Frau mit rotem Hut. Erich Hübener

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Frau mit rotem Hut - Erich Hübener

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bog beim Restaurant „Don Quijote“ rechts ab und folgte der Straße, so wie sein Freund Jan de Fries es ihm beschrieben hatte. Und schon nach wenigen Minuten erreichte er das Haus, das zu der Beschreibung passte. Er klingelt an der Tür des Nachbarhauses. Eine Frau mittleren Alters und typisch spanischem Aussehen öffnete und sagte: „Ach ja, Sie sind wohl Herr Sommer aus Deutschland. Jan hat mir angerufen und chesacht, dass Sie koomen. Hier ist die Schlüssel und wenn Sie etwas brauchen, koomen Sie einfach ßu mich.“

      Winner war froh, dass die Frau Deutsch sprach, wenn auch mit deutlich holländischem Akzent. Na, wen wundert‘s.

      Winner fand das Haus gleich sehr sympathisch. Neben einem kleinen Flur war gleich links die Küche, gegenüber Bad und WC und geradeaus kam man ins Wohnzimmer und hinten links zum Schlafzimmer. Das Wohnzimmer war recht groß und hatte auf der Südseite eine Glasfront mit einer Tür, die direkt auf die angrenzende Terrasse führte. Im gesamten Haus gab es keine Gardinen. Das war zwar ungewohnt, aber Winner wusste, dass es typisch holländisch war. Denn von seinen Besuchen in Holland erinnerte er sich daran, dass es dort kaum Gardinen gab, und wenn doch, dann nur halbhohe. Meist konnte man vom Bürgersteig aus durch das ganze Haus hindurchsehen.

      Neben dem Haus gab es einen kleinen Anbau, den man wohl als Garage hätte nutzen können. Aber er war leer, bis auf ein Fahrrad, das einsam an der Wand lehnte. Das kam Winner gerade recht, denn er fuhr gerne mit dem Rad, auch wenn er sich hier ein wenig vor den bergigen Straßen fürchtete. Er machte sich gleich auf den Weg und fuhr nach Guatiza, dem Nachbarort, in dem er an der Straße einen „Supermarkt“ gesehen hatte.

      Als er dort ankam stellte er fest, dass die Bezeichnung „Supermercado“ wohl ein bisschen übertrieben war. Aber das Angebot war überraschend reichhaltig und man konnte dort so ziemlich alles kaufen, was man zum täglich Leben brauchte: Brot, Gemüse, diverse Konserven, Butter oder Margarine, Käse, Getränke aller Art, vor allem Wasser – denn das Leitungswasser auf Lanzarote war nicht zum Verzehr geeignet - Tiefkühlkost in einer Gefriertruhe und sogar eine Frischfleischtheke mit diversen Fleisch- und Wurstwaren.

      Winner kaufte erst einmal alles, was er zum Frühstück brauchte: Kaffee, frische Brötchen, Marmelade und Milch. Dann überlegte er, was er in den nächsten Tagen kochen wollte, denn er war ein leidenschaftlicher Hobbykoch und hatte ja in seiner Ferienwohnung eine komplett eingerichtete Küche. Warum also nicht? Aber das Gemüse gefiel ihm gar nicht: Die Paprika waren schrumpelig, der Salat welk und die Tomaten überreif. Darum fragte er den Verkäufer, wann es frisches Gemüse gäbe. „Mañana“, sagte er. Aber Winner wusste, dass das Vieles bedeuten konnte. Es hieß nicht unbedingt „morgen“, also am nächsten Tag, sondern es konnte auch „demnächst“ meinen oder sogar letztendlich „in undefinierbarer Zukunft“, so wie in Griechenland das Wort „awrio“, das eigentlich „morgen“ meint, aber auch durchaus „in den nächsten Tagen“ bedeuten kann.

      Winner gab sich mit der Antwort zufrieden und kaufte lediglich Kartoffeln, Zucchini, Zwiebeln und zwei Putensteaks. Daraus ließe sich seiner Meinung nach durchaus ein schmackhaftes Gericht zubereiten. Aber heute nicht mehr. Stattdessen beschloss er im „Don Quijote“ essen zu gehen. Das war zu Fuß gut zu erreichen und sah einladend aus. Außerdem hatte ihm der Name schon bei seiner Ankunft mit dem Bus gefallen.

      Isabel

       Isabel spielte am liebsten mit Diego. Er war der Sohn des Nachbarn und etwas älter als sie. Isabels Vater sah es allerdings gar nicht gerne. Schließlich war sie die jüngste Tochter des reichen Weinbauern und Diego nur der Sohn eines Kameltreibers. Diego fand allerdings, dass sein Vater ein wichtiger Mann auf Lanzarote war. Schon sein Großvater war Kameltreiber gewesen. Er hatte die Kamelkarawane geführt, die früher das Trinkwasser in hölzernen Fässern vom Hafen in die Dörfer und zu den abgelegenen Häusern gebracht hatte. Trinkwasser war wertvoll auf Lanzarote, denn es gab kein Grundwasser, das man anzapfen konnte und das Regenwasser, das die Einwohner in Zisternen und Brunnen sammelten, verdarb schnell und man konnte es oft schon nach wenigen Wochen nicht mehr trinken. Es reichte dann gerade noch zum Tränken der Ziegen und Kamele oder zum Bewässern der Pflanzen. Und so gesehen war der Kameltreiber schon ein wichtiger Beruf. Zwar transportierte sein Vater auf den Kamelen keine Wasserfässer mehr, sondern die Touristen in den Feuerbergen, aber auch das war ein verantwortungsvoller Beruf.

       Isabel war gerne in dem Haus ihres Freundes. Sie liebte die Tiere und war glücklich, wenn sie auf einem der Kamele reiten durfte. Am meisten liebte sie allerdings Diegos Opa Albertos. Am Nachmittag, wenn die Sonne nicht mehr so heiß schien, saßen sie oft gemeinsam auf der Bank in der Laube, die über und über von einer lila blühenden Bougainvillea überwuchert war. Der Opa konnte so schöne alte Geschichten erzählen und Isabel hörte am liebsten die Geschichte von dem bösen Vulkan: „Das ist nun schon fast dreihundert Jahre her“ , begann der Opa seine Erzählung immer, „damals lebten schon viele Menschen auf dieser Insel. Und sie bauten Häuser und legten Felder an, weil sie meinten, dass die Vulkane ein für alle Mal erloschen wären. Aber die Vulkane haben nur geschlafen. Eines Tages wachten sie auf und brachen aus. Als die ersten Dampfwolken aus dem Vulkan aufstiegen und die Erde erzitterte, flohen die Bewohner aus dem Süden nach Norden und an die Küste. Beim zweiten Beben stieß der Vulkan Steine und riesige Aschewolken aus. Als die Erde zum dritten Mal erzitterte trat glühende Lava aus dem Vulkan und lief den Berg hinunter, direkt auf ein Dorf zu. Alle Menschen flohen vor Angst und Schrecken. Nur der Priester blieb dort und betete in der Kirche. Er sagte, er werde die Kirche bis zuletzt verteidigen, selbst wenn er dabei sterben würde. Als die Lava auf die Kirche zufloss nahm der Priester das Altarkreuz, ging hinaus vor die Kirche und hielt es dem Lavastrom entgegen. Und das Wunder geschah: Nur wenige Meter vor der Kirche stoppte der Lavastrom und die Kirche blieb verschont.

       Aber der Vulkan tobte weiter, dreißig Jahre lang. Als die Menschen auf ihre Insel zurückkehrten waren alle Häuser zerstört und alle Äcker unter einer dicken Lavaschicht verschüttet. Aber sie begannen von vorn, bauten neue Häuser und gruben sich durch die Ascheschicht, bis sie den alten fruchtbaren Grund wieder gefunden hatten. Ja, so war das“, schloss Opa Albertos seine Geschichte. Dann zeigte er auf die gegenüberliegenden Feuerberge und sagte: „Und bis heute hat der Vulkan stillgehalten.“

      

      Don Quijote

      Im „Don Quijote“ wurde Winner von einer jungen Frau auf Deutsch begrüßt.

      „Guten Abend. Möchten Sie etwas Essen oder nur etwas Trinken?“

      „Beides“, antwortete Winner und war erfreut, dass er schon wieder jemanden auf dieser spanischen Insel gefunden hatte, der Deutsch sprach.

      „Schau’n Sie mal in die Speisekarte“, sagte sie. „Aber inzwischen kann ich Ihnen ja schon einmal etwas zu Trinken bringen. Was möchten Sie denn?“

      „Ach“, sagte er, „bringen Sie mir bitte einen halben Liter Ihres Hausweins und ein Wasser `sin Gas´.“

      „Also ohne Kohlensäure“, bestätigte sie. „Aber Sie können ruhig Deutsch mit mir reden. Ich bin zwar aus Polen und meine Aussprache ist nicht unbedingt perfekt, aber ich verstehe alles.“

      „Und woher sprechen Sie so gut Deutsch?“, fragte Winner.

      „Weil mein Mann Deutscher ist. Und für die Touristen war es sinnvoller, dass ich Deutsch lernte, als mein Mann Polnisch.“

      „Ja, da haben Sie wohl Recht“, stellte Winner fest, „polnische Touristen kommen hier sicher selten vorbei, oder?“

      „Ach“,

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