Veränderungen von Verhaltensstandards im Bereich familialer Erziehung und Sozialisation seit 1945. Winfried Wolf

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Veränderungen von Verhaltensstandards im Bereich familialer Erziehung und Sozialisation seit 1945 - Winfried Wolf

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ländlichen Gegenden, wo nur 14% der Bevölkerung wohnen, überproportional vertreten. Auf der anderen Seite kommen aber immerhin 45% der Leser aus Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern. Eine insgesamt uneinheitliche Verbreitung also. Der „Ratgeber“ ist in der ganzen Bundesrepublik einschließlich West-Berlin verbreitet. In Baden-Württemberg jedoch überdurchschnittlich stark27.

      Wie schon erwähnt, wird nahezu die gesamt Auflage der Zeitschrift im Abonnement bezogen. Das deutet auf den Charakter einer ausgesprochenen Lese-Zeitschrift hin. So wird denn auch der „Ratgeber“ zu 84% ausschließlich zu Hause gelesen28. Mit einer ermittelten Lesedauer von 4,3 Tagen nimmt er im Vergleich zu anderen Zeitschriften (z.B. Stern mit 2,4 Lesetagen) eine Spitzenstellung ein. Die Lesezeit in Minuten gemessen beträgt 86 Minuten; für die Zeitschrift „Eltern“ werden 66 Minuten angegeben29.

      Lässt sich nun aus den genannten Prozentangeben bereits der typische Ratgeber-Leser, oder sagen wir besser die typische Ratgeber-Leserin, angeben? Die sozio-demographischen Daten ergeben hier nur sehr grobe Anhaltspunkte – die Analyse der Inhaltsstruktur wird das Bild des typischen Lesers etwas abrunden helfen. Zunächst sei nur folgender Trend festgehalten: Die Leserin des Ratgebers ist mehrheitlich zwischen 30 und 50 Jahre alt, sie ist verheiratet, hat Kinder zu versorgen und ist sowohl berufstätig als auch Hausfrau. Sie hat die Volksschule besucht und eine Lehrer abgeschlossen. Sie ist ebenso auf dem Land wie in der Stadt zu Hause. Sie verfügt über ausreichend Haushaltsgeld ist aber andererseits auch gehalten sorgfältig die Preis/Wert-Relation beim Einkaufen zu beachten und sparsam zu wirtschaften. Wollte man eine Schichtzuordnung vornehmen, scheint mir eine Zuweisung des Ratgeber-Lesers zur unteren Mittelschicht bedingt gerechtfertigt zu sein30.

      Zur Inhaltsstruktur des „Ratgebers“ - Anspruch und Selbstdarstellung:

      Die Analyse der Inhaltsstruktur des „Ratgebers“ soll ergeben, was die Zeitschrift ihren Lesern anbietet – gleichzeitig wird damit deutlich werden, an wen sich der „Ratgeber“ wendet. Wir können also durch qualitative Auswertung der Inhaltsverzeichnisse, der Titelbilder, der Werbung in eigener Sache und der jeweiligen Vorschau aufs nächste Heft auch die Konturen des Adressaten der Zeitschrift besser erkennen, ganz abgesehen davon, dass uns eine solche Analyse den zeitschriftenimmanenten Rahmen für die Interpretation der erziehungsrelevanten Beiträge mitliefert.

      Qualitativ ist diese Auswertung insofern, als aus dem Vorhandensein bzw. dem Nichtvorhandensein gewisser Statements auf Anspruch und Selbstdarstellung der Zeitschrift geschlossen werden kann.

      Das Inhaltsverzeichnis:

      Die verschiedenen Beiträge werden im „Ratgeber“ wie allgemein üblich in einzelnen Sparten zusammengefast und ermöglichen dem Leser so einen ersten Überblick. Die folgende Auflistung zeit eine Gegenüberstellung dieser Sparten für die Jahre 1955, 1965, 1975 und 1982.

      Sparten im Jahrgang

      Die Inhaltsverzeichnisse der aufgeführten Jahrgänge lassen sich auf 7 thematische Kategorien reduzieren. Der Wegfall einiger Themenbereiche, die noch in den 50er Jahren eigens aufgeführt werden, wie etwa die „Jugendseite“, „Allgemeines“ oder die „Männerecke“ verschwinden nicht wirklich, sondern gehen in anderen Sparten auf. „Hauptabnehmer“ sind hier die Sparten „Hobby, Reise, Unterhaltung“ und „Familie, Kind“. Die Themenvarianz ist insgesamt nicht sehr groß. Der „Ratgeber“ hat also über drei Jahrzehnte hinweg sein redaktionelles Grundkonzept beibehalten.

      Die Vielfalt der Themenbereiche lässt zunächst einmal den Schluss zu, dass der „Ratgeber“ sich nicht einseitig auf einen Themenbereich ausrichtet. Genaueres wird die Untersuchung der jeweiligen Raumanteile erweisen. Im Gegensatz zu anderen Frauenzeitschriften beschränkt man sich nicht auf einige wenige Themen wie Mode, Kosmetik und Wohnen. Auffallend ist, dass der „Ratgeber“ einen höheren Anteil an redaktionellen Seiten bietet als viele der sog. klassischen Frauen-Titel. Die Themenübersicht macht aber auch deutlich, dass es sich hier eindeutig um eine Frauenzeitschrift handelt. Die Leserin des „Ratgebers“ kann bestimmt mit einem gleichbleibenden Kernbereich rechnen, dessen Titel mehrheitlich Frauen ansprechen.

      Die Themenvorschau

      Seit Anfang der 60er Jahre wirbt der „Ratgeber“ in jedem Heft für die nächste Nummer. In der jeweiligen Dezemberausgabe wird auf attraktive Themen des kommenden Heftes hingewiesen. In diesen Vorankündigungen wird die Leserin darauf aufmerksam gemacht, was sie im nächsten Heft erwarten darf und was sie auf keinen Fall versäumen sollte. Die Vorschau findet sich am Ende eines Heftes und umfasst ein bis zwei Seiten. Sie gibt nur einen Ausschnitt aus dem ganzen „Programm“ wieder; es sind sozusagen die „Leckerbissen“ der Zeitschrift. Dabei werden in d. R. zu jeder Sparte ein bis maximal vier Themen ausgewählt, von dene3n man sich eine besondere Anziehungskraft für den Leser verspricht.

      Vergleicht man mehrere Folgehefte eines Jahrgangs hinsichtlich Vorschau und Inhaltsverzeichnis, zeigt sich, dass mit großer Regelmäßigkeit mit Themen aus allen Sparten geworben wird, wobei im Einzelnen in der Vorschau hin und wieder eine Sparte überrepräsentiert sein kann. Ein leichtes Übergewicht ist für Beiträge aus den Themenkategorien „Rezepte“ sowie „Haus und Garten“ festzustellen. Es gibt also kein ausgesprochenes „Zugthema“; das betrifft alle untersuchten Jahrgänge. Es bestätigt sich hier die in den „Kontakt-Qualitäten“ für die Werbewirtschaft gemachte Aussage von der Ausgewogenheit des Redaktions-Spektrums“31.

      Das Bild der „Ratgeber-Leserin“ rundet sich nun ab: Angesprochen wird die erfahrene Hausfrau, die sich ihr Interesse an Informationen über Haushaltsführung bewahrt hat. Sie ist, wie es in der „Psychographie der ‚Ratgeberin’ heißt, eine wirtschaftlich denkende Frau, die auch gern etwas Neues ausprobiert. Sie „ist insgesamt aktiv-interessiert, innovationsfreudig..., wird als Rat-Geberin bzw. als Expertin im Bereich Haushalt und Familie geschätzt... und gern angesprochen, wenn es um neue Haushaltsgeräte, um Wäschepflege, Kochrezepte, die Bewirtung von Gästen, um Kinder u. ä. geht.“32

      Die Werbung in eigener Sache:

      In den Januarheften, aber auch in der Jahresvorschau des jeweiligen Dezemberheftes, wendet sich der „Ratgeber“ direkt und meist in eigener Sache an seine Leser und Leserinnen. Er macht darin nicht nur auf ihm wichtig und attraktiv erscheinende Themen aufmerksam, sondern wirbt auch um Vertrauen. Das geschieht in der Darstellung seiner Zielsetzungen und in dem Aufbau eines ‚Ratgeber-Images’. Wie sich die Zeitschrift ihre typische Leserin vorstellt, macht das folgende Zitat aus dem Januarheft des Jahres 1954 deutlich:

      „Es gibt hochbegabte Frauen, die sich mit Leichtigkeit in jeder Situation zurechtfinden. Sie wissen immer ganz von selbst, wie man eine Arbeit in die Finger nehmen muss, damit sie gelingt. Sie wissen mit dem Haushaltsgeld viel mehr anzufangen als andere mit der gleichen Summe. Sie verstehen es, mit schwierigen Kindern umzugehen, ein Heim schön zu gestalten, sich richtig zu kleiden, sich in Gesellschaft zu unterhalten – und sogar mit unangenehmen Leuten fertig zu werden. Aber solche Frauen sind selten, andere haben zwar für das eine oder andere eine sogenannte „glückliche Hand“ oder eine ausgesprochene Begabung auf einem bestimmten Gebiet. Viele andere aber auch brauchen Hilfe und Anleitung. Für sie gibt es immer wieder Situationen, denen sie sich nicht gewachsen fühlen, weil sie zu wenig Bescheid wissen über Dinge, die sich vor ihnen zu einer scheinbar undurchdringlichen Mauer verdichten. In Wirklichkeit ist diese Mauer meist nur eine Hecke, durch die man hindurch könnte, wenn man wüsste wie!

      Da will nun der Ratgeber allen Frauen, die es nicht so leicht und einfach haben, ein steter Helfer, Freund und Wegbereiter sein, der Anregungen und Ratschläge für alle Lebenslagen, vor allem aber für alle Belange der Haushaltsführung gibt. Er will dies aber

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