Unter dem Ostwind. Wilhelm Thöring
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Читать онлайн книгу Unter dem Ostwind - Wilhelm Thöring страница 27
„Meinst du, dass das gehen wird?“ fragt die Frau. Denn das Angebot der Pastorin hat schon einen gewissen Reiz für sie.
„Du solltest es versuchen“, rät der Mann. „Weißt du, wenn sie etwas von dir verlangen, was du nicht tun kannst, dann, Malchen, ziehst du dich ganz einfach aus diesem Verein zurück. Gründe werden sich immer finden lassen. Aber du hast deinen guten Willen gezeigt!“
„Ja, Jendrik, ich werde mir das durch den Kopf gehen lassen.“
„Für dich und für unser Ansehen wäre es gut“, er nickt überzeugt. „Jetzt, da wir expandieren ...“
„Ja.“
„Versuche es.“
„Ich muss mir das überlegen.“
„Ich, Malchen, gebe dir die Zeit. Aber ob die Pastorin Wohlgethan sie dir geben wird? Ich denke, die wird schon in den nächsten Tagen hier auftauchen und dich wieder bedrängen.“
„Ja, das denke ich auch. Aber ich brauche Zeit.“
„Hast du ihr das gesagt?“
„Nein.“
„Du hättest sie gleich an deine Arbeiten erinnern sollen.“
„Ich habe nicht daran gedacht.“
„Ja, ja.“
Es scheint dem Mann Freude zu bereiten, dieses von seiner Frau zu wissen. Er lacht sie an und schüttelt manchmal ungläubig den Kopf. Dann reißt er sie an sich. „Malchen“, sagt er. „Ich habe dich immer für eine Wölfin oder für eine Bärin gehalten, für eine gutmütige und sanfte Bärin, aber doch stark und mir in manchem weit überlegen. Und jetzt muss ich erfahren, dass du ein Reh bist, voller Angst und voller Schrecken!“
„Das darfst aber nur du wissen“, sagt sie an seiner Brust. Und dann: „Du musst etwas Geduld mit mir haben, Jendrik. Vielleicht lerne ich es noch, Briefe zu schreiben und zu lesen. Und manches andere auch.“
„Ja, willst du es denn lernen?“
„Ich möchte schon. Aber wie kann man das lernen?“
„Ich werde darüber nachdenken“, sagt er. „Denn hier können wir keinen Menschen danach fragen.“
„Und auch darin bitte ich dich um Geduld: meine Müdigkeit wird auch wieder vergehen.“
„Du bist müde?“ fragt er verwundert.
„Lange schon. Ich habe es dir sagen wollen, Jendrik. Einige Male habe ich es versucht, aber du hast mir nicht zugehört. Du bist sogar böse auf mich geworden.“
„Malchen!“ ruft der Mann erschreckt.
„Doch, doch.“
Er beugt sich über sie, dass sie fast ganz in seine Körperkrümmung geschmiegt ist. „Meine kleine Wildgans, du.“
„So hast du mich schon lange nicht mehr genannt. Bald nach der Hochzeit hast du vergessen, dass du mir einmal diesen Namen gegeben hast.“
„Malchen ...“ bittet er. „Manchmal weiß ich nicht, wo mir der Kopf steht ... Die Arbeit, die Leute ...“ Sie hat ihn beschämt, und er steht da, die Arme um ihren Leib geschlungen, und weiß nicht, was er tun oder sagen soll. Sie hat ihm heute eine ihrer verborgenen und unbekannten Seiten gezeigt, die ihn so verblüfft und gleichzeitig auch ein wenig stolz und überlegen gemacht hat.
Bevor er seine Frau verlässt, versichert er ihr in der Tür: „Ich werde über die Sache nachdenken, Malchen. Das ist ein Versprechen.“
Der Witold konnte nicht an sich halten und hat seine Mütze ungehalten auf die Erde geschmissen; erst war er rot vor Wut, jetzt ist er bleich geworden, und vor lauter Ohnmacht kaut er seine Lippe, bis sie blutet. Aufgebracht blickt er seinen Herrn an, und der steht da und amüsiert sich, scheint sich sogar über Witolds Wutausbruch lustig zu machen, und das bringt den Witold noch mehr auf. Wie kann der Herr die Sache mit den polnischen Webern nicht ernst nehmen? Wie kann er ihn selbst nicht ernst nehmen, da er doch nur auf Ordnung und Verlässlichkeit bedacht ist!
„Witold, ich weiß, dass sie öfter mit verschränkten Armen dastehen. Nur – ich habe sie noch nie dabei erwischt!“
„Nein, weil die Hunde gerissen sind. Vor Ihnen, Meister, sind sie auf der Hut. Aber bei mir – für die bin ich nur ein polnischer Rotzlöffel. “
„Ja, Witold, ein junger Pole bist du. Und das ärgert die drei da drinnen. Aber du wirst ihnen zeigen, dass du ernst zunehmen bist.“
„Und die Polen, sagen die Deutschen, die sind alle faul. Tagediebe sind sie.“
„Wer sagt das? Ich sage das nicht!“
„Nein, Sie nicht. Aber die anderen sagen das.“
„Hast du das gehört, Witold?“
„Nein.“
„Und du, Witold, bist alles andere als faul. Du bist mein bester Mann in der Weberei. Darum sollst du Vorarbeiter werden.“
„Aber die drei da sind faul!“ beharrt Witold und deutet mit dem Kinn nach der Weberei. „Und ihre Arbeit ist schlecht. Wenn Sie sie danach bezahlen würden, dann ...“
„Was dann, Witold?“
„Schreien und herumbrüllen würden die Halunken, weil sie für ihre Arbeit einen Bettellohn bekämen und jedem erzählen, dass alle Deutschen ausbeuter und Halsabschneider sind. Vielleicht würden sie sogar versuchen, einen Aufstand anzuzetteln, wie es einige Arbeiter in den großen Lodzer Webereien schon getan haben.“
„Wie gut du Bescheid weißt. Woher hast du denn diese Neuigkeit?“
„Ach, das wissen doch alle. – Sie sollten sie nach ihrer Arbeit bezahlen, Meister. Gute Arbeit – gutes Geld. Miese Arbeit – ja, dann kann der Lohn nicht anders sein.“
„Gut, Witold, ich werde ein Auge auf die drei haben.“
„Das sagen Sie nur so.“
„Nein, ich will auf sie achtgeben, damit du, Witold, es mit denen leichter hast und dich nicht über sie ärgern musst.“
Beruhigend klopft Jendrik ihm auf die Schulter und nicht ganz überzeugt geht der Witold wieder an seine Arbeit. Seine Mütze dreht und knetet er zwischen den Fingern und er verschafft sich in der Weise Luft, dass er ausspuckt und so leise, dass der Meister es nicht hören kann, in seiner Sprache vor sich hinflucht.
Der Meister ist zu seinem Bruder nach Lodz gefahren.
Seiner Frau sagte Jendrik, als sie ihn erstaunt und fragend anblickte, der Bruder wüsste Rat, wie er mit seinem Leinen noch bessere Geschäft machen könnte.
„Bist du