Kaana. Rudolf Jedele

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Kaana - Rudolf Jedele

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Unterfangen.

      Kaum hatte er die Augen geschlossen und seinen Gedanken gestattet, sich von den Sorgen und Nöten der Flucht abzuwenden, waren die Bilder wieder da.

      Doch sie hatten sich verändert.

      Es waren jetzt seltsamer Weise nicht mehr die Gesichter von Azawa und seinen Töchtern, die ihn umtanzten. Sein Geist hatte also den Tod dieser Menschen verarbeitet.

      Um Azawa tat es Joshara auch nicht wirklich leid, denn sie hatte ohne das geringste Zögern und Grundlos ihn und sein Geheimnis verraten. Damit war bei dem alten Mann die Gier nach Macht, nach noch mehr Macht, geweckt worden. Azawa war ihm, der ihr mehrere Jahre lang ein bequemes und schönes Leben ermöglichte, in den Rücken gefallen und sie hatte es auch nicht verstanden, ihre Töchter vor den geilen Klauen des Alten zu schützen. Azawa hatte den Tod streng genommen verdient, obwohl Joshara bedauerte, dass ausgerechnet er zu ihrem Richter geworden war.

      Auch um seine Töchter trauerte er nicht, denn er wusste, welches Schicksal ihnen durch die Geilheit und die Rachsucht des Clansvater beschieden gewesen wäre. Kirgis Tat hatte einen Fluch auf sie geladen. Kein Jäger der Berge hätte die Mädchen Zeit ihres Lebens jemals angefasst. Sie wären Ausgestoßene geworden, Menschen ohne Bindung an einen Clan oder eine Familie. Er hatte richtig gehandelt, als er sie tötete.

      Die Gesichter der Söhne von Kirgis waren es, die ihm zu schaffen machten und ihn nicht zur Ruhe kommen ließen. Ihre anklagenden Blicke, ihre hilflose Angst, als sie erkennen mussten, mit welch überlegenem Gegner sie sich eingelassen hatten. Ihre Angst vor den Schnitten und Stichen der eisernen Klinge in Josharas Hand, die Furcht vor dem Unbekannten. Sein Schwert, so empfand Joshara es, hatte die Seelen der drei Männer eingesaugt und nun tobten sie sich am Träger des Schwertes aus.

      Joshara fragte sich allen Ernstes, ob das Metall daran Schuld hatte oder einfach die Tatsache, dass man in den Bergen zwar als Jäger aufwuchs, doch niemals als Krieger. Es gab keine Kriege in den Bergen. Dazu waren die Clans zu klein und lebten unter zu schwierigen Umständen.

      Joshara lag lange wach. Das Feuer war längst herunter gebrannt und erloschen, seine Augen suchten außerhalb der überhängenden Felsklippe den Nachthimmel nach Sternbildern ab, in der Hoffnung in diesen vielleicht Trost und Ablenkung von den Bildern des Todes zu finden. Der Himmel war aber dicht bewölkt, kein einziger Stern war zu sehen und dann begann es wieder zu schneien.

      War es der Tanz der Schneeflocken, die in Josharas Gehirn plötzlich Entspannung einkehren ließen? War es die Gewissheit, dass er in dieser Nacht ganz sicher nicht mit einem Angriff seiner verbliebenen Verfolger rechnen brauchte?

      Was immer es war, plötzlich schlief Joshara doch ein. Er schlief tief und fest. Den Schlaf eines Handwerkers in einer festen und sicheren Behausung, nicht den seichten Schlaf des Jägers und Flüchtlings.

      Preis der Freiheit

      Als Joshara in der Morgendämmerung des nächsten Tages erwachte, fühlte er sich frisch und stark wie lange nicht mehr. Er sah unter der Felsklippe hinaus auf einen bleigrauen Himmel, an dem schwere graubraune Wolken dahin zogen, die noch weiteren Schneefall verkündeten. Er überlegte sich, ob er seinen Weg bei einem solchen Wetter überhaupt fortsetzen konnte und kam zu dem Ergebnis, dass er einen weiteren Ruhetag unter diesem Überhang einlegen würde. Einen Tag oder wenn es sein musste auch mehrere Ruhetage, denn auch seine Verfolger konnten in diesen unglaublichen Massen schweren, nassen Frühjahrsschnee nicht in den Bergen herum steigen und nach ihm suchen. Sie würden in ihrer Beweglichkeit ebenso eingeschränkt sein, wie er selbst.

      Joshara kroch aus seinen Fellen, suchte in den Büschen unter der Felsklippe dürres Reisig und brennbares Holz, dann fachte er sein Feuer wieder an und kroch in die Felle zurück. Er blieb bis weit in den Tag hinein einfach in seinen Fellen liegen, denn dort hatte er es angenehm warm und trocken und verbrauchte praktisch keine Energie. In seinem Teetopf schmolz er Schnee und hatte damit genug zu trinken. Sein Körper dankte ihm für diese Erholungsphase, in dem er mit einem immer wiederkehrenden Schlafbedürfnis reagierte. Erstaunlicherweise gelang es ihm jetzt, bei Tageslicht, weitaus besser, die Bilder der toten Söhne Kirgis aus seinem Kopf zu verbannen und so brachte er mehrere Schlafphasen hinter sich und nach jeder dieser Phasen fühlte er sich frischer und stärker. Doch dann, im Laufe des Nachmittags, begann Joshara unruhig zu werden. Er spürte, dass sich das Wetter änderte. Es hatte aufgehört zu schneien, die Wolkendecke war aufgerissen und nun konnte er unter dem Überhang hervor einen makellos hellblauen Himmel erkennen. Die Bäume an den Berghängen hingegen wirkten schwarz und bedrohlich und es blies ein leichter Wind von der Steppe herauf, der deutlich wärmer war als alles andere, das er in den letzten fünf Monden gespürt hatte.

      Der Fön war gekommen und ohne sich groß anzustrengen, konnte er zusehen, wie der warme Südwind den Schnee schmolz und in beängstigender Geschwindigkeit schwinden ließ.

      Drei Tage lang blies der Fön und es wurde von Tag zu Tag wärmer. Am dritten Tag war der gesamte Schnee bis weit hinauf unter die Gipfel weggetaut und überall begann bereits junges Gras durchsetzt mit Frühlingsblumen und blühenden Kräutern zu sprießen. Die Berge hatten sich über Nacht mit einem lindgrünen Schleier überzogen und es wurde allerhöchste Zeit, dass er seine Flucht fortsetzte.

      Er brach unmittelbar nach Sonnenaufgang auf und erreichte im Verlauf eines einzigen Tages eine Stelle, die er unschwer als das erkannte, was sie auch tatsächlich war.

      Hier war die Grenze des Hiron – Gebirges. Seine Flucht ging langsam aber sicher zu Ende. Nur noch ein einziges, aber gewaltiges Hindernis war zu überwinden:

      Eine nahezu senkrecht abfallende Wand, schroff und wild und gefährlich. Sie dehnte sich sowohl nach Osten als auch nach Westen aus und in keiner Richtung konnte er ein Ende oder einen etwas einfacheren Abstieg erkennen.

      Er blickte über die Kante der Felswand hinunter und sah vielleicht tausend Schritte unter sich eine Geröllhalde, die vermutlich noch einmal um die tausend Schritte hinunter führte und erst dort unten, am Fuß dieser Geröllhalde begann die Welt, die er sich als Ziel auserkoren hatte.

      Unter ihm und vor ihm lag Kaana.

      Joshara hielt unwillkürlich die Luft bei dem Anblick an, der sich ihm bot. Er starrte hinaus in die grüne Unendlichkeit der Steppe. Auch dort unten war es Frühling und nach der Schneeschmelze dehnte sich ein smaragdgrüner Ozean aus wogendem Gras bis an alle Horizonte. Nirgendwo konnte er ein Ende der Steppe entdecken, nirgendwo eine Grenze erkennen. Die Weite des Graslandes von seiner Position aus zu sehen, war beängstigend. Seine Augen waren die Bergwelt gewohnt, wo es kaum einmal größere Entfernungen gab in die man blicken konnte, ohne dass das Auge sich an irgendetwas festmachen konnte. Die Berge begrenzten alles und ließen es scheinbar überschaubar werden. Die Steppe Kaana hingegen schien ihm Unendlich zu sein.

      Unendlich und wie es schien, absolut eben.

      Die Luft war frühlingshaft klar und seine Blicke wurden deshalb durch nichts gestört. Kein Dunst, keine Wolke, kein auch noch so kleiner Nebelfetzen, nichts das ihn daran hinderte, in diese Unendlichkeit hinaus zu schauen und … Furcht in sich aufsteigen fühlen.

      Es war nicht die konkrete Furcht vor einer unmittelbaren Gefahr, die er heran kriechen fühlte, es war eher ein vages Gefühl, eine aus der Tiefe seines Ichs kommende Beklemmung. Ein Gefühl, das langsam im stärker wurde und dazu führte, dass er sich fragte, ob seine Entscheidung zur Flucht aus den Bergen und weg von seinem Clan vielleicht doch nicht richtig gewesen war.

      Wäre es nicht doch vernünftiger gewesen, sich den Forderungen und

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