Die Faehlings - eine Lübecker Familie. Eckhard Lange
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Dietmar war nun an sechs Schiffen beteiligt, die meisten gehörten ihm zusammen mit den Brüdern Jannes und Simon. Auch von den drei Schiffen, die in den nächste Tagen auslaufen sollten, waren zwei aus ihrer Flotte. Dietmar war nun viel am Hafen, um alles zu regeln. Auch diesmal trug die Knorr, auf der er reisen wollte, nicht nur seine Waren – es wäre ein viel zu großer Verlust, sollte das Schiff verlorengehen. Neben einigen Lübischen Kaufleuten hatten auch drei Händler aus Bardowieck Frachtraum gemietet. Sie gehörten zwar nicht zur Schwurgemeinschaft der Kaufleute, waren aber doch in der gemeinsamen Gilde der Gotlandfahrer und hatten so einige Rechte auch in Lubeke, obwohl sie dort nicht ansässig waren und folglich keinen Bürgereid geleistet hatten. Dietmar würde ihre Waren in Visby dem dortigen Agenten der Bardowiecker aushändigen. Ein Teil des Frachtraumes stand außerdem dem Schiffsvolk zu, falls die Schiffsknechte auf eigene Rechnung einige Waren mitnehmen und am Ziel verkaufen wollten. Dietmar hat das stets gefördert, war doch mancher einfache Seemann so zu einem Händler herangewachsen, der dann auch Mitglied der Gotlandfahrer werden konnte. Aber die meisten Matrosen hatten weder ausreichend Kapital noch den Wagemut, neben ihrem vereinbarten Lohn auf zusätzlichen Gewinn zu setzen.
An diesem Morgen überprüfte er noch einmal die eigenen Waren, mit denen er in Visby handeln wollte. Da waren zunächst die festverschnürten Ballen mit feinem flandrischen Tuch, ein im Norden ebenso begehrtes Gut wie die in hölzerne Kisten verpackten Schwerter und Lanzenspitzen, Brustpanzer und Kettenhemden, die er von Kölner Kaufleuten erworben hatte. Daneben ließ er eine ganze Reihe von Fässern mit Salz aus Lüneburg an Bord bringen, denn es diente sowohl als Gewürz als auch als Konservierungsmittel für den Fisch, den er einzukaufen gedachte. Alles musste gut verstaut werden, auch durfte die Knorr nicht überladen werden, denn sein Schiffsführer haftete für Schaden, wenn wegen zu großen Tiefgangs Fracht verloren ging. Aber letztlich wäre es auch sein Verlust, und so ließ er wie stets das beladene Schiff von einem Prüfer der Gilde freigeben.
Zufrieden kam Dietmar zurück, eine letzte Nacht würde er mit Katharina und den drei Kindern verbringen, dann würden sie die Trave abwärts fahren, teils unter Segeln, teils vom Ufer aus gezogen oder von den Schiffsknechten gerudert. Zwar hatte die Knorr längst nicht so viele Plätze für Ruderer wie die schmalen Langschiffe, aber ganz ohne ihre Hilfe kam man vor allem auf den Binnengewässern doch schlecht voran. Ein letzter Blick noch an den abendlichen Himmel, ehe er das Haus betrat: Das Abendrot verhieß einen sonnigen Tag, der Wind wehte mäßig, aber günstig aus dem Westen. Sie würden also schnell vorankommen, sobald sie die offene Bucht vor der Travemündung erreicht hatten. Katharina hatte gewürzten Brei aufgetischt, dazu ein ordentliches Stück Braten – es sollte ihm den Abschied leichter machen und, so hoffte sie insgeheim, in ihm die Sehnsucht nach Heimkehr wecken. Wie immer hatte sie eine unausgesprochene Angst, ihr Eheherr könnte, von Abenteuerlust gepackt, über Gotland hinaus das östliche Meer bis nach Livland oder noch weiter befahren und sie vielleicht für immer verlassen. Doch Dietmar hing viel zu sehr an den Kindern und an seinem Weib, und er zeigte es ihr noch einmal in der Nacht auf dem gemeinsamen Lager.
Die Sonne hatte kaum die erste Dämmerung hervorgebracht, da schritt der Kaufherr bereits eilig die Alfstraat zum Hafen hinab. Er sprang hinüber auf seine Knorr, und die drei Schiffe legten ab, die Schiffer drehten sie flussabwärts, nach und nach nahmen sie Fahrt auf, passierten die Burg und, getrieben vom Ruderschlag der Schifferknechte, glitten sie über die Trave in Richtung See. Nach einer Weile tauchte zur Linken der verfallene Wall des alten Liubice auf, dann trat das hohe Ufer zur Rechten weit zurück, Röhricht, Sumpf und kleine Wasserflächen kamen in Sicht. Endlich weitete sich der Fluß zur Förde, zu beiden Seiten die Hütten von Fischerdörfern. Nun konnten sie Segel setzen, das Tuch unter den Rahen spannte sich, der aufkommende Wind trieb die Schiffe voran. Hier und da verengte sich die Förde, schlang sich dann in einem scharfen Knick um einen vorspringenden Hügel, danach wieder weite Wasserflächen, bis die Trave sich noch einmal durch einen Strandwall zwängen musste. Die Steuerleute achteten sorgfältig darauf, die Mitte des Flusses einzuhalten, und endlich tat sich vor ihnen die weite Bucht der Ostersee auf.
Der Himmel war wolkenlos, die Schiffer konnten sich nach der Sonne richten und deshalb größeren Abstand vom Ufer halten als sonst, wenn sie nur auf wichtige Landmarken angewiesen waren. Dennoch stand einer der Matrosen am Vordersteven und ließ in regelmäßigen Abständen das Lot ins Wasser, rief dem Steuermann die gemessene Tiefe zu, denn der Grund der Bucht war tückisch, oft trieben Wind und Strömung den Sand, den sie den hohen Uferkanten raubten, irgendwo zusammen. Doch wollten die Reisenden möglichst nahe an der Küste bleiben, statt ins tiefe Wasser auszuweichen. Noch immer herrschte Westwind, so dass die drei Schiffe in großem Abstand vor dem Wind fahren konnten. Gegen Abend querten sie eine weitere Bucht, um zu einer waldreichen Insel zu gelangen, dort warfen sie dicht unter dem Steilufer Anker, um die Nacht abzuwarten.
Am nächsten Morgen hatte der Wind aufgefrischt, die Wellen warfen Schaumköpfe, auch am Himmel zogen dichte Wolken auf. Vorsichtig lenkten die Steuerleute ihre Schiffe in nördliche Richtung, die Segel knatterten unter dem Druck, aber sie machten nun gute Fahrt. Die Sonne war schon in den Westen gewandert, der Wind hatte stetig zugenommen, wehte nun fast mit Sturmstärke. Da beschloß der Schiffer der voraussegelnden Knorr, das Tuch zu reffen und in einer weiteren Förde Schutz zu suchen und dort die Nacht zu verbringen. Die beiden anderen Schiffe folgten.
Nach zwei weiteren Tagen erreichten sie die Hedinsinsel, die zum Gebiet der Ranen gehörte. Noch vor einem Jahrzehnt begann hier der gefährlichste Abschnitt der Gotlandfahrt, denn die Ranen waren bis dahin ein wildes, heidnisches Volk, erfahren in der Seefahrt und zugleich gefürchtete Piraten. So manches Schiff liegt vor der Insel auf Grund, ausgeraubt und verbrannt. Doch König Waldemar hatte sie mit einem dänischen Heer endgültig besiegt und seinem Reich einverleibt, Klöster und Kirchen gestiftet und das slawische Volk für den wahren Glauben gewonnen. Dennoch blieb die Schiffahrt hier voller Gefahren, musste man doch das hoch aufragende Kap umfahren, auf dem einst die Tempelburg des vierköpfigen Swantewitt stand, und hier sprangen Wind und Strömung umher wie junge Fohlen.
Danach ging die Fahrt hinaus aufs offene Meer, und erst die große Inseln Bornholm bot den Seefahrenden Schutz, frisches Wasser und die Möglichkeit, Nahrung zu kaufen. Bei widrigem Wind musste auch nachts gesegelt werden, und nur die Sterne konnten dann die Richtung weisen. Noch weiter war die Strecke bis zur schwedischen Küste, zwei Tage dauerte die Überfahrt zumeist, dann aber konnte man wieder unter Land segeln, an Öland vorbei und endlich auf Gotland zu.
Nach langer Fahrt, aber ohne alle Zwischenfälle, erreichte die kleine Flotte den Hafen von Visby, rechtzeitig zum großen Herbstmarkt, zu dem auch die dänischen Seefahrer der St. Knutsgilde erschienen und die gotländischen Händler von ihren Reisen zu den Esten und Russen zurückkehrten. Nachdem die Schiffe angelegt hatten, suchte Dietmar als erstes den Ältermann der Gotlandfahrer auf, um seine Ankunft zu vermelden. Er traf ihn in St. Marien, der deutschen Kaufmannskirche, wo er gerade neu eingetroffene Waren stapelte, denn das Gotteshaus diente auch zur Versammlung der Gildebrüder und als Lagerplatz. Als Kaufmann nahm er Quartier in einem der Häuser, die der Gilde gehörte, während die Besatzung an Bord blieb. Aber Dietmar war doch froh, für einige Zeit wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
Am folgenden Tag nahm