Laila - Die Farben der Klänge & Verfluchte Liebe. Maxi Hill

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Laila - Die Farben der Klänge & Verfluchte Liebe - Maxi Hill

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wütend auf mich und die Welt und noch viel mehr auf diese Laila da oben, stapfte ich auf der Marktstraße umher. Sollte ich die paar Schritte zur Mauerstraße gehen und die Polizei hierher bitten? Zuerst fiel mir Ottmar ein. Ich verwarf den Gedanken, er war dumm, denn ich war feige. Das jahrelange Gelächter über meine Blödheit wäre mir sicher gewesen. Ich leuchtete mit meinem Feuerzeug die Klingelknöpfe ab. Ganz oben der Name Winter, das Namensschild daneben jungfräulich weiß. Dort läutete ich Sturm. Noch einmal. Nichts. Das muss nichts bedeuten, tröstete ich mich, und drückte noch ein- oder zweimal. Jetzt knackte es in der Sprechanlage, gesprochen wurde aber nicht. Der Türöffner wurde auch nicht betätigt. Nach längerem Warten schlug ich mit der Faust zweimal dagegen, um endlich zu gehen.

      »Lizzy, bist du es?«, lösten sich die Worte aus dem Blech, beinahe flüsternd, doch es war Lailas Stimme, unbedingt.

      Matti, du bist ein Idiot, maulte ich mit mir selbst und verschwand endgültig im Chaos meines Lebens, dem Laila noch einen gehörigen Schub geben sollte.

      Von meinem Bildschirm prangte die verblüffende Lösung. Schemenhaft im Hintergrund drei Menschen. Die Worte: Er -Sie – Es dominierten fett und hoffungsvoll grün, nur die kleinen Zeichen, die alles zu einer Formel machten, hoben sich rot ab, wie mit dem Pinsel hin gewischt. Darüber prangte der rote Slogan in Pinselschrift:

       »Viele Banken reden vom Sparen – Wir reden von Zuwachs«

      Zugegeben, der Text war eine Adaption, nicht ganz neu, aber neu war die Grundidee.

      Auf meinem noch immer aufgeräumten Schreibtisch lagen wie zufällig die Blätter mit Variationen des Entwurfes herum. Ich war nun mal für Galle der Chaot, dieses Image sollte mir jetzt von Vorteil sein. Galle würde niemals vermuten, wie ich mich inszenierte, wie ich den Beifall des Betrachters provozierte. Würde mein Draft nicht ankommen - so müsste ich zumindest den Entwurf bezeichnen, wenn ich mit Galle darüber sprechen würde, denn meine Chefs waren auf dem Höhepunkt der Anglizismensucht angekommen - also, würde der Entwurf nur müdes Achselzucken auslösen, könnte ich immer noch behaupten, es sei lediglich die Secound-Best-Lösung.

      »Na bitte, es geht doch«, sagte Galle tatsächlich im Vorbeigehen, blieb aber dann doch stehen und zog ein Blatt heraus und gleich noch eins. Lange, jedenfalls länger als die obligatorische Sekunde, betrachtete er die Blätter, klopfte mir auf die Schulter und befahl mittels schwungvollen Rücktransportes eines der Blätter vor meine erstaunten Blicke: »Daraus machen Sie eine Serie.«

      Conny und Tarrach gesellten sich in ungewohnter Vertraulichkeit dazu und fanden meine Arbeit unisono nicht schlecht, was immer das heißen sollte. Und irgendwie kam ich mir vor, als würde ich zu Hause bei Mama in der Küche sitzen.

      »Ein Bums wirkt manchmal Wunder«, flötete Conny, himmelte dabei jedoch Tarrach an, wie ich es noch nie von ihr gesehen hatte. Während ich mich noch in geistige Unkosten stürzte, was mit den beiden geschehen sein könnte, knallte die Tür zum Chefbüro mit lautem Getöse zu. Galle war verschwunden. Er musste Conny völlig missverstanden haben. Nicht meinen Ausrutscher mit Galles Frau konnte Conny gemeint haben, eher Galles Wutanfall wegen meines chaotischen Arbeitsstils. Tarrach quittierte die Marotte des Chefs mit einem Grinsen, rümpfte die Nase und tätschelte Connys Arm, die dafür beinahe in Ohnmacht zu fallen schien.

      »Hätscheln Sie diese Muse, es ist eine brauchbare.«

      Tarrach ging zum Wandschrank, holte eine Flasche Sekt heraus, köpfte sie wortlos und tat sehr kollegial. Auch wenn seine Blicke weder mir noch der gelungenen Arbeit galten, schenkte er eigenhändig die Gläser voll.

      »Es wird Zeit, etwas nachzuholen. «

      Diese Worte hätten für mich schon als Sieg des Tages gelten können. Doch Tarrach ließ sich noch weiter herab. Zuerst reichte er Conny und dann sogar mir mit seiner eigenen, verschwitzten Pranke eines der Gläser.

      »Ich heiße Bodo«, griente er und ehe ich mich versah, küsste er Conny und ich befürchtete schon, auch seine schwammig feuchten Lippen ertragen zu müssen, weil seine Gebaren keinen dienstlichen Siegestrunk sondern eine sehr persönliche Orgie erwarten ließen. Schließlich prostete er auch mir zu. Trotzdem begriff ich, dass mein Erfolg nicht der Auslöser freundlicher Chef-Gemüter war. Meinem Ego sollte die feuchte Anerkennung fürs Erste genügen. Ich hatte die richtige Muse geküsst, wie Tarrach es nannte.

      Die richtige Muse geküsst … Laila. Der Gedanke an sie versetzte mir einen Hieb in die Magengegend und ich ahnte, dass es nicht allein mein schlechtes Gewissen war. Tarrach hatte inzwischen Conny vor sich her aus der Tür geschoben und ich hörte, wie sie kichernd im Serverraum verschwanden. Mir wurde schlecht. Ich muss einmal zum Arzt gehen, dachte ich, und setzte mich vor meinen Monitor, arbeitete aber nicht. Der Druck in meiner Brust wurde immer stärker. Es war, als wollte etwas aus mir heraus und klammerte sich doch fest wie eine Klette. Manchmal war mir das Gefühl auch angenehm und ich befürchtete schon, es könnte so etwas Sentimentales wie Liebe sein. Wenn es ein Reglement gäbe, das die Männer danach beurteilt, wie sie in der Lagen sind, Liebe zeigen zu können, wäre ich in der Kategorie total unterentwickelt eingestuft worden. Damals.

      Und woran lag das? An der Interpretation meiner Umwelt. Für meinen Vater schien die Liebe das perfekte Imperfekt zu sein. So wie Mutter redete, konnte ich daraus schließen, dass ihre Liebe im Plusquamperfekt existierte. Meine Kumpels redeten, wenn überhaupt, über Liebe immer im Futur 2. Warum also sollte meine Liebe im Präsens vorkommen? Und bitte, wen oder was sollte ich lieben?

      Laila. Warum fiel mir immer wieder Laila ein? Die unvollständige Sinfonie meiner Gefühle hatte Untertöne bekommen. Laila war ein Halbton, der sich in meinem Gehör eingenistet hatte. Physikalisch betrachtet war sie eher ein Magnet. Sie zog mich an, doch näherte ich mich von der falschen Seite - stieß sie mich ab.

      Ich nahm mir vor, ihr wenigstens das Resultat unserer gemeinsamen Idee zukommen zu lassen. Zu dieser Fassung jedenfalls hatte ich mich immerhin vor mir selbst – und nur für mich selbst - herabgelassen. Wen würde es auch interessieren, welche Muse mich geküsst hat. Sie hat, und basta. Nein, verdammt, sie hat nicht. Ich hatte versucht sie zu küssen … und alles versaut. Mehr noch, ich habe die Muse geküsst und bin von selbiger verstoßen worden. Verstoßen!

      Matti Braun ist verstoßen worden! Von einer Frau! Von einer unscheinbaren, kleinen Frau ist Matti ins Schlittern gebracht worden. Aquaplaning?

      Wenn zwischen mir und jedem beliebigen Mädchen einmal die Bodenhaftung verloren ging, schlitterte ich zur nächsten.

      Nicht bei einem Mädchen wie Laila, das wurde mir klar, als Conny und Tarrach mit hochroten Köpfen wieder zu ihren Arbeitsplätzen schlichen. Ich verstand Conny nicht, aber musste man alles verstehen? Inzwischen beherrschte mich selbst der absurde Gedanke, einmal im Leben mit einem unschuldigen, reinen Wesen schlafen zu wollen - Liebe zu machen. Selbst wenn dabei ein Salto vorwärts vom Präsens zum Plusquamperfekt heraus käme. Ein Mann muss alles einmal erlebt haben.

      Laila. Ich werde sie herumkriegen, wie ich noch jede herumgekriegt habe. Sie wird glauben, sich frei entschieden zu haben. Aber sie wird dem Zwang der Neugier nicht widerstehen können. Auch sie wird ausprobieren wollen, was andere vor ihr so verzückte. So, wie ich Laila erlebt hatte, war nicht anzunehmen, Lizzy habe ihr von meinen Qualitäten erzählt.

      Ich musste dieses unberührte Stück Natur erobern, meine Augen darauf spazieren lassen, erforschend in sie dringen. Ich würde … nein, ich würde vorerst nur mit ihr reden, nur reden, ich schwor es beim Dornröschenschlaf meiner Libido.

      Die Clique traf sich diesmal in der «Eule». Das Kino-Café lag zentral, für alle in Kürze erreichbar. Die rustikale Atmosphäre

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