GIFT geschädigt. Maxi Hill

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das sich mit Aaron gerade verflüchtigt hatte, war für Krüger nicht auszumachen.

      Natürlich kein Unkraut, dachte Schrimp. Wildkraut. Das paukte er den Schülern gehörig ein und das sollte auch er so gebrauchen, trotz übler Absicht. Aber für die üble Absicht wäre Wildkraut sehr unpassend gewesen. Was hatte Krüger wirklich gemeint?

      Von irgendwoher war ein nicht sehr neues Auto gekommen, mit Heckspoiler und verbreiterten Felgen. Es hielt mit knatterndem Motor vor dem Haupteingang. Der Fahrer, vermutlich der Freund eines der Mädchen aus der Dreizehn, ließ lässig einen Arm aus dem Fenster baumeln, in der Hand die glimmende Zigarette.

      Krüger spurtete neugierig zum kleinen seitlichen Fenster, aber Schrimp hatte nicht sehen können, welches Mädchen wenig später eingestiegen war. Nur das knatternde Geräusch des davonbrausenden Wagens hing noch lange in der Luft.

      Er hatte nicht vergessen, wie es war, als er noch zur Penne ging. Kaum, dass jemand ein Fahrrad besaß. Kaum, dass man sich einem Mädchen auf weniger als einen Meter nähern durfte, um nicht beim Direx antanzen zu müssen … Diese Zeit war längst in die Vergangenheit gewichen, nicht die Gedanken. Die heutige Gesellschaft ist erstaunlich großmütig. Jeder darf leben wie er es für richtig befindet. Ein jeder bestimmt sein Risiko selbst, wenn er es denn kennt!

      Schrimp steckte eine Hand lässig in die Jackentasche und lief die Treppe hinauf, zurück in sein Kabinett. Fertig war er mit seinen Gedanken noch nicht. Ist es gut so, wie es jetzt ist? Ihm kamen Inkas Worte in den Sinn. Warum jetzt? Hatten sie etwas mit der Freimütigkeit dieser Gesellschaft zu tun, mit dem selbstbestimmten Risiko. Oder vielleicht mit Aaron?

       Wenn jeder lebt, wie er es für richtig hält, muss man sich nicht wundern, wenn Unternehmer Produkte in den Markt werfen, die auf Kosten unserer Gesundheit enorme Gewinne abwerfen..

      Schrimp schüttelte sich, als müsse er erwachen. Nein. Keine Schwarzmalerei. Seine Gedanken hatten nur etwas mit Inkas Angst vor schadstoffbelasteten Lebensmitteln zu tun.

      Vor dem Schrank mit den besonderen Exponaten ließ er diese Art Gedanken endlich davonfliegen. Hier hatte alles Hand und Fuß. Hier war er in seinem Metier. Er zog den weißen Arbeitsmantel über und füllte die gefährlichen Pflanzenteile aus den Plastiktüten vorerst noch getrennt in kleine Dosen, ehe sie als Präparate für das Mikroskopieren aufbereitet werden sollten: Samen, Pollen, Härchen von Stängel, Blättern und Blüten. Das waren dankbare Arbeiten für die wissenschaftlich-praktische Arbeit der Zehner. Im Präparieren schlugen die Zehner sich ziemlich wacker.

      Während Margot Scherz sich im angrenzenden Unterrichtsraum mit den neuen Siebenern mühte, legte er selbst die großen Pflanzenteile, detailgetreu ausgebreitet, akribisch in die Presse, nachdem er noch einmal gezoomte Foto-Aufnahmen gemacht hatte. Damit zu warten, wäre Frevel.

      Am Freitag war er früher als sonst auf dem Weg nach Hause. Inka hatte ihn gebeten, nicht so lange herumzumurksen, sondern zügig die Schule zu verlassen. Sie hatten sich vorgenommen, ihre Fahrräder, die sie zur Durchsicht gebracht hatten, wieder abzuholen. Am Wochenende stand eine Tagestour mit Freunden um den Spremberger Stausee im Programm, wo immer ein ausgiebiges Mittagessen abfiel, das den Frauen die Zeit am Küchenherd ersparte. Inka war nicht böse, wenn sie mal nicht kochen musste. Sie kochte gut, aber nicht selten hörte Schrimp ihr Klagen von der vielen Zeit, die die Zubereitung eines guten Mahles benötige, um ruckzuck verschlungen zu werden. Gewöhnlich vermutete er hinter Inkas Klage einen Seitenhieb auf seine Art zu essen. Er aß wesentlich schneller als sie und wartete nicht selten ungeduldig auf den Abgesang, um sich den wahrhaft interessanten Dingen zu widmen. Irgendwie hatte Inka auf andere Weise Recht. Hausarbeit war zeitraubend und uneffektiv. Seit die Kinder aus dem Haus waren, hatte sie eine passable Methode entwickelt, um stets Hausgemachtes auf den Tisch zu bringen und trotzdem nicht täglich am Herd stehen zu müssen.

      Er nahm den Weg über die Spree, überquerte die Kollwitz-Brücke und lief geradeaus weiter durch den Puschkin-Park. Hier außerhalb der alten Stadtmauer verliefen im Mittelalter die Graben- und Wallanlagen zum Schutz der Stadt. Jetzt gab es hier einen gut gepflegten Grüngürtel um die Altstadt herum. Durch die Reihe der Sträucher und Bäume blinkte das Gegenlicht der hellen Fassaden jener Häuser, die von den Alteingesessenen keines Wortes gewürdigt wurden, die ihn aber, als er hierher gezogen war, geradezu fasziniert hatten. Diese Stadt war gesegnet mit Jugendstilbauten. Das Konservatorium war nur einer von vielen. Früher befand sich dort das einzige Gymnasium der Stadt, vorbehalten für Arbeiter- und Bauernkinder. Ein staatliches Eigentor für jene Proleten, denen der Staat einst die höhere Bildung zukommen ließ. Danach waren deren Kinder keine Arbeiterkinder mehr, standen nun vor den selbst gebauten Schranken und durften sie nicht passieren, um das Werk ihrer Eltern fortzuführen. Dieser Zustand engstirniger Reglementierung hielt viele Jahrgänge an. Schrimp grinste verschlagen. Das gehörte zur Geschichte, die zuweilen kuriose Geschichten erzählt. Vorbei.

      Unter den Platanen und uralten Eichen saßen kleine und größere Gruppen Jugendlicher, deren Fahrräder auf der gut gepflegten Wiese wild durcheinander lagen. Am kleinen Hang zur Stadtmauer hin gab es eine Versammlung junger Mütter mit ihren Babys, die im Schutze ihrer Wagenburg die Kleinen stillten oder windelten. Dazwischen tobten ausgelassen zwei Hündchen und hinterließen krankmachende Exkremente, obwohl unweit eine der neuen Hundeservice-Stationen stand, wo man neuerdings eine Tüte für die Entsorgung ziehen konnte. Das Bild der Mütter hätte Inka gefallen, das Bild kotender Hunde wäre nichts für sie. Inka …

      Seine Gedanken waren noch nicht zu Ende gedacht, als eine Frau auftauchte, die ihm bekannt vorkam. Keine Frage, sie kam direkt auf ihn zu. Konsequent und ohne lange Floskeln sagte sie in ziemlicher Erregung:

      »Herr Fedder. Ist es wahr, dass Sie die Schüler giftige Pflanzen sezieren lassen?«

      Vom dunklen Haar der Frau hing eine Strähne über die Schulter nach vorn bis über das Revers des hellgrünen Kostüms. Ebenso hellgrüne Augen versprühten jenen Unmut, den er bei dieser Art Frauen ganz und gar nicht mochte. Diese »Art« war jene, die von der Männerwelt als attraktiv bezeichnet wurde. Was aber war attraktiv an dieser Frau, wenn aus so köstlichen Lippen so grimmige Worte stürzten?

      »Guten Tag«, sagte er. »So viel Zeit muss sein. «

      »Hamm. Simone Hamm«, sagte sie und schien einen Augenaufschlag lang verwirrt zu sein. Das gefiel ihm. Er suchte in ihrem Gesicht und glaubte, es sähe sogar ein wenig beschämt aus. Das gab sich, als sie weiterzureden begann. »Ich denke, Sie wissen, wie es Sebastian geht. Und ich denke, Sie wissen, was Sie ihm und den anderen Kindern zumuten.«

      Weil Schrimp nur still seinen Kopf schüttelte und sich zurechtzufinden versuchte, wurde sie schrill. »Beten Sie zu Gott, dass Basties Zustand nichts mit der Ambrosia-Pflanze zu tun hat. Aber wenn doch, dann treffen wir uns wieder. Schon bald.«

      »Woher wissen Sie …?«

      »Sie wissen offenbar nicht, was Sie anrichten können.«

      Sebastian Hamm war seit diesem Schuljahr im Leistungskurs registriert, obwohl er nicht gerade das stärkste Pferd im Biostall war. Er galt aber bisher nicht als Schürzenkind, das sich an der Mutterbrust ausheulte. Natürlich war Schrimp der Zustand des Jungen bekannt. Natürlich hatte er in diesem Moment nicht im Mindesten daran gedacht. Es ging auch nicht um Mut oder Experimente, es ging um die Fähigkeit, die Natur zu erkennen und die richtigen Schritte einzuleiten, wenn Widrigkeiten erkannt werden. Und das zumindest hatte der Leistungskurs der Elfer inzwischen mit Bravur bewiesen.

      »Soweit ich weiß, leidet Sebastian seit Langem unter unerklärlichen Symptomen. Von der Pflanze können die nicht sein, die gibt es erst seit diesem Sommer. Wir untersuchen das Terrain jährlich. Alles, was je dort wuchs, ist katalogisiert …«

      »Dann

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