Laila - Die Farben der Klänge & Verfluchte Liebe. Maxi Hill

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Laila - Die Farben der Klänge & Verfluchte Liebe - Maxi Hill

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dem beachtlichen Umfang des ehrwürdigen Baumes und ich hatte Mühe, ihrem Übermut zu entsprechen. Ich fing sie ein und küsste sie stürmischer, als sie es bisher von mir kannte. Eigentlich hielt ich nichts vom Küssen, dazu hatte ich schon zu viele gierige Lippen erdulden müssen. Wenn ich mal eine Frau geküsst habe, dann nur, um ihr endlich den Wind aus dem Wortgetöse zu nehmen, das mich nervte. Warum also drängte es mich so unbändig, Laila zu küssen?

      Wir schlenderten auf dem schmalen Pfad am Ufer entlang und hatten nur Platz in engster Umarmung. Eine Entenfamilie watschelte aus dem nahen Unterholz auf das Ufer zu. In den letzten Monaten war viel Regen gefallen. Die Böschung war überspült, der Sprung in die Fluten für die Kleinen ungefährlich. Trotzdem wartete der Entenvater mit stolzer Brust, bis alle Kinder das Wasser erreicht hatten und der umsichtigen Mutter hastig hinterher ruderten. Erst nach vollendeter Schutzfunktion ließ sich der Erpel hinter seiner Familie auf das Wasser gleiten. Warum funktioniert die Tierwelt ohne Regeln und Zwangsverfügungen, ohne auf Moral und Gesetz pochen zu müssen?

      Lailas Atem ging schwer. Ich hörte auf das Trommelfeuer ihres Herzens, das zu überschlagen drohte und ich muss gestehen, auch zwischen meinen Rippen regte sich Unbekanntes. Ausgerechnet von dort hallte meine Freude zurück, mit der ich sah, wie entzückt Laila die Pracht der aufbrechenden Natur bewunderte.

      Ein schmaler Wasserlauf schnitt uns den Weg ab. Wir liefen die Böschung hinauf und südseitig wieder hinunter. Da lag er, der See mit dem nördlichen Badestrand aus grobem Kies. Auf der Wiese an der Ostseite unter alten Eichen und jungen Buchen tobten zwei Hunde. Sie gebärdeten sich aufgeregt beim Anblick des Gegenstandes, dem sie furchtlos folgten, wenn ihr Herrchen ihn schwungvoll in die Fluten beförderte. Nach jedem Abort schüttelten sich die beiden, dass es nur so spritzte. Laila lächelte. Sie schmiegte sich enger an mich und flüsterte in die Stille unserer Gedanken.

      »Es ist so friedlich hier …«

      Ich drückte sie fester gegen meine Schulter, schwieg aber, wohl wissend, was ein falsches Wort bei ihr auslösen konnte. » … und da unten fallen die Bomben auf unschuldige Kinder.«

      Ihre letzten Worte vibrierten sanftmütig durch die Frühlingsluft, zaghafter als das freudige Bekenntnis zuvor.

      Da unten? wiederholten meine Gedanken lautlos. Ich nickte, als wäre auch ich betroffen und dachte: Warum denken alle Menschen bei einem Unglück nur an die Kinder? Es gibt auch unschuldige Erwachsene, Alte, Schwache, Gebrechliche, die in ihrer Hinfälligkeit schutzlos sind.

      »Matthi΄s, die Welt ist entartet. Die Menschheit ist verkommen. Es ist schön, dass du anders bist … dass du da bist. «

      Was sie sagte, war erhebend. Es glich der Ermunterung zu all jenem, was ich so sehr begehrte. Nicht, weil ich mich für unwiderstehlich hielt oder nur jene Frauen mochte, die mich bewunderten. Ich glaubte, mindestens genauso gut denken zu können wie gaffen. Und meinen Augen gefiel, was da neben mir her tappte, sehr sogar, aber konnte ich Laila wegen dieses kleinen Seufzers schon als Erfolg verbuchen? Hatte ich sie, oder begann sie gerade, mich mit ihren kindlich angstvollen Worten einzuwickeln. Ich konnte ihrem fragenden Blick kaum standhalten und wusste nicht, wo meine Augen verweilen sollten, außer auf den vorwitzigen Hügeln unter ihrem Pulli. Ihre Schmeichelei klang noch lange nach in der betörenden Luft dieser Landschaft, in meinen Ohren und in meiner Erobererbrust. Ich streichelte sie und versuchte, nicht auf ihre bekümmerten Worte einzugehen, die sie sehr zu beschäftigen schienen. Im letzten Moment war mir gerade noch eingefallen, wie sie in der «Harmonika» über den Krieg gesprochen hatte, obwohl sie so zart und schwächlich vor uns stand. Jetzt war ihr Körper in meinen Armen eine angenehme Empfindung, die durch nichts getrübt sein durfte. Mit versagender Stimme, aber im Glauben, Männer wüssten immer die richtige Antwort, hauchte ich: »Es ist doch so weit weg.«

      Sie schien es nicht gehört zu haben und flüsterte, scheinbar entrückt von dieser Welt:

      »Wie kann man glauben, aufgestaute Wut ließe sich mit roher Gewalt und Unterdrückung bekämpfen?«

      »Du meinst den Terrorismus?«

      Sie nickte nur, doch ich spürte den Druck ihrer Hand auf meinem Arm. Zustimmend.

      »Er ist aus der Ohnmacht geboren. Alles Böse wird aus Wut, aus Ratlosigkeit gezeugt.«

      Wieder schwiegen wir, doch ich musste etwas erwidern, auch wenn mir das Thema absolut nicht gefiel.

      »Und die Wut der Amis?«

      »Wenn man möchte, findet man immer einen Grund. Sie werden diesen Krieg vielleicht gewinnen, aber den Frieden für lange Zeit verspielen. Ihre Bomben können diese Welt ebenso wenig von Übeltätern befreien, wie sie ihr einen neuen Gott zuweisen können. «

      Laila zitterte. Ihre Augen nahmen den funkelnden Glanz an, den die Frühsommersonne auf den nahen See spiegelte. Ich streichelte ihre Arme und drückte ihren Kopf an meine Brust. Ihr Haar fiel schwer herab und verdeckte den feuchten Blick, dessen sie sich offenbar schämte. Sie musste aus jener Welt sein, sonst könnte sie nicht so stark mit denen fühlen, die unserer Kultur so fremd waren. Für große Worte war mir nicht zumute. Ich wollte einen erquicklichen Nachmittag und wenn sie mir das schon versagte, dann eben eine erfolgreiche Nacht.

      »Komm, lach mal und lass deine traurigen Gedanken.«

      »Für jeden der lacht, gibt es zwei auf der Welt, die weinen.«

      Meine Manöver verloren sich in ihrem Ernst, in einer allzu rasch eintretenden Schwermut. Es hatte keinen Zweck, sie überrumpeln zu wollen. Behutsam nahm ich sie bei den Schultern und lief mit ihr dem Platz entgegen, an dem ich meinen Alfa abgestellt hatte.

      Leise und gebrochen, aber mit klarem Verstand sprach sie über die Ängste, die sie für unsere Welt empfand und ich fragte mich, warum mir das an diesem schönen Tag passieren musste. Seit langem hatte ich nicht mehr so viel Vorfreude empfunden, soviel an neuer Erfahrung erwartet. Bei meiner trivialen Liebe war das längst einmal fällig, aber so? Nein. Eine erste wichtige Erfahrung hatte ich gemacht, auch wenn es eine andere Art von Erfahrung war, als ich sie mir vorgestellt hatte.

      Laila schien viel über das Leben nachzudenken und sie hatte Recht. Das wusste ich seit meiner Kindheit von meinem Vater. Hitlers Granaten haben nicht Stalin getroffen und Stalins Bomben nicht Hitler getötete. Das sei die größte Lehre deutscher Geschichte, die aber kein Kind in der Schule lerne. Nicht hüben und nicht drüben. Diese Lehre war für den kalten Krieg untauglich und wenigstens der musste seine Rechtfertigung behalten.

      Sollte ich jetzt mit Laila diskutieren? Sollte ich ihr sagen, dass Krieg immer todbringend ist? Jetzt? Hier? Krieg war keine Lösung, gewiss nicht. Aber es war erst recht kein Thema für zwei Menschen, die sich in solch schönen Momenten lieben sollten. Ich spürte, wie sich meine erwartungsvolle Spannung langsam in Nichts auflöste.

      »Das Einzige, was unersetzbar zerstört wird, sind die Menschen. Wer kann das wirklich gut heißen«, raunte sie mit tief gesenktem Kopf, ohne mich eines Blickes zu bedenken. Von der Liebe war Laila weit entfernt. Ich bemühte mich, verständnisvoll zu erscheinen und sprach, als hätte ich drei Pfund Kreide gefressen.

      »Laila. Wir haben zu wenig Einblick in diese Dinge, um urteilen zu können. Es ist eine neue Form von Krieg. Nie da gewesen. Ein Krieg der Kulturen.«

      Ich war nicht blind geboren und kannte wohl den Hintergrund jenes Krieges, den sie meinte. Die Kultur alleine war es nicht, solange Öl nicht schon als Kulturgut galt, was bei den Amis nie auszuschließen war.

      Laila löste sich behutsam aus meiner Umarmung und suchte meine Hand, ehe sie erwiderte:

      »Solange

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