Rette sich, wer kann!. Ekkehard Wolf
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Rogge präsentierte seinem staunenden Publikum seine Geschichte und seine Rechnung ging auf.
Seine männlichen Kollegen verfolgten den kleinen Vortrag mit wachem Interesse und die junge Frau wusste offenkundig nicht, wie ihr geschah.
Sie schien innerlich zu schwanken zwischen Aufbegehren und schamhaftem in den Boden versinken und beschränkte sie sich schließlich darauf, seinen Ausführungen mit hochrotem Kopf wortlos zu folgen. Der wütende Blick, den sie ihm zwischenzeitlich zuwarf hätte ihn warnen müssen, doch Rogge überging diese Warnsignale und erkundigte sich abschließend in fast väterlichem Ton lediglich nach den Gründen ihrer Anschuldigungen.
„Was hast du dir nur dabei gedacht?“
In Gedanken war er inzwischen längst bei der Frage angelangt, woher um alles in der Welt die junge Frau dieses Photo hatte.
Tatsächlich war er der Kleinen nach seiner Erinnerung noch nie zuvor begegnet. Und doch kam sie ihm so seltsam vertraut vor.
Während Rogge sich bereits das Gehirn zermarterte, wer um alles in der Welt auf die verrückte Idee gekommen sein mochte, ausgerechnet ihm die Urheberschaft für die ominösen Texte in die Schuhe zu schieben, wurde es im Raum entgegen seiner Erwartung noch einmal spannend.
„Ich bin eine Hure? Wie können Sie nur so etwas behaupten? Ich habe doch nur getan, was Sie gesagt haben. Warum machen Sie das jetzt mit mir?“
Die Verzweiflung klang echt und wirkte überzeugend. Rogge musste sich eingestehen, dass die junge Dame da vor ihm das Hascherl zwar überzeugend darzustellen vermochte, aber es allem Anschein nach nicht war. Der Schwarze Peter lag jetzt plötzlich wieder bei ihm.
Rogge lehnte sich zurück und dachte nach.
Schlagartig wurde ihm klar, dass er sich wahrheitswidrig hatte dazu hinreißen lassen, der Geschichte der Kleinen insofern eine gewisse Glaubwürdigkeit verliehen zu haben, als er zugegeben hatte, nicht nur zum fraglichen Zeitpunkt im Land gewesen zu sein, sondern die Beschuldigte noch dazu zu kennen und das sogar sehr intim.
Wie Rogge im gleichen Moment begriff, bedurfte es jetzt nur noch eines kleinen Kunstgriffs, um die Glaubwürdigkeit seiner Darstellung gründlich zu erschüttern.
Wie der Polizist neidlos anerkennen musste, zögerte „das kleine Biest“ vor ihm nicht, diese Karte auszuspielen.
„Wenn Sie mit mir geschlafen haben wollen, dann Sie wissen natürlich auch, dass ich ein großes Muttermal habe. Sagen Sie doch einfach, wo!“
„Touché,“ musste sich Rogge eingestehen.
Er nahm sich vor, dieses „kleine Miststück“ sehr gründlich durchleuchten zu lassen.
Ihre Reaktion bewies ihm endgültig, dass er es hier nicht mit einem unbedarften Unschuldslamm zu tun hatte.
Er musterte die junge Frau aufmerksam und war sich sicher, aus ihrem Blick, der erstmals seit Beginn der Vernehmung dem seinen ohne auszuweichen stand hielt, den Triumph ablesen zu können, den sie glaubte errungen zu haben.
Der Oberrat entschloss sich zu einem neuerlichen Strategiewechsel.
„Jetzt pass’ mal auf Mädchen,“ eröffnete er die nächste Partie und bemühte sich dabei um einen polizeitypisch energischen und zugleich herablassend anzüglichen Ton:
„Ob und wenn ja wo Du an deinem sicherlich sehr hübschen Körper ein Muttermal versteckt hältst, das interessiert hier im Augenblick nun wirklich nicht. Damit kann sich ja gelegentlich mal die Sitte befassen. Was uns hier und jetzt interessiert, das ist eine Antwort auf die Frage, wie du an dieses Material gekommen bist, wer dahinter steckt und welche Rolle du in dem gesamten Spielchen spielst.“
Er unterbrach sich selbst, um der offiziellen Übersetzerin Gelegenheit zu geben, seine Worte ins Estnische zu übertragen. Als dies geschehen war, fügte er mit einem aufgesetzten breiten Grinsen hinzu:
„Wie wir beide wissen, ist die kleine Geschichte, die ich gerade zum Besten gegeben habe, ebenso frei erfunden, wie dein Märchen von unserer Begegnung vor zwei Wochen. Nicht erfunden ist dagegen das nette kleine „Beweisphoto“, das du uns hier unter die Nase gerieben hast. Und ich möchte jetzt endlich wissen, wie das zustande gekommen ist.“
Das nervöse Flackern in den Augen seiner Gegenspielerin zeigte dem Beamten, dass die junge Frau mit dieser Wendung nicht gerechnet zu haben schien.
Während seine Worte erneut übersetzt wurden, machte sich Rogge klar, dass die Existenz des Photos eigentlich nur bedeuten konnte, dass der jungen Frau oder zumindest ihren Hinterleuten bereits vor seiner Ankunft hier bekannt gewesen sein musste, dass ihm dieser Fall übertragen war. Da über seine Ankunft zuvor lediglich die estnischen Kollegen informiert worden waren, konnte das nach Lage der Dinge ausgeschlossen werden, sofern nicht eine undichte Stelle genau hier im hiesigen Polizeiapparat existierte. Wahrscheinlicher aber war, dass das Photo nach seiner Ankunft aufgenommen, in der kurzen Zeit bis zum Beginn der Vernehmung zusammengestellt und der jungen Frau mit den dazugehörigen Instruktionen zugesteckt worden sein musste. Aber welchen Sinn machte eine solche direkte Intrige gegen ihn?
War es denkbar, dass so versucht wurde die Bereitschaft der estnischen Kollegen zur Kooperation mit ihm zu blockieren?
Da sich die Frau zu dieser Zeit ja bereits in U-Haft befand, bedeutete das in jedem Fall aber zugleich auch, dass irgendjemand von Einfluss im estnischen Apparat an der Sache beteiligt gewesen sein musste. Da war er sich jetzt völlig sicher. Doch welches Interesse konnten die Esten daran haben, ausgerechnet ihn hier mit einem solch absurden Verdacht zu konfrontieren?
Oder war es denkbar, dass das nicht auf die Initiative der Esten zurück ging, sondern ganz simpel eine Aktion von seinen eigenen Leute war, um ihn zu kompromittieren und damit los zu werden?
Hatte die junge Estin die Geschichte nicht erst erzählt, nachdem sie mit der Profilerin vor die Tür gegangen war? Und war es nicht seine liebe Kollegin gewesen, die rein zufällig eine zu der Speicherkarte passende Digitalkamera bereit gehalten hatte?
Irritiert wandte sich der Oberrat seiner Kollegin zu.
Falls seine Vermutung zutreffend sein sollte, gelang es ihr jetzt ausgezeichnet, sich zu verstellen. Erneut sah sie ihn mit demselben erstaunt, fragenden Blick an, den sie ihm bereits zugeworfen hatte, als er ihren „Hinweis“ nicht beachtet hatte. Doch lag darin keine Spur von Unsicherheit.
Während alle gespannt auf die Antwort der jungen Estin warteten, musste sich Rogge eingestehen, dass die Idee vom Heckenschützen aus den eigenen Reihen eigentlich keinen rechten Sinn ergab. Wenn man ihn los werden wollte, so gab es andere Möglichkeiten oder ging es vielleicht um etwas ganz anderes?
Noch bevor er sich dazu entschließen konnte, einer der Möglichkeiten den Vorrang einzuräumen, ließ sich erneut die Estin vernehmen.
„Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen!“ Die angebliche Studentin hatte sich offenkundig dazu entschlossen, bei ihrer bisherigen Linie zu bleiben.
„Sie haben mir