Laila - Die Farben der Klänge & Verfluchte Liebe. Maxi Hill
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Читать онлайн книгу Laila - Die Farben der Klänge & Verfluchte Liebe - Maxi Hill страница 16
»Ich kenne da jemand. Komm nächstes Sonntag zu «Syrtaki», setzen mit Frau an Stammtisch und … lass uns machen. Okay?«
Sein Du machte die Sache wenigstens für mich ein wenig leichter, trotzdem wollte ich wissen: »Wer ist uns?«
»Sie ist … wie sagt man … Landsleutin?«
»Landsmännin?«
Er klopfte mir sofort auf die Schulter, ohne den geringsten Zweifel zu hegen, von Einheimischen nicht die richtige Aussage zu deren Muttersprache zu bekommen. »Versuche zu finden heraus, was Frau vermischt. Musik und Farben, Duft und Muster, Farben und Zahlen? Okay?«
Er rang sich ein Lächeln ab und ließ seine Zähne unter dem buschigen Schnauzbart blitzen, dann ging er. Endgültig.
Ottmar fuchtelte dem Hünen hinterher und schimpfte:
»Dieser Lalakakis mit seiner Bauernschläue. Lass dich bloß nicht auf diesen Griechen ein. Der mischt sich überall ein.«
»Ist doch besser als gar nichts«, gab ich meiner einzigen zu Fleisch gewordenen Hoffnung zu verstehen, was ich von seiner Hilfe hielt, wegen der ich mich hierher bewegt hatte. Von mehr enttäuschten Bekenntnissen über Ottmars Schläue hielt ich mich zurück, doch der gestikulierte weiter. Gut möglich, dass er meinen kritischen Einwand überhört hatte.
»Die alten Griechen dachten, das Gehirn dient ausschließlich der Abkühlung des Blutes. Irgendwie scheint es bei Lalakakis noch immer so zu sein«, wetterte er. »Farben für Zahlen? Ja bitte - Ich bin kein Synästhetiker, die Zahlen auf meinem Konto sind trotzdem rot.«
Es kümmerte mich nicht wirklich, ob Ottmar viel oder wenig Knete besaß. Vielmehr lag mir bisher die Zeit am Herzen. Das Einzige, was sich von Ottmars Schimpftirade in meinem Inneren verankert hatte war das Misstrauen gegen den Hünen – aber das dümpelte zu dieser Zeit noch als Kaulquappe im trüben Teich meiner Orientierungskrise.
Jetzt aber registrierte mein Kopf einen neuartigen Tumult unter meinem Brustbein, den meine egostarke Natur bisher als das Chaos eines Genies klassifiziert hatte. Mich zog es fort. Ich brauchte Zeit, um mir über dieses Synästhesie-Phänomen klar zu werden, das Laila zu etwas ganz Besonderem machte. Es muss genial sein, dachte ich. Hätte ich diese Gabe, würde mein kreatives Vermögen schon längst nicht mehr auf dem niederen Level herumdümpeln. Andererseits konnte Lailas Gabe auch eine Last sein. Wer will schon ständig unter Doppelfeuer stehen? Trägt Laila deshalb dauernd diese Kopfhörer? Und bisweilen die dunkle Brille?
»Hör mal, du musst dich mal für mich ins Zeug legen … bei Conny …«
Ein paar von Ottis Worten hatte ich während meiner geistigen Zeitreise noch aufgeschnappt, ehe ich, wer weiß wie, auf der Straße stand und nicht einmal wusste, ob ich mich von Ottmar verabschiedet hatte. Der winzige Strohhalm, den mir der Hüne zugeworfen hatte, reichte aus, in meinem Inneren eine Hochstimmung zu gebären, die sich kreißend vom obersten Schädelbereich abwärts schob auf den Weg zu den Mundwinkeln. Freundliche Menschen schienen in dieser Stadt keine Seltenheit zu sein, man grinste hundertfach zurück, als wünschte man mir Glück. Dabei war die neue Gewissheit weit davon entfernt, ein Quell purer Freude zu sein. Das aber wusste ich in diesem Moment noch nicht.
»Ein bisschen mehr Lebensfreude, meine Dame.«
Ich knuffte Conny, die ihren Kopf in beide Hände stützte und aus wässrigen Augen neidisch auf meine gute Laune stierte. Mit gebrochener Stimme versuchte sie mir plausibel zu machen, dass ich für die PK am Montag noch zehn Qs & As zu schreiben hätte und dass Tarrach sie bis elf Uhr benötigte. Ich hasste diese Anglizismen-Manie, die einzig dafür geschaffen war, unsere besondere Geisteskraft zu demonstrieren, ohne die eine Karriere im Werbebusiness illusorisch blieb. Mein Vize-Chef Tarrach war die personifizierte Anglizismenmaschine, aber das sollte mich von meiner Aufgabe nicht abhalten.
Ganz nebenbei sah ich, wie Connys Mundwinkel verdächtig zuckten.
»Was ist los, Baby? «
Schon heulte sie los, erst lautlos, dann schamlos, bis sie in ihr Taschentuch prustete:
»Was weiß ich, ob ihr nicht unter einer Decke steckt! «
Also ging es um Tarrach. Ihre Hysterie ging mir zwar auf die Nerven, doch ich konnte mittlerweile verstehen, warum es Menschen einander in die Arme treibt, die sich unter anderen Umständen keines Blickes gewürdigt hätten. Die Macht des Begehrens ist stärker als alle Vernunft. Nun verhielt es sich aber so, dass die Schöpfung Mensch sehr weit entfernt von all den anderen Kreaturen auf dieser Welt war, die einzig der Erhaltung der Art wegen einander begehrten. Die menschliche Kopulation dient - neben der Lust an der Lust im Allgemeinen - der Steigerung des Lebensniveaus im Besonderen, wobei im Letzteren Connys Erwartung bestand.
»Du heulst doch nicht, weil du das Vertrauen verloren hast. Du heulst, weil du den Glauben an dich selber verloren hast, weil deine Erwartungen zu hoch geflogen sind und der Absturz so wehtut. «
Wie ich es meinte und wie Conny es verstand, dazwischen lagen Welten, das verriet mir ihr boshafter Blick. Ich hatte es gut an diesem frühen Morgen, noch war ich mir sicher, dass mir so etwas nie passieren könne. Bis zu meiner Erfahrung mit Laila vergeudete ich keinen einzigen Gedanken daran, ein Mann könnte Schuld an den Tränen einer Frau haben.
Ohne die nervende Sirene erneut in Gang setzen zu wollen und ohne meine gute Laune in weiblicher Hysterie ersaufen zu lassen, tastete ich mich vorsichtig an Connys Problem:
»Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib ist nur ein Gebot, kein Verbot! Das gilt auch für Tarrach!«
Conny zog ein Papiertaschentuch aus dem zerknüllten Päckchen und schnäuzte sich lautstark, während sie gleichzeitig zu heulen und zu klagen begann:
»Vor Gott hat er sich selber zu verantworten. Aber vor mir sollte er …«
»Du willst doch nicht klagen, dass er dich betrogen hat?«
»Ich will sagen, dass er ein Schwein ist, ein verdammtes…!«
Warum blieb mir dieses weibliche Aufbegehren vor den Abgründen einer unerfüllten Liebe nicht erspart. Gleich würde sie mir ihren Todeswillen kundtun. Zu jener Zeit hatte meine Diplomatie im Umgang mit Frauen noch den Status eines unterentwickelten Ober-Primaten.
»Schade«, sagte ich in Gedanken, doch die meinten nicht Tarrach und auch nicht Conny, die meinten den Detailverlust an Informationen, die Conny im Anfall ihrer körperlichen Erschütterung mit den Worten bedacht hatte: wenn ich das Galle sage …! Ich feixte, doch das brachte sie noch mehr aus der Fassung. Ihre fiebrig glitzernden Augen lagen tief in einer dunklen Höhle, von breiten, braunen Ringen umgeben.
»Schade«, wiederholte ich gelassen. »Du hast gerade deinen berühmten Charme verloren. Dabei hatte ich noch eben vor …«
»Das Eine sage ich dir…«, krächzte sie.
»Gut. Und das Andere sagst du mir, wenn du wieder den nötigen Charme entwickeln kannst, für Ottmar zum Beispiel.«
Conny erstarrte für einen Moment. Dann rollten ihre blutunterlaufenen Augen, dass mir himmelangst wurde. Ich stellte mir vor, wie es aussähe, wenn einem die Augen platzten. Peng – und du hast die