Alte Rechnung. Erich Szelersky

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Alte Rechnung - Erich Szelersky

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      »Würde ich gerne. Viktor geht auch mit. Zuerst wollte er nicht. Aber er hat dann doch zugesagt.«

      »Das überrascht mich sehr. Nach dem, was Helmut Viktor und seiner Frau angetan hat.«

      »Ja, ja.«

      »Und hinter den Verleumdungen über Dich steckte er doch auch.«

      »Ja sicher. Ich habe ihn, kurz bevor ich nach Boston ging, darauf angesprochen und ihn gefragt. Er antwortete mir, er hätte nichts davon gewusst. Aber inzwischen weiß ich es. Er war das Schwein.«

      »Trotzdem nimmst Du die Einladung an? Stört es Dich denn nicht, dass er Deine Familie zerstört hat? Versteh mich bitte recht. Ich liebe Dich, und wenn das damals nicht so gelaufen wäre, hätte ich Dich niemals kennengelernt, aber Lennart; ich leide mit Dir, wenn ich sehe, wie Du Dir wünscht, Dich mit Deinen Kindern und Enkelkindern zu treffen, und sie Dich nicht sehen wollen.«

      »Das ist ein anderes Thema, Debbie. Agneta hatte kein Vertrauen zu mir. Ich habe ihr immer wieder erklärt, dass ich zu Unrecht beschuldigt werde, doch sie wollte mir einfach nicht glauben.« Er machte eine traurige Pause.

      »Vielleicht war unsere Ehe damals schon kaputt, und ich habe es nicht bemerkt. Vielleicht war das alles für sie der Anlass, auf den sie gewartet hatte, um mich zu verlassen.«

      »Das glaube ich nicht. So wie Du von ihr sprichst würde sie das niemals tun.«

      »Ich weiß es nicht Debbie.«

      »Du solltest Dich nicht mehr mit Helmut Sikorra abgeben, Lennart. Erinnere Dich. Als die bösen Gerüchte bekannt wurden, haben sich alle von Dir abgewandt. Deine Frau, Deine Kinder und auch alle Deine Freunde.«

      »Ja. Ich weiß. Ich weiß das alles. Aber viele der Freunde sind zurückgekommen, nachdem ich rehabilitiert worden bin. Einige haben sich sogar bei mir entschuldigt.«

      »Ja, Lennart. Doch es hat lange gedauert, und es hat Dir viel Schmerz bereitet.«

      »Das stimmt. Aber ich möchte Helmut noch mal in die Augen schauen, und dann werde ich ihn zur Rede stellen.«

      »Das bringt doch nichts. Dann gibt es nur Ärger, und den brauchst Du Dir doch nach so vielen Jahren nicht mehr anzutun.«

      »Doch. Ich muss.«

      »Aber denk an Deine Krankheit. Du weißt, Du darfst Dich nicht aufregen.«

      Lennart Jonsson lächelte. Er war siebzig Jahre alt und ein wohlhabender Pensionär. Er lebte mit seiner zweiten Frau und zwei Dänischen Doggen in einer kleinen Ortschaft nicht weit entfernt von Malmö in Südschweden. Ihr großes Haus war umgeben von sechstausend Quadratmetern Grundstück. Sie liebten sich und kamen in ihrer Zweisamkeit sehr gut miteinander zurecht. Agneta, seine erste Frau, war damals ausgezogen und lebte jetzt in Stockholm. Er hatte gehört, sie wäre mit einem Arzt verheiratet. Als sie ihn vor achtzehn Jahren verließ, wusste er eine Zeitlang nicht, was er tun sollte. Er liebte sie, doch sie hörte mehr auf die Gerüchte, die in den Zeitungen standen, als auf seine Unschuldsbeteuerungen. Inzwischen hatte er gelernt, ohne sie zurechtzukommen, und Debbie war eine tolle Frau. Aber eines würde er nie verschmerzen können; die Trennung von seinen Kindern.

      Lena, seine jüngere Tochter, war unverheiratet. Sie hatte in Stockholm Philosophie und Kunstgeschichte studiert und war viel in der Welt unterwegs. Frida lebte mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in Malmö. Früher, als noch alles intakt war, kamen sie immer, um mit ihm auf den See hinaus zu fahren und zu angeln.

      Rubina, seine Adoptivtochter, war in New Haven verheiratet. Sie hatte in Boston an der Uni einen Mann kennengelernt und ist dort geblieben. Mit ihr hatte er noch regen Kontakt. Obwohl sie so weit von einander entfernt lebten, schrieben sie sich häufig oder machten Videokonferenzen und trafen sich mindestens einmal im Jahr. In diesem Jahr würde sie Weihnachten bei ihm und ihrer Stiefmutter Debbie in Malmö verbringen.

      Lennart Jonsson´s Eltern waren Landwirte, die einen recht großen Hof in Smaland, etwa zweihundertfünfzig Kilometer weiter nordöstlich, bewirtschafteten. Er sollte auch Landwirt werden, doch er wollte nicht, so dass sein jüngerer Bruder den Hof übernahm und auch noch heute bewirtschaftete.

      Lennart Jonsson hatte andere Interessen. Anfangs sah es so aus, als ob er in die Politik gehen würde, denn sein politisches Selbstverständnis war geprägt von der Arbeit im Sozialdemokratischen Studentenverein während seines Studiums an der Universität in Stockholm, wo er Wirtschaftswissenschaften und Anglistik studierte. In dieser Zeit engagierte er sich aktiv in der schwedischen Hochschülerschaft, dessen Vorsitzender Olof Palme einige Jahre zuvor war, und dieser Mann war es auch, der seine politischen Vorstellungen weitestgehend beeinflusste.

      Nach dem Studium entschied er sich jedoch gegen eine politische Karriere und ging zu Ericsson. Als erfolgreicher Vertriebschef für Skandinavien holte ihn die MicroData Ende der siebziger Jahre und machte ihn zum Vertriebsdirektor für Vertrieb und Services für Skandinavien und Finnland, zwei Jahre später auch für Großbritannien, Kanada und die USA.

      In den Vereinigten Staaten hatte er lange Jahre gelebt. Als er vor fünf Jahren pensioniert wurde war er mit Debbie zurück nach Schweden gezogen.

      Er goss sich eine Tasse Kaffee ein.

      »Ich werde nach Österreich fliegen. Er soll mir ins Gesicht sagen, dass er mit der Verleumdungskampagne nichts zu tun hatte.«

      »Kommen die anderen denn auch, Lennart?«

      »Ich weiß es nicht. Wir haben ja alle keinen Kontakt mehr.«

      Münster

      4. Dezember 2010

      »Es ist Zeit, Herr Wittenberg«, sagte der Chauffeur.

      »Ja, Bernhard, ich komme. Sagen Sie schon einmal meiner Frau Bescheid, dass ich gleich los muss.«

      Siegmund Wittenberg saß an seinem Schreibtisch in der ersten Etage seines Hauses in Münster-Wilkinghege, nicht weit entfernt von dem gleichnamigen Schloss. Das Haus gehörte der Familie seiner Frau Gerda Schulte-Terlinden-Wittenberg in der sechsten Generation, ebenso wie alles drum herum, was weit und breit zu sehen war. Zweihundertfünfzig Hektar gutes Ackerland. Eine eingesessene, allseits geachtete und manchmal auch ein wenig, wenn auch nur heimlich, beneidete Familie.

      Siegmund Wittenberg hatte Gerda an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelm-Universität in Münster kennengelernt.

      Sie war die bezauberndste Tänzerin auf dem Semesterball 1972. Er hatte sich sofort in sie verliebt, und auch sie zögerte nicht, Ja zu sagen, als er sie zu Weihnachten 1973 fragte, ob sie seine Frau werden wolle. Später hatte er sich manchmal gefragt, ob er sie auch geheiratet hätte, wenn sie nicht aus dem Hause der Schulte-Terlinden gekommen wäre. Sie liebte ihn und zeigte für alle seine Marotten Verständnis, und in ihrer Bodenständigkeit war sie ihm sogar sehr liebenswert, aber mit der Zeit stumpfte er immer mehr ab, wenn er sie sah, und begab sich immer wieder in Affären mit anderen Frauen. Ihr Leben verlief nach einigen Jahren Ehe wie bei vielen anderen auch. Jeder erledigte seine Aufgaben, doch ansonsten lebten beide weitestgehend nebeneinander her. Nur manchmal kam das alte Feuer wieder auf. Dann verschlug es ihm die Sprache, wenn sie mit einem Lächeln in ihrer unnachahmlichen Art ihren westfälischen Dickschädel durchsetzte.

      Gerda hatte ihm immer den Rücken für seine vielfältigen

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