Alte Rechnung. Erich Szelersky

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Alte Rechnung - Erich Szelersky

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hatte es nicht anders erwartet, war aber trotzdem enttäuscht. Aber dies war für mich ja nichts Neues. Seit achtzehn Jahren hielten sich meine Enkelkinder von mir fern. Ich konzentrierte mich wieder auf Debbie, die noch immer redete.

      »Sag mir Lennart. Geht es Dir wirklich gut?«

      »Ja. Es geht mir gut.«

      »Nimmst Du Deine Tabletten, Lennart?«

      »Ja, Debbie.«

      »Sag mir doch, was geschehen ist?«

      »Kann ich jetzt wirklich nicht, Debbie. Es gab ein paar Probleme auf der Hütte. Wir waren eingeschneit und von der Außenwelt abgeschnitten. Kein Telefon, nichts ging mehr. War heftig da oben. Wir hatten ein paar Unfälle.«

      »Unfälle?«

      »Ja. Aber ich kann jetzt wirklich nicht mehr erzählen. Alles weitere in ein, zwei Tagen, wenn ich wieder zu Hause bin.«

      Ich hörte Deborahs Schweigen am anderen Ende der Leitung; aber was sollte ich ihr jetzt erklären. Es war einfach zu viel, um es am Telefon zu erzählen.

      »Glaub mir, Debbie. Es geht mir gut, und das ist jetzt erst einmal das Wichtigste.«

      »Gut, Lennart. Aber beeil Dich. Ich warte auf Dich.«

      Dann war das Gespräch beendet. Debbie war meine zweite Frau; Amerikanerin. Ich habe sie in Boston kennengelernt. Eigentlich wollte ich nicht mehr heiraten, nachdem meine erste Frau, Agneta, mich verlassen hatte. Mit ihr hatte ich zwei Kinder und vier Enkelkinder. Die hingen früher einmal sehr an mir. Inzwischen waren sie schon erwachsen. Ich habe sie schon viel zu lange nicht mehr gesehen, aber ich kann es nicht ändern. Sie besuchten mich nicht. Es gab mal eine Zeit, da sah ich sie täglich. Aber das ist lange her. Das war in einem anderen Leben.

      Meine Familie hatte sich von mir abgewandt und mir damit sehr wehgetan. Ich hatte immer wieder meine Unschuld beteuert, doch Agneta verließ mich. Vielleicht hatte sie nur einen Vorwand gebraucht. Ich weiß es nicht. Für mich war damals alles in bester Ordnung, aber so kann sich man irren.

      Durch das Telefonat hatte ich nicht bemerkt, dass ein Fremder ins Zimmer eingetreten war. Er stellte sich mir vor.

      »Guten Tag Herr Jonsson. Ich bin Hauptkommissar Anton Gerstel von der Polizei in Innsbruck. Ich möchte Sie gerne etwas fragen.«

      Ich setzte mich. Wenn man eine Kugel im Oberarm hatte, musste man wohl damit rechnen, in einem zivilisierten Land gefragt zu werden, wie die da hineingekommen ist, und Österreich gehört sicherlich zu den zivilisierten Ländern auf dieser Erde.

      Hauptkommissar Gerstel gehörte dem Landeskriminalamt in Tirol an. Da ein Ausländer unter etwas mysteriösen Umständen mit einer Schussverletzung und starken Erfrierungen halbtot aufgefunden worden war, hatte sich das Landeskriminalamt als Ermittlungsorgan des Landespolizeikommandos unmittelbar eingeschaltet und den Fall direkt an sich gezogen. Dies war ansonsten nur bei der Bearbeitung von Schwerkriminalität üblich.

      »Wir haben Sie halb erfroren und mit einer Kugel in der Schulter aufgefunden. Können Sie mir das erklären?«

      Anton Gerstel sprach ruhig und langsam, fast schon bedächtig. Sein Alter von sechsundfünfzig Jahren war ihm nicht anzusehen. Er war athletisch, sportlich, und er wirkte auf mich, als wäre er mit seinem Mountainbike ins Krankenhaus gekommen. Sein Haar war schon leicht ergraut, und mit seiner ungewöhnlichen Körpergröße von mindestens einmeterneunzig überragte er mich um mindestens einen Kopf. Als junger Mann verdiente er sich als Bergführer Geld zur Finanzierung seines Studiums hinzu, und es war ihm anzusehen, dass er bis heute sportlich aktiv war.

      »Ich kann es mir auch kaum erklären, Herr Hauptkommissar.«

      »Nun; Sie werden verstehen, dass mir das nicht reicht. Sie werden ja wohl wissen, wer auf Sie geschossen hat. Oder haben Sie selbst Hand an sich legen wollen und nur ein wenig daneben gezielt?«

      So lange er seinen Humor noch hat, wird es so schlimm ja wohl nicht werden, dachte ich mir.

      »Waren Sie schon beim Wildspitzhof im Ötztal, Herr Hauptkommissar?«

      »Der Wildspitzhof? Das ist doch jetzt dieses Privathaus, das sich ein reicher Deutscher dorthin mitten in die Berge gebaut hat?«

      »Ja genau. Diese Hütte meine ich.«

      »Hütte ist gut. Das ist ja wohl eher ein riesiges Anwesen mit eigenem Hubschrauberlandeplatz. Wieso fragen Sie?«

      »Das ist eine lange Geschichte, Herr Gerstel. Vielleicht sollten Sie zuerst einmal dort hinauffahren. Das macht vieles einfacher zu erklären.«

      »Wir können da im Moment nicht hin. Extreme Lawinengefahr. Dort oben liegen drei Meter Neuschnee. Da geht nichts mehr. Aber warum fragen Sie? Waren Sie dort oben?«

      »Ja.«

      »Die Leute von der Bahn haben Sie aber hier unten im Tal neben den Bahngleisen gefunden. Das ist ein weiter Weg, besonders bei diesen Witterungsbedingungen.«

      »Ich musste da oben weg und mein Auto ist stecken geblieben.«

      »Das wundert mich nicht, Herr Jonsson. Es wäre wohl sinnvoller gewesen, dort oben besseres Wetter abzuwarten. Auch im Auto hätten Sie erfrieren können. In ein, zwei Tagen werden die Zufahrtswege zu dem Haus wieder frei sein. So viel Vorrat hat jeder, der dort oben wohnt, im Haus.«

      »Ich konnte aber nicht im Haus bleiben.«

      »Warum nicht. Was ist denn passiert?«

      »Das ist, wie ich schon sagte, wirklich eine lange Geschichte.«

      »Ich fürchte, es wird Ihnen nicht erspart bleiben, sie zu erzählen.«

      Ich lehnte mich in meinem Rollstuhl zurück. So etwas hatte ich mir schon gedacht. Aber wenn ich bald nach Hause wollte, musste ich wohl da durch. Und im Übrigen, es würde ja auch dazu beitragen, Licht in die ganze Angelegenheit zu bringen.

      »Ja, Herr Hauptkommissar. Also; alles fing mit einer E-Mail an…«

      Malmö

      September 2010

      Das großzügige Haus war umgeben von hohen Bäumen und lag inmitten eines kleinen Buchenwaldes. Von der Straße führte ein Kiesweg über das große Grundstück und mündete in einem runden Platz vor dem Eingang.

      Das sich allmählich unter der sich in den Winter verabschiedenden Sonne welkende Laub lag sanft auf den Wiesen. Neben dem Haus stand ein Treibhaus, in dem der Hausherr und seine Frau mit Leidenschaft Gemüse zogen.

      Hinter dem Haus konnte man von der Terrasse bis zum Seeufer hinuntergehen.

       »Wir sollten bald das Boot vom Steg in das Bootshaus bringen. Es ist kalt geworden, und mit Segeln wird es in diesem Jahr nichts mehr.«

      Der Mann kam von dem Steg und ging in Richtung Haus, wo seine Frau auf ihn wartete.

      »Lass uns erst einmal eine Tasse Kaffee trinken, Lennart«, sagte sie und setzte sich an den Tisch, der schon für das Frühstück gedeckt war.

      »Willst

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