Top Angebot - Schnell zugreifen. Marlin Schenk
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Читать онлайн книгу Top Angebot - Schnell zugreifen - Marlin Schenk страница 6
Eberhard rieb seine Schürze, unter der sich ein ansehnliches Verdauungsorgan spannte. „Unsinn. Ich wünschte, ich hätte ihre Figur. Komm, Annette, ich spendiere dir einen Krefelder, ja?“
Zwei Wesen kämpften in ihr, bis die Lust nach einem Colabier siegte. „So werde ich nie Model“, stöhnte sie.
Jockel forderte Eberhards Rat. „Sag mal was. Mit diesen blonden Haaren, die wie Seide bis auf die Taille fallen, mit diesem Engelsgesicht und dem Liebreiz, den sie ausstrahlt, steht ihr doch eine Weltkarriere offen.“
„Natürlich“, schwor Eberhard.
„Du sollst zapfen und nicht dumm daherreden“, donnerte Helga, die auf ihre sechs Bier wartete.
„Gleich ist eh Schluss“, sagte Eberhard. „Es ist fast ein Uhr. Erst letzte Woche habe ich eine saftige Strafe wegen wiederholten Ignorierens der Sperrstunde bezahlt. Und ich will nicht, dass der Laden dichtgemacht wird. Die letzte Runde“, trommelte er. „Jeder kann noch ein Getränk bestellen, und dann ist Schluss.“
Die Menge meuterte, aber an diesem Abend blieb Eberhard stur, und eine halbe Stunde später war die Kneipe geräumt.
Eberhard war einer jener Scherzkekse, die sich einen Spaß daraus machten, anderen auf die Nerven zu gehen. In gewisser Weise konnte man ihm eine Spur Sadismus bescheinigen, denn er konnte sich köstlich amüsieren, wenn es ihm gelang, jemanden bis auf die Knochen zu erschrecken, wenn jemand einen von ihm präparierten Gegenstand anfasste, oder wenn er jemanden zur Weißglut getrieben hatte. So war es schon früher, als die Boltersdorf-Brüder noch Jungs waren, und so war es bis heute geblieben. Rainer eignete sich da hervorragend als Objekt. Er konnte sich so herrlich-leicht aufregen. Auch heute war er wieder reif, denn als Annette und Jockel gegangen waren und Helga die letzten Gläser spülte, ging Eberhard zum Telefon. „Mal sehen, ob mein Bruder schon schläft“, sagte er.
„Lass ihn doch in Frieden“, sagte Helga gedehnt und müde. „Er muss morgen früh raus.“
Helgas Worte verschallten ungehört in dem nun fast leeren Gastraum. Eberhard nahm den Hörer ab und wählte Rainers Nummer. „Seine Schuld, wenn er Bäcker ist.“ Endlos tutete der Freiton. „Mein Gott, hat der einen Schlaf. Aha. Na endlich.“
Rainers verschlafene Stimme erschien am anderen Ende der Leitung. „Boltersdorf.
„Backen Sie morgen Brötchen?“ fragte Eberhard.
Rainer war zu verschlafen, um geeignet reagieren zu können, sodass ihm nur ein laues ‘selbstverständlich’ über die Lippen kam.
„Dann backen Sie mir bitte eins mit, ja?“
Ein Rascheln vermittelte Eberhard, dass Rainer aus den Federn hochfuhr. „Eberhard, du miese asiatische Buckelwutz“, dröhnte es blechern. „Das ist nun schon das dritte Mal in diesem Monat, dass du mich mit so einem Scheiß nachts aus dem Bett klingelst. Letzten Freitag wolltest du dir eine Mistgabel leihen, davor hast du gefragt, ob ich meine Schlaftabletten genommen hätte. Gehen dir nicht bald die Ideen aus? Noch ein Anruf, und wir sind geschiedene Leute. Merk dir das.“
Der Hörer krachte auf die Gabel.
Eberhard schwitzte vor Lachen. „Ganz schön sauer, mein Bruder“, keuchte er.
„Ist ja wohl kein Wunder“, sagte Helga grinsend, auch wenn sie es zu verbergen versuchte. „Stell dir vor, das würde jemand mit dir machen.“ „Geht nicht“, sagte Eberhard schniefend. „Wir haben ja kein Telefon im Schlafzimmer.“ „Bis du ihn wieder einmal brauchst, nicht wahr? Würde mich nicht wundern, wenn er dann ‘nein’ sagen sollte.“ „Ist ja gut“, sagte Eberhard. „Bist du fertig? Dann lass uns gehen.“ „Oh ja, ich bin fertig, Herr Boltersdorf. Hättest mir ruhig ein wenig helfen können. Dass mir von der Arbeit das Kreuz und die Füße wehtun, juckt dich überhaupt nicht.“ „Komm, Liebes.“ Eberhard legte seinen Arm um Helgas Schulter. „Morgen sieht alles wieder ganz anders aus. Dann schlafen wir schön lange, holen uns bei Rainer frische Brötchen, frühstücken gut und machen dann einen Bummel durch die Altstadt, ja?“ Helga nickte, und dann verließen sie müde die Gaststube.
2. Kapitel
Wie wohl man sich doch fühlt, wenn man gut geschlafen hat und der junge Tag ein sonniger ist. „Ha, ist das herrlich heute!“ Eberhard war allerbester Laune, als er sich am nächsten Morgen wie versprochen mit Helga durch die Menschenmengen in der Altstadt grub.
Auch Rainer hatte es mollig warm. Nicht irgendwo im Freien, wo ihm die Altweibersonne seine vollen, dunkelblonden Haare aufheizte, sondern in der Backstube, wo er gähnte und den Unmut auf seinen Bruder konzentrierte, ‘diesen verdammten Mistkerl’, der ihn nachts wachrasselte.
Rainer hatte gerade einen Korb mit frischen Brötchen und Weißbroten bestückt. Nun, da er ihn aufnehmen wollte, bückte er sich, krallte seine Fäuste um die Griffe, dass die Knöchel weiß hervortraten und gähnte erneut, dass man mit einer Luftflinte auf sein Gaumensegel hätte ballern können. Nach Eberhards nächtlicher Erkundigung hatte Rainer nicht mehr einschlafen können, weil er wieder einmal darüber nachdenken musste, wie er es diesem ‘miesen Specht’ heimzahlen könnte. Erst Minuten, bevor der Wecker rasselte - so schien es ihm zumindest - war er noch einmal weggetreten. Das Erwachen danach hatte sich als entsprechend grausig erwiesen, weshalb er nun müde und auf breiigen Beinen mit dem Korb zu seinem Kombi im Hof schlurfte, ihn in den Kofferraum stellte und wieder zurück schlich. „Um ein Uhr nachts weckt mich dieser Lump“, brummelte er. „Mein Herr Bruder kann morgens bis zehn Uhr in der Kiste liegen, während ich in der Backstube schwitze. Und dann hat er auch noch die Unverfrorenheit, bei mir seine Brötchen zum Frühstück einzukaufen. Aber das zahle ich dir heim, Eberhard. Glaub ja nicht, dass du dir diesen Spaß noch öfter erlauben kannst.“
Auch Lotte hatte das Telefon gehört, war aber danach gleich wieder eingeschlafen. Dennoch litt sie an diesem Morgen unter stresslichen Hormonschüben, verursacht durch einige Kunden und deren Wünsche. Die Ausschüttungen ließen sie nun vom Laden in die Backstube stürzen, die eigenen Beine als Stolperknüppel in der Quere. „Haben wir noch Weißbrote?“ fragte sie, als sie in die Mehlküche gefallen kam.
Rainer gähnte wieder und schüttelte sich, dass die Backen wackelten. „Nein.“
Lotte hob hilflos die Hände. „Die Leute kaufen heute wie verrückt Weißbrot. Können wir noch welches backen?“
Rainer drückte sich hoch und stemmte eine Hand ins Kreuz, wobei er schmerzhaft das Gesicht verzog. Er blies hörbar aus. „Nutzt wohl jeder noch mal das warme Wetter für eine letzte Grillparty“, stöhnte er. „Aber wie soll ich denn jetzt noch einmal Weißbrot backen? Dann werde ich ja mit den Auslieferungen nicht fertig.“ Er ging vorsichtig in die Knie, hob den Korb und zeigte ihn Lotte.
„Da sind ja noch Weißbrote“, rief sie.
„Alles vorbestellt.“ Rainer drehte sich um, ging nach draußen und ließ Lotte mit ihrem Problem allein.
„Aber es fehlen mindestens zwanzig Brote“, rief Lotte ihm nach.
„Warum bestellen diese Menschen dann das Brot nicht vor?“ brüllte er vom Hof aus und hoffte, dass alle im Laden es hören würden. „Wir haben schon seit Tagen schönes Wetter.“ Er schob den Korb in den Kombi und ging wieder zurück in die