DAS Erste Große BetrugsOpferBUCH. Hedwig v. Knorre
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу DAS Erste Große BetrugsOpferBUCH - Hedwig v. Knorre страница 20
Ein immenses Maß an Kontrolle wäre nötig, das sich ein normal-ehrlicher Mensch nicht gefallen lässt. Stellen Sie sich zum Beispiel vor: ein Student ist neu in der Stadt und setzt sich in der Studentenkneipe in die Runde. Alle erzählen. Er erwähnt: „ja, damals, als ich Abi gemacht habe...“ und sofort fragt jedeR: „du hast Abi? Zeig dein Zeugnis!“ und wenn er es tatsächlich vorzeigt, sagen sie: „ist das auch nicht gefälscht?“ Sie sehen, es funktioniert nicht. Denn welcher normale Mensch würde das mit sich machen lassen?! Und wir hätten sowieso nicht alle nötigen Kontrollkriterien in der Hand.
Angemessene Kontrolle
Das heißt natürlich nicht, dass es keine angemessene Kontrolle gibt. Es macht Sinn, dass die Polizei ihre Streife fährt, Präsenz zeigt und bei Bedarf zügig am Einsatzort ist, mit „tatü-tata!“
Auch unsere inneren Kontrollmechanismen sind täglich ununterbrochen im Einsatz – unbewusst. Läuft alles wie erwartet, wie gewohnt, wie es soll, arbeiten sie unbemerkt im Hintergrund. Läuft aber etwas aus der Bahn, anders als gewohnt und erwartet, fangen unsere inneren Alarmglocken an zu läuten: „Vorsicht! Hier stimmt was nicht! Hin schauen!“
Was ist geschehen? Meist ist nur eine Kleinigkeit aus dem Ruder gelaufen.
Das Portemonnaie steckt nicht in der Hosentasche, wie gewohnt! Ach, da ist es ja in der Jackentasche.
Wo ist nur der Briefkastenschlüssel? Ach, er hängt nur an der falschen Stelle am Schlüsselbrett.
Wo ist mein Auto geblieben? Ach, das hatte ich ja gestern abend wegen Parkplatzmangels um die Ecke abgestellt.
Mir fehlen 50 Euro im Portemonnaie, wo sind sie? Ach, die habe ich ja vorgestern für die Reparatur des notebooks ausgegeben und gerade nicht mehr daran gedacht.
Gewöhnlich beruhigen sich die Alarmglocken schnell wieder. Gut so. Es ist anstrengend, wenn sie zu oft läuten und zu lange. Wir haben genug zu tun.
Die geschilderten Überlegungen zehren viel Energie. Nun fordert aber die Justiz im Nachhinein von Betrugsopfern, wir hätten damit rechnen sollen, einen Betrüger in der Nähe zu haben.
Würden wir tatsächlich damit rechnen, gäbe es noch viel mehr Möglichkeiten, die wir zu bedenken hätten! Hier einige wenige, die im normalen Repertoire der Betrüger ganz selbstver-ständlich vorkommen.
Ist mein Partner ein Betrüger, der mein Portemonnaie in die Jackentasche gesteckt hat, so dass ich es nicht in der Hosentasche finde, wie gewohnt? Aus irgend einem Grund, auf den ich nicht kommen kann, weil betrügerisches Denken außerhalb meiner Vorstellungskraft liegt? Ich muss dringend gründlicher darüber nachdenken...
Der Briefkastenschlüssel hängt an der falschen Stelle am Schlüsselbrett. Ist mein Partner ein Betrüger? Hat er wichtige Post aus dem Briefkasten geholt, und sie mir unterschlagen? Und dann den Briefkastenschlüssel aus Versehen an die falsche Stelle gehängt? Oder hat er nur den Briefkastenschlüssel an eine falsche Stelle gehängt, absichtlich, um mich zu verwirren, zu beschäftigen, von anderem abzulenken? Wovon wohl? Wie kann ich das nur heraus finden...
Das Auto hatte ich gestern abend wegen Parkplatzmangel um die Ecke abgestellt. Habe ich das wirklich, oder irre ich mich? Kann ich mich auf meine Erinnerung verlassen? Ist mein Partner vielleicht ein Betrüger mit Komplizen, und er hat ihnen schnell Bescheid gegeben, so dass sie das Auto inzwischen geknackt / gestohlen haben? Ich müsste um den Block laufen, um nachzusehen, aber ich habe jetzt keine Zeit...
Die 50 Euro hatte ich ja vorgestern für die Reparatur des notebooks ausgegeben und gerade nicht mehr daran gedacht. Aber hatte ich nicht noch einen 50-Euroschein im Portemonnaie? Ich kann mich nicht genau erinnern – wann hab ich nochmal Geld abgehoben, und wie viel genau? Und was hab ich denn noch eingekauft? Ach ja, das notebook hab ich ja gar nicht selbst von der Reparatur geholt, das hat ja mein Partner für mich gemacht, auf dem Rückweg von seiner Arbeit, hatt' ich ja grad vergessen... ist er vielleicht ein Betrüger – hat er womöglich gar nicht gearbeitet? Ist er gar ein Komplize des Computerfachmanns, stecken sie unter einer Decke? Ich hatte auch noch keine Zeit, das notebook auszuprobieren. Vielleicht ist auch nur der Fachmann ein Betrüger und hat mein Geld genommen, ohne seine Arbeit zu tun? Ich müsste dringend das notebook ausprobieren, aber heute hab' ich wieder keine Zeit...
All das sind nämlich Dinge, die Betrüger tun – und noch viel, viel mehr. An diesen wenigen Kontrollüberlegungen wird deutlich, wie anstrengend es wäre, überall Betrüger zu wittern. Eine komplette Überforderung, schlichtweg unmöglich zu leisten. Und auch unrealistisch. Überflüssig. Denn die meisten Menschen sind keine Betrüger.
Es ist also der falsche Ansatz, wenn die Justiz von Betrugs-opfern verstärktes Misstrauen und erhöhte Kontrolle fordert. Menschen mit solch hohem Misstrauen und Kontrollbedürfnis sind nicht lebensfähig und finden sich in Psychiatrien und Therapien, Diagnose „Paranoia“. (möglicherweise ausgelöst durch ein Betrugserleben. Kleiner makab'rer Scherz am Rande.)
Keine Kontrolle ohne Konsequenzen
Kontrolle und Konsequenzen hängen direkt miteinander zusammen. Die Kontrolle wäre unsinnig ohne Konsequenz als Folge. Wird bei der Kontrolle ein Fehlverhalten entdeckt, muss eine Konsequenz folgen, sonst macht es keinen Sinn zu kontrollieren.
Während ich Jochem kennenlernte, hatte ich nach ca. 10 Wochen eine Misstrauensphase. Darum habe ich ihn einige Wochen lang intensiv kontrolliert. Hätte ich bei diesen Kontrollen etwas entdeckt, was „nicht stimmt“, wäre meine Konsequenz gewesen, dass ich mich von ihm trenne. Dann hätte er ein anderes Opfer gefunden und zerstört. Denn das hat er sein Leben lang getan, darin ist er sehr gut. Dann hätte ich nicht die schreckliche Erfahrung eines Betrugsopfers machen müssen. Die hätte dafür zu dieser Zeit jemand anders gemacht. Dann hätte ich mich nie mit dem ekligen Thema „Betrug“ beschäftigt und würde jetzt dieses Buch nicht schreiben.
Diese Entwicklung wäre mir viel lieber gewesen! Aber damals hatte ich nun einmal nicht den Zugang zu den relevanten Informationen. Und darum kam dann alles so, wie es kam.
Hätte ich damals mit meinen Kontrollen die Wahrheit über Jochem heraus gefunden, wäre meine Konsequenz die Tren-nung in diesem frühen Stadium der Beziehung gewesen, fast ohne Schaden, zumindest ohne materiellen, zumindest für mich.
Kontrollen müssen mit Konsequenzen verknüpft sein. Sonst machen sie keinen Sinn. Als Mutter kontrolliere ich die Hausaufgaben meiner Kinder. Sind sie unvollständig oder schludrig gemacht, bestehe ich aufs Weiterarbeiten. Am folgenden Tag kontrollieren die Lehrer die Hausaufgaben. Sind sie unvollständig oder schludrig gemacht, ist die Konsequenz, „nochmal machen!“ und oft sogar eine zusätzliche Strafarbeit.
Im großen Rahmen, in unserem Staat, ist die Justiz für Kontrollen und Konsequenzen zuständig. Als gutes Beispiel dient das Gewaltschutzgesetz, das 2002 verabschiedet wurde. Seither endet die Kompetenz der Polizei bei häuslicher Gewalt nicht mehr an der Wohnungstür. Ruft ein Nachbar bei der Polizei an, kommt sie, geht in die Wohnung und kontrolliert sie auf Anzeichen von Gewalt hin. Meist schlagen Männer zu Hause ihre Frauen. Meist steht in der Folge also ein Mann vor Gericht. Die Konsequenz / Strafe ist dann nicht, dass er ins Gefängnis kommt, sondern er muss einen Kurs „soziales Training für Täter häuslicher Gewalt“ absolvieren und selbst bezahlen. Da sind sie sehr human.
Das