Top Angebot - Schnell zugreifen. Marlin Schenk
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„Alles gerammelt voll“, sagte Rainer knapp. „Was hier im Sommer verdient wird, ist der helle Wahnsinn.“
Lotte antwortete nicht. Sie strich ihrem Mann nur zärtlich über den Handrücken. Schweigsam setzten sie ihren Aufstieg zum Dom fort. Von hier oben hatten sie einen wunderbaren Blick über das Lahntal. Sie gingen in den Dom hinein, wie sie es schon hundertmal getan hatten und bewunderten die Architektur des 1000 Jahre alten Limburger Wahrzeichens. Im angrenzenden Schlosshof knickten sie die Köpfe nach hinten, um an dem alten Bruchstein-Fachwerk-Gebilde nach oben zu schauen (wo es absolut nichts zu sehen gab), dann ließen sie sich über breite Stiegen und durch schmale Gassen wieder ins Stadtleben zurückfallen.
Als sie durch die Barfüßerstraße gingen und zur Stadtkirche kamen, sahen sie in Richtung Rossmarkt einen VW-Bus des Fernmeldedienstes der Post stehen.
„Sieh mal einer an“, sagte Rainer, „Die Post arbeitet sogar samstags. Ist das nicht nett? Würde mich nicht wundern, wenn da Eberhards verpennter Schwiegersohn Willi an den Kabeln herum friemeln würde. Der meldet sich doch für jede Überstunde freiwillig, weil er scharf aufs Geld ist wie ein Geier aufs Aas. Sollen wir einmal nachsehen?“ Rainer wartete Lottes Antwort erst gar nicht ab. Seine breiten Teigkneter packten sie an der Hand und zogen sie hinter sich her zu einem Aushub inmitten einer mit Kopfstein gepflasterten Straße.
„Ja, wen sieht man denn da?“ witzelte Rainer. „Der Willi arbeitet auch samstags?“
Willi schob sich seine blaue Postmütze aus dem Gesicht und schaute aus dem Loch heraus wie ein Meerschweinchen aus einem Schuhkarton. Als er Rainer und Lotte erkannte, antwortete er: „Ei joo, muss halt auch sein, gell?“
„Aber samstags?“
Willi winkte ab. „Kabelfehler. Hat so’n Depp von der Baufirma ‘n Eisestang’ rein gekloppt. Jetzt klabbe’ wie viel Anschlüss’ nett.“ Aus einem Besen von Adern suchte er sich zwei heraus, drehte sie ein Stück zusammen, entfernte gekonnt die Isolierung, verzwirbelte sie und schob eine Isolierhülse darüber.
„Das hast du aber gut drauf“, lobte Rainer, und Lotte nickte dazu.
Willi hob die Schultern. „Och joo, alles Übung.“
Rainer wollte diese Bescheidenheit nicht gelten lassen. „Du bist wohl so ein richtiges As in deinem Beruf.“
Willi verdünnte bescheiden das Lob. „Irgendwo iss jeder eins, meinste nett?“
Rainer war froh, einen dieser Telefon-Spezialisten vor sich zu haben. Irgendein wohlwollender Gott hatte ihn im richtigen Moment zu diesem Loch geführt, zu einer Kapazität in Sachen Telefon, dem er nun sein Leid klagen konnte. Und er tastete sich vorsichtig an das Thema heran. „Pass auf, Willi. Ich hab’ da ein Problem. Vielleicht kannst du mir helfen.“
„Ein Problem?“
Rainer zog die Augenbrauen hoch und legte seinen Zeigefinger an die Nase. „ Nun ja. Also, es ist so: Mein Bruder Eberhard nervt mich mit nächtlichen Anrufen. Letzte Nacht hat er mich wieder um ein Uhr aus dem Bett geklingelt. Danach kann ich jedes Mal nicht einschlafen, weil ich darüber nachdenken muss, wie ich es ihm heimzahle.“
„Das ist gar nicht nett vom Hardy“, antwortete Willi trocken.
„So sehe ich das auch“, sagte Rainer. „Hast du eine Idee, was man da machen könnte?“
„Fangschaltung“, riet Willi und spleißte eifrig weiter seine Adern zusammen.
„Red kein Blech“, sagte Rainer. „Eine Fangschaltung ist nur interessant, wenn man nicht weiß, wer der Anrufer ist. Aber ich weiß es ja.“
Lotte tänzelte auf der Stelle. „Komm doch“, sagte sie und zupfte an Rainers Ärmel.
Rainer machte sich mit einem Ruck frei.
„Soll ich dir das Telefon wegmachen?“ fragte Willi.
„Nein, nein.“ Rainer winkte ab. „Das Telefon soll schon da bleiben, wo es ist. Es könnte ja mal was mit Oma sein. Also, ohne Telefon im Schlafzimmer fühle ich mich nicht wohl.“
Plötzlich hatte Willi eine Idee. Er hörte zu spleißen auf und schaute Rainer an. Dann sagte er: „Mach’s doch einfach so: Immer, wenn Eberhard dich nachts anruft, dann rufst du ihn zurück, wenn du morgens aufstehst. Na?“
„Gute Idee“, pflichtete Rainer bei. „Der Haken ist nur, dass Eberhard kein Telefon in seinem Schlafzimmer hat.“
„Hmmm.“ Willi dachte nach. Plötzlich schnippte er mit den Fingern. „Zusatzklingel“, sagte er.
„Zusatzklingel?“
„Nun komm doch endlich“, drängte Lotte. „Wir müssen noch baden.“
Rainer reagierte nicht. „Und was willst du damit machen?“ fragte er.
„Ich kann dem Eberhard so’n Zusatzwecker ans Telefon anschließe’ unn in der Schlafstubb’ installiern.“
Plötzlich hatte Rainer Spaß wie ein kleines Kind beim Anblick einer elektrischen Eisenbahn. „Und der Wecker klingelt mit, wenn ich anrufe?“ fragte er lachend.
Willi nahm die Mütze ab und wedelte sich Luft zu. „Klar, der klingelt mit.“
„Und wie laut ist so ein - Wecker?“
„En klaane iss net lauder als’e Telefon. Gibt aber auch größere - große Wecker halt.“
„Und die sind lauter?“
Willi nickte. „Oh ja. Die scheppern richtisch!“
Rainer konnte nicht mehr ruhig stehen bleiben. „Und du würdest das Ding - ich meine...“
„Moment“, sagte Willi und stieg aus dem Loch. „Ich weiß nett, ob ich so einen noch auf’m Bus hab’.“ Er klopfte sich den Sand von den Füßen und zog die seitliche Schiebetür auf. Dann kroch er ins Chaos hinein, in dem keine Intelligenz noch etwas hätte aufstöbern können. Außer Willi. Er beherrschte das Durcheinander wie ein Dompteur eine Bestie. Ein einziger Griff genügte, um den Bestand zu erkennen. „Nee“, sagte er bedauernd.
„Mist“, zischte Rainer.
Lotte zupfte wieder an Rainers Ärmel. „Ich spüre gerade im Magen und in den Knien, dass dunkles Unheil aufzieht.“ Es konnte nichts Gutes bedeuten, wenn Rainer sich mit gleichen Mitteln bei Hardy bedanken wollte. Gott sei Dank, es war kein Wecker da. Zeit genug, den Gott des Unheils einzuschläfern, bevor er Lust bekam, seinen Charakter rauszulassen. „Willst du nicht endlich mitkommen?“ fragte sie.
Aber Rainer, der sich noch nicht befriedigt hatte, bat um ein wenig Geduld. „Noch zwei Minuten.“
„Lass doch endlich diesen Blödsinn“, warnte Lotte. „Das gibt nur Ärger.“
Und dann, noch bevor Rainer sagen konnte, sie solle endlich ruhig sein, kam Willi mit einem monströsen Teil in der Hand wieder aus dem Bus herausgekrochen. „Ich hab’ da noch’n alt’ Industriehup’ gefunde’“, sagte er. „Hab’ ich