Laila - Die Farben der Klänge & Verfluchte Liebe. Maxi Hill
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Читать онлайн книгу Laila - Die Farben der Klänge & Verfluchte Liebe - Maxi Hill страница 11
Ich war entweder noch nicht verdorben genug oder zählte mich bereits zu den Geläuterten.
Der Morgen graute noch, doch die Dunkelheit hatte sich hinter die Stadtgrenzen verzogen. Vom Osten her lichtete sich bereits der Horizont, jene Zeit also, zu der ich mich bisher noch einmal auf die anderer Seite drehte und an nichts als an die zwei freien Tage dachte, die ich mir durch nichts und von niemand nehmen ließ. Nicht an diesem Samstag. So voller Vorfreude war ich noch niemals aus meinem Bett gehüpft. Gewöhnlich schlief ich bis zum Nachmittag. Fast eine Stunde lang saß ich in der Badewanne. Ich, der seit Jahren nur noch die rasche Dusche kannte, entdeckte die Erotik des Badens. Ich betrachtete meinen Körper und kicherte, wie klein und unbedeutend, dann aber wieder groß und mächtig er mir erschien, je nach der Wasserdichte, die meinen Durchblick brach. Alles ist relativ, schmunzelte ich und freute mich auf den sonnigen Tag, der es zu werden versprach.
Nach dem Bade probierte ich all meine Duftwässerchen aus, um herauszufinden, welches Laila gefallen könnte. Ich trödelte gut gelaunt vor mich hin, doch die Uhr schien auch nichts Besseres zu tun zu haben. Um die Zeit zu überbrücken, fiel mir ein, auch meinen Alfa-Romeo von seinem unverwechselbaren Charme einer Mülltonne zu befreien, schließlich sollte Laila mit mir fahren. Ich war mächtig stolz auf meinen wiedergeborenen Ordnungssinn, dabei gebührte der Stolz eher ihr. Sie allein war die Ursache meiner Narrheiten, zu denen ich mich seit kurzem immer wieder hinreißen ließ. Natürlich musste ich nach der Säuberungsaktion noch einmal unter die Dusche.
Schon zwanzig Minuten vor zwei Uhr brauste ich los. Die Altstadt war ätzend, wieder kein freies Plätzchen. Warum stand Laila nicht vor dem Haus? Wir hatten es so vereinbart. Ich hasste es, wie ein Freier auf eine der Bordsteinschwalben zu warten, weniger hasste ich, mein Prachtstück in eine begehrte freie Lücke zu stoßen. Ich blieb einfach in der zweiten Reihe stehen, schaltete auf Warnblinker und sauste die Treppen hinauf, immer zwei Stufen überspringend. Zu meinem Erstaunen wurde schon vor meiner Annäherung die Tür zu Lailas Wohnung aufgerissen. Doch es war nicht die ungeduldige Laila, es war Lizzy. Sie thronte zwischen dem Türrahmen und reckte mir ihre halbentblößten Pampelmusen entgegen, ohne den Weg frei zu machen. Lasziv benetzte ihre Zunge die Oberlippe bevor sie verführerisch lächelte: »Du weißt nicht, was du tust, Matti.«
»Doch. Ich hole Laila ab«, entfuhr es mir, obwohl ich ahnte, dass so kein Weg an Lizzy vorbei führte. Ich setzte meine gierigste Miene auf und schnippte über die Knubbel unter ihrem Pullover. Das zumindest öffnete mir zur Hälfte den Durchgang in den Flur. Lizzy konnte es nicht lassen und schubberte ein wenig nach, als ich mich an ihr vorbei zwängte. Auf meinem direkten Weg hin zu Lailas Zimmer hörte ich, wie sie giftete:
»Sieh an, man kennt sich aus.«
Laila saß still in ihrem Zimmer am Schreibtisch und arbeitete noch. Sie trug weiße Jeans und ein weißes T-Shirt mit verschieden breiten Querstreifen in leuchtendem Mintgrün. Ihr langes, dichtes Haar fiel glatt über die Schulter und wellte sich erst über ihrer festen Brust. Als sie mich sah, schreckte sie auf, schaute auf ihre silberne Armbanduhr und schien sich zu wundern.
»Ich komme«, hauchte sie und zauberte ein Lächeln in ihr Gesicht, das dem sonnigen Tag um nichts nachstand.
»Ich stehe im Parkverbot«, drängelte ich.
Laila lief zur Küche und verglich die Zeit ihrer Uhr mit dem Regulator an der Wand.
»Gibt es heute besondere Strahlungen?«
»Noch nicht, Schätzchen«, flötete Lizzy. Sie hatte sich an der Küchentür aufgepflanzt und grinste merkwürdig. Die Uhr in der Küche stand auf 13.30 Uhr und wie sich später herausstellte, auch Lailas Armbanduhr. Jemand wollte nicht, dass Laila rechtzeitig am vereinbarten Platz stand. Jemand, der wusste, dass ich mich von keiner Frau vertrösten ließ.
Für den Moment hoffte ich nur, Laila würde sich beeilen. Lizzy versuchte es derweil mit ihren Verführungskünsten.
»Vorsicht«, hauchte sie, während eine Mohrrübe wollüstig zwischen ihren kunstvoll lackierten Lippen rein und raus rutschte. »Bei Laila wirst du erst vorbohren müssen.«
Ich wendete mich ab. Warum widerte mich plötzlich an, was mir bisher Spaß gemacht hätte. Ich kam zu dem Schluss, Laila wirkte auf mich wie diese modernen Antisuchtmittelchen. Wenn man die konsumierte, sollte die einst begehrteste Droge einen Würgereiz erzeugen.
Etwas Neues fesselte mich und ich war drauf und dran, es zu ergründen.
Endlich kam Laila über den Flur. Sie trug flache, sehr biegsame weiße Schuhe mit einer winzigen mintgrünen Applikation. Jedes Detail an ihr stimmte. Ich freute mich über den charmanten Unterschied. Jedes andere Mädchen hätte sich für das erste Rendezvous mächtig aufgemotzt. Nicht Laila. Das Weiß ihrer Kleidung hob die Muskathaut wohltuend hervor. Sie brauchte kein aufreizendes Dekolleté - alles an ihr sah appetitlich aus. Lizzy war kalt gestellt, vergessen. Jede Sünde mit ihr war verleugnet.
Erst im Treppenhaus fiel mir ein, dass Laila trotz sommerlicher Temperatur nichts vom Chic der bauchfreien Mode hielt. Sie zupfte sogar ihren Pulli immer wieder unter den breiten Gürtel, den eine riesige Schnalle zierte. Laila war eben anders. Wie sehr, das wurde mir am Ende dieses Tages bitter klar.
Wir fuhren hinaus an den südlichen Stadtrand. Ich kannte die sanften Schluchten, die - mit Erlen und Eichen bewachsen - ein ansehnliches Terrain um den kleinen künstlichen Badesee bildeten. Unweit von hier, flussaufwärts, stand Oma Hannahs Haus. Dort, wo ich meine schönsten Kindertage verbrachte, lebte jetzt eine fremde Familie mit drei Kindern zur Miete.
Wenngleich ich ein halbes Leben nicht mehr in den Schluchten gewesen war, erinnerte ich mich noch an die schönsten Uferplätze, die verschlungenen Hohlwege, die sichersten Verstecke aus der Kinderzeit. Allein sie waren der Grund, hier zu sein und nicht anderswo. Worauf genau meine heimlichen Wünsche an diesem sonnigen Frühsommertag abzielten, wusste nur mein Unterbewusstsein. Mein Verstand hatte sich geschworen, sittsam wie der dümmste Anfänger zu bleiben.
Ich erzählte Laila, wie Vater immer tobte, wenn ich mein Fahrrad mit zerbeulten Felgen und zerschrammtem Rahmen heimlich in den Kellergang schob, aber am nächsten Morgen behauptete, ich wüsste bei Gott nicht, wer es so arg zugerichtet hatte.
Laila hatte noch nie etwas von diesen Schluchten gehört. Das lag wohl eher daran, dass es in Wahrheit nur ein paar Falten in der Landschaft waren, längsseits des Flusses, mit reichlich Natur kaschiert. In einer so lausigen Gegend entwickeln die Menschen ihre Erfindungsgabe auch bei Namen.
Laila lief wie eine Gazelle neben mir her und plauderte angenehm. Sie trug nicht mehr die Züge von Scheu auf ihrem Gesicht. Ihre großen dunklen Augen blickten bei jedem Lächeln munter zu mir auf und ich fasste Mut, meinen Arm um ihre Schulter zu legen und sie von Minuten zu Minuten enger zu umschlingen. Mit dem Eindruck größter Gelassenheit ließ sie es geschehen und redete ungestört weiter.
Mich beherrschte ein ganz anderer Gedanke: Ich werde sie besitzen, ich werde in ihr sein. In diesem schmalen Becken, von schlanken Schenkeln umschlungen.
Schon bald sah ich einen weichen Uferplatz. Dennoch zögerte