Tod auf den Gleisen. Elisa Scheer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Tod auf den Gleisen - Elisa Scheer страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
Tod auf den Gleisen - Elisa Scheer

Скачать книгу

schön teuer würde das werden. Und sie hatte noch kein Gehalt bekommen – Kunststück, nach knapp sechs Wochen war das auch nicht zu erwarten. Na, musste das Sparbuch herhalten. Spätestens Weihnachten, hatten erfahrenere Kollegen ihr versprochen, würde der Rubel wohl rollen.

      Wollte sie auf Dauer hier bleiben? Ein bisschen schäbig war das Haus. War die ganze Gegend. Aber auf eine doch undefinierbar sympathische Art…

      Außerdem waren 550 Euro für 36 qm wirklich nicht teuer, und die Lage war günstig, wenn man nicht gerade auf „gute Gegend“ Wert legte. An der Ecke hielt ein Bus, der in zehn Minuten zum Markt fuhr; von dort waren es kaum fünf Minuten zur Schule. An der gleichen Ecke gab es einen Supermarkt, einen Drogeriemarkt (einen anständigen!), einen Schreibwarenladen mit günstigen Angeboten und einer kleinen Buchabteilung und eine Apotheke; eine Ecke weiter fand man einen Jeansladen (naja, zum Schaufenstergucken reichte es), einen Pizzaservice und einen Obst- und Gemüseladen. Und rundherum eigentlich immer einen Parkplatz für ihre ziemlich schrottreife Kiste. Was wollte man mehr?

      Eigentlich konnte man es hier ganz gut aushalten, also konnte sie die Wohnung auch mal fertig möblieren.

      Was hatte sie denn jetzt morgen? 9 d in Deutsch und Geschichte, den Deutschkurs der Q 11, eine Doppelstunde Deutsch in der Achten und den Geschichtskurs der Zwölften. Ganz schön viel wieder. Aber nach Mittwoch ließ der Stress immer etwas nach. In der Neunten sollte sie mal ein Geschichtsex schreiben, gleich in der ersten Stunde. Schreck in der Morgenstunde!

      Sie bastelte eine Angabe, dachte dann erst daran, nachzusehen, ob die nicht zufällig morgen eine Schulaufgabe schrieben (nein, alles erst nach Allerheiligen), holte die Wäsche nach oben und hängte sie auf, aß ihren Salat und machte sich an die Vorbereitung der übrigen Stunden. Als sie fertig war und alles in ihrer Tasche verstaut hatte, war es Viertel nach neun.

      Verflixt, unter der Woche kam man wirklich zu gar nichts!

      Wie machten das die anderen? Oder hatten die einfach mehr Übung und mussten nicht mehr so viel vorbereiten? Hatten vielleicht auch nicht drei Deutschklassen und demzufolge nicht dauernd irgendwelche Übungsaufsätze am Bein?

      Oder weniger Nachmittagsunterricht? Aber sie selbst hatte eigentlich auch nur einen langen Nachmittag – nämlich heute. Sie musste eben lernen, Haushaltskram nicht auch noch auf diesen Tag zu legen.

      Außerdem war Viertel nach neun auch nicht so spät; sie konnte wirklich noch eine von den stabilen kleinen Bücherkisten auspacken und so an der Wand platzieren, dass sie als Regalfach dienen konnte.

      Gute Idee, fand sie, als sie das ausprobiert hatte, und machte gleich mit den nächsten Bücherkisten weiter. Wenn man in die untersten Kisten Leitzordner stellte, wurde die Sache auch gleich noch stabiler! Und schließlich blieb eine leere Kiste übrig, obwohl alle Bücher ordentlich arrangiert waren.

      Diese leere Kiste stellte Doro neben ihr Sofa und warf sämtliche Unterwäsche hinein, die sie in den übrigen Kisten finden konnte. Sobald der frisch gewaschene Kram trocken war, wäre sie auf jeden Fall wieder gut ausgerüstet.

      Aber auf die Dauer war das alles kein Zustand. Sie schaute doch noch schnell im Internet nach, was es bei IKEA und im Baumarkt an Regalsystemen gab. Ach, im Baumarkt hatten sie das System „Lasse“ (wollten die IKEA Kunden abjagen mit diesem pseudoskandinavischen Getue?), massives Buchenholz, leiterartige Seitenteile in verschiedenen Höhen, Bretter in verschiedenen Längen, Stützkreuze aus Metall. Ziemlich günstig. Und wenn sie morgen doch mal mit dem Auto in die Schule fuhr und sich ein paar solcher Teile ins Auto lud? Dann brauchte sie eigentlich vorläufig nur noch einen anständigen Tisch und einen Rollcontainer für ihren Schreibwarenkrempel. Buche passte auch genau zu dem verblüffend anständigen Parkett in der Wohnung. Das Bettsofa ging eigentlich noch, beschloss sie. Schließlich war sie nicht Krösus.

      Hoch zufrieden schrieb sie sich auf, was sie wollte, fuhr den Rechner wieder herunter und verzog sich nach einer kurzen Bügelaktion ins Bett.

      Mittwoch, 10.10.2012

      Der Schultag verlief deutlich weniger aufregend als der Dienstag – die Neunte jammerte nur verhalten, als Doro das Ex auspackte, der Rest arbeitete recht ordentlich mit, und Dramen im Lehrerzimmer gab es auch nicht – oder Doro verpasste die spannenden Momente, weil sie kaum Freistunden hatte. Ausnahme: Trattner, der sich anscheinend für Gottes Geschenk an die Weiber hielt, baggerte Katja Herzberger an, die ihn ziemlich kurz abfertigte. Doro freute sich – sie kannte Trattner kaum, aber sie fand ihn affig, die Solariumsbräune, das Goldkettchen, die blendend weißen Zähne, den leichten Tiroler Zungenschlag, den knalltürkis und lila gemusterten Trainingsanzug und die Tatsache, dass er Luis hieß wie der olle Trenker. Außerdem hegte sie wie viele Kollegen das beliebte Vorurteil, dass es bei Lehrern für Sport und Englisch wohl zu mehr Wissenschaft nicht gereicht habe.

      Von diesem kurzen Intermezzo abgesehen konnte Doro höchstens den Kleidungsstil der Kollegen studieren und ihre Nutzanwendungen daraus ziehen.

      Richtig schick waren wirklich nur die drei Mädels, dieser Pütz (Harris-Tweed!), der Chef, dann die Körner, die es zumindest versuchte (ab und ein schwarzer Blazer zu grauen Jeans) und die Echterding, die aber eher Kostüme zu favorisieren schien. Auch nicht schlecht. Und wirklich schöne Schuhe. Der Rest bevorzugte eben Jeans oder ausgebeulte Cordhosen und dazu Hemden oder Pullis, wobei die Pullis gerne abscheulich gemustert waren. Doro, die heute eine schwarze Hose und eine schwarz-weiß gemusterte Bluse trug, fand sich damit schon relativ schick. Einen Blazer hatte sie irgendwo sicher auch noch. Der graue Pfeffer-und-Salz musste doch in einer Kiste sein – oder hatte sie den noch in München weggeschmissen?

      Sie seufzte. Es wurde wirklich Zeit für vernünftige Möbel! Vielleicht hatte sie die absolute Karrierekleidung in irgendeiner Kiste und lief hier herum wie ein Bürolehrling?

      Ach Quatsch! Wenn sie Klamotten hätte wie die drei Grazien, dann wüsste sie das aber. Der Pfeffer-und-Salz-Blazer war schon das Höchste der Gefühle. Wenn es ihn noch gab, hieß das.

      Und mit Superklamotten wurde man hier doch auch nicht schneller befördert. Sie überlegte, ob die hysterische Mendel im Nadelstreifenkostüm einen besseren Eindruck machen würde, und kicherte vor sich hin: Die würde wohl höchstens finden, dass der Staat ihr Arbeitskleidung zu stellen hätte…

      Aber solche Gedanken waren ja eigentlich die reinste Zeitverschwendung – sie hätte schon mit dem Ex anfangen können, aber jetzt war die Freistunde praktisch vorbei, und nach den nächsten beiden Stunden konnte sie nach Hause – halt, nein, erst zum Baumarkt. Wenigstens ein Regal – und das Ex!

      Schlechte Planung, tadelte sie sich selbst und raffte ihren Kram zusammen – Geschichte 12 und Deutsch 9.

      Als sie durch die Tür in den Trakt der Oberstufe eilte, stieß sie mit einer Kollegin zusammen und entschuldigte sich verlegen. „Macht nichts“, antwortete die. „Ist ja nichts passiert. Sie sind Frau Fiedler, nicht?“

      „Ja… aber ich weiß jetzt gerade nicht…“ Wie sollte man sich auch in so kurzer Zeit fast hundert Kollegen merken?

      „Woher auch? Ich bin Petra Bittl. Sport, Spanisch, Französisch. Gefällt´s Ihnen bei uns?“

      „Doch, ja. Viel besser als an den Schulen während des Referendariats. Ein so sympathisches Kollegium! Aber ich muss jetzt leider…“ Frau Bittl lächelte verständnisvoll, während Doro die Treppe hinauf eilte und im linken Gang verschwand.

      Hier waren echt alle so nett, geradezu paradiesisch! Auch der Kurs war reizend. Zum ersten waren von sechsundzwanzig Leuten schon vierundzwanzig da, als

Скачать книгу