verwunderten Blick auf das Bild und verließ das Restaurant. Er sah auch keine Chance, den Kellner heute noch einmal zu Gesicht zu bekommen. Er bestieg sein Rad und fuhr durch die Dünen auf einem Schotterweg nach Mala zurück. Aus der Ferne sah er noch einmal die Burgruine. Und schon begann er wieder darüber nachzudenken, welchen Zweck sie einmal erfüllt haben mochte.

      In der darauffolgenden Nacht schlief Winner sehr unruhig. Er träumte von der Burg und dem Unbekannten, den er da oben vermutet hatte. Jetzt sah er ihn förmlich vor sich: es war die Frau mit dem roten Hut, die Frau ohne Gesicht, oder? - - - Nein, es war ein Mann, ein Pirat mit einem großen roten Hut, der soeben einem mittelalterlichen Film entsprungen sein konnte. Er huschte durch die Ruine wie ein Gespenst. Suchte er dort etwas oder versteckte er gerade einen Piratenschatz? Dann hatte er Winner entdeckt und stürmte mit einer Machete auf ihn zu. Aber dann fiel ein Balken vom Dach und erschlug das Gespenst vor Winners Augen.

      Er erwachte mitten in der Nacht schweißgebadet. Und als er sich den Traum noch einmal ins Gedächtnis rief hatte er eine Idee: Genau, dachte er, Piraten! Wahrscheinlich war die Ruine früher ein Piratennest. Von dort aus konnte man das Meer weit überblicken und alle Schiffe, die von Norden nach Süden wollten – oder umgekehrt – mussten durch diese Meerenge zwischen Lanzarote und dem afrikanischen Festland. Das war sicher ein strategisch wichtiger Punkt. Die Burg hätte zwar weithin sichtbar auf dem Berg gethront, aber sie wäre für Angreifer doch nur schwer erreichbar gewesen. Und im Angriffsfall wäre der Turm ein sicherer Zufluchtsort gewesen.

      Vielleicht war es aber auch genau umgekehrt. Vielleicht war die Burg gerade zur Abwehr von Piraten gebaut worden. Denn von dort oben hätte man die Angreifer auf dem Meer schon von Weitem ausmachen und sich rechtzeitig auf die Verteidigung der Insel vorbereiten können.

      Aber was machte die Frau mit dem roten Hut in seinem Traum? Natürlich war das Verhalten des Kellners schon eigenartig gewesen. Aber was ging es ihn eigentlich an? Er war hier um sich zu erholen und nicht um ungeklärte Fragen zu lösen. Außerdem hatte er hier ja sowieso keine Polizeigewalt. Trotzdem meldete sich der Falke in ihm. Und selbst nach einer halben Flasche Rotwein konnte er immer noch nicht richtig schlafen. Immer wieder kreisten seine Gedanken um das ominöse Wort des Kellners: verschwunden.

      Quiz 2: Wer oder was ist verschwunden?

      a) Das Originalbild?

      b) Die Frau, die auf dem Bild dargestellt ist?

      c) Der Maler?

      Kreuzen Sie jetzt bitte an!

      Der Boss (2)

      Irgendwo in Deutschland klingelte ein Telefon. Eine etwas müde Männerstimme sagte: „Ja!“

      „Ja, Boss, wir sollten dich doch immer informieren.“

      „Und, was mache unser Freund?“

      „Er fährt Fahrrad.“

      „Was fährt der, Fahrrad?“ Der Boss lachte. „Zu mehr reicht es bei ihm wohl nicht, ha, ha, ha. Und wo ist er mit dem Fahrrad gewesen?“

      „Er hat sich in der Ruine rumgetrieben. Da haben wir ihm einen Balken auf den Kopf geworfen.“

      „Und? Habt ihr ihn erwischt?“

      „Nee, nicht ganz. Aber es hat ihn ganz schön erschreckt.“

      „Das sollte es ja auch. Vielleicht haut er jetzt ja ab.“

      „Und dann war er im Romantika. Und der Kellner sagt, er hätte sich besonders für das Bild interessiert.“

      „Nützt ihm das was?“

      „Nee, Boss, nicht in echt.“

      „Beobachtet ihn trotzdem weiter. Und versucht ihn zu verscheuchen, klar?

      „Ja, klar, Boss. Ende und aus.“

      Dritter Tag: Die Verhaftung

      Winner wurde am nächsten Morgen durch ein Geräusch geweckt, das er zunächst nicht zuordnen konnte. Es hatte geklungen wie ein alter Wecker oder wie eine Haustürklingel. Er öffnete die Augen und stellte fest, dass es draußen gerade erst dämmerte. Er schaute auf die Uhr und sah, dass es 6.15 Uhr war. Wer – zum Teufel – sollte um diese Zeit etwas von ihm wollen?

      Als es das zweite Mal klingelte richtete er sich im Bett auf. Es war tatsächlich seine Haustürklingel. Er

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