Rette sich, wer kann!. Ekkehard Wolf

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Rette sich, wer kann! - Ekkehard Wolf страница 6

Rette sich, wer kann! - Ekkehard Wolf Europakrimi

Скачать книгу

die Dame eine gewisse Ähnlichkeit mit der Frau hatte, deren Verschwinden dem Oberrat seither keine Ruhe mehr ließ, nur eben etwas jünger.

      Dem Anschein nach mochte die Festgenommene Anfang bis höchstens Mitte Zwanzig sein. Die Tage in der U-Haft hatten sie sichtbar mitgenommen. Ihr Gesicht war blass und sie wirkte müde. Anscheinend war sie aus dem Stand heraus festgenommen worden und hatte seither keine Gelegenheit gehabt, sich frisch einzukleiden. Die helle Bluse machte einen leicht zerknitterten Eindruck und der Beschuldigten war dies bewusst und anscheinend unangenehm. Mit den Fingerspitzen zupfte sie zunächst an den Ärmelbündchen und versuchte dann, den Stoff mit den Händen ein wenig zu glätten. Wie zufällig zeichneten sich die Konturen Ihres Oberkörpers dabei für einen Moment lang sehr deutlich ab. Es war nur ein ganz kurzer Blick, den sie Rogge dabei zuwarf, doch der ließ ihn aufmerksam werden. Es sprach etwas ausgesprochen Provozierendes aus ihren Augen und das hatte so gar nicht zu tun mit dem niedergeschlagenen Eindruck, den sie beim Hereinkommen vermittelt hatte.

      Um sich zu vergewissern blickte Rogge auf das vor ihm liegende Datenblatt und zog die Augenbrauen hoch. Er hatte sich verschätzt, die Frau würde in wenigen Monaten ihren dreißigsten Geburtstag feiern.

      Um dem oder der Täter/in auf die Spur zu kommen konnte die kleine Germanistikstudentin, namens Julia Enkell, als welche sich die vermeintliche Attentäterin in spe laut den Eintragungen ihres Ausweises entpuppt hatte, bedauerlicherweise bis jetzt keine wirklich weiterführenden sachdienlichen Hinweise machen.

      Sie hatte die Gelegenheit wahrgenommen, sich ein paar Dollar zu verdienen und das Ganze zudem für eine der üblichen Szeneaktionen gehalten, mit denen verschiedene Gruppen seit geraumer Zeit versuchten, das Problembewusstsein in Sachen Atomenergienutzung in den postsowjetischen, baltischen Staaten auf internationales Niveau zu bringen.

      Immerhin war sie in der Lage, vergleichsweise konkrete Angaben zu den Auftraggebern zu machen.

      Ein Mann mittleren Alters hatte sie unter Vermittlung eines Kommilitonen angesprochen, der gelegentlich Touristen bei Stadtführungen begleitete und ihr den Auftrag erteilt, das Papier zu übersetzen, zu vervielfältigen und dann in den Cafes im Universitätsviertel auszulegen.

      Die junge Frau war sich daher ganz sicher, den Auftraggeber als Touristen identifizieren zu können. Und sie war sich ebenfalls sicher, dass dieser Tourist der Aussprache nach aus Deutschland oder vielleicht noch Österreich stammen musste.

      Er hatte bar und im Voraus bezahlt und die junge Frau hatte sich daher verpflichtet gefühlt, ihre Zusage auch einzuhalten. Das klang glaubhaft. Dreihundert Euro stellten für die kleine Studentin sicher keinen Pappenstiel dar. Rogge war sich nach diesen Auskünften keineswegs sicher, wie er nun weitermachen sollte.

      Bei Licht besehen dürfte der jungen Dame vielleicht gerade noch ein Phantombild zu entlocken sein. Mit dem Fall an sich hatte sie aber im eigentlichen Sinne offenkundig nichts zu tun.

      Alles andere sah nunmehr nach der üblichen Routinearbeit aus: Um herauszufinden, wer der Studentin diesen Auftrag erteilt hatte, würde es notwenig sein, die Passagierlisten der Reisegruppen zur Luft und zur See für den fraglichen Zeitraum zu überprüfen, die Daten der Grenzkontrollstellen abzufragen, bei den Hotels die Gästebücher einzusehen und so den Kreis der infrage kommenden Personen systematisch einzugrenzen.

      Rogge war sich im Grunde sicher, dass diese Vorgehensweise vergleichsweise schnell zu dem gewünschten Resultat würde führen müssen und er seiner Dienststelle den Auftraggeber bereits in den nächsten Tagen, spätestens Wochen auf dem silbernen Tablett würde präsentieren können.

      Schließlich, so machte sich der Oberrat klar, dürfte die Zahl der aus Deutschland stammenden Touristen mittleren Alters, auf die sich zur fraglichen Zeit die Beschreibung der Studentin anwenden ließ, sehr überschaubar sein.

      Es war also kaum damit zu rechnen, dass sich der Übeltäter noch lange den Fragen der Ermittler würde entziehen können.

      Der Kriminaler war innerlich bereits im Begriff, erneut die Koffer zu packen. um die Heimreise anzutreten, als ihn eine kleine Ergänzung im Vernehmungsprotokoll stutzig machte, die zu erwähnen die junge Germanistikstudentin bisher nicht für nötig befunden hatte.

      Der Mann hatte sich nicht nur in Begleitung ihres Kommilitonen befunden. Im Wagen vor dem Lokal, in dem sie sich getroffen hatten, habe noch eine Frau gesessen, die selbst ansonsten aber nicht weiter in Erscheinung getreten sei. An deren Aussehen konnte sich die Studentin daher auch nicht erinnern. Dafür war ihr bei dem Auto aufgefallen, dass es sich um ein Fahrzeug mit einem einheimischen Kennzeichen gehandelt hatte. Rogge freute sich über die hiermit erreichten Fortschritte im Schweinsgalopp und erkundigte sich bei seinen estnischen Kollegen danach, ob deren Befragungen bezüglich des Fahrzeuges bereits zu irgendwelchen verwertbaren Ergebnissen geführt hatten.

      Nachdem er ihnen das Gefühl gegeben hatte, wieder in die Ermittlungen einbezogen zu sein, ließen diese ihn nicht im unklaren darüber, dass es sich bei dem Wagen vermutlich um das Fahrzeug des Deutschen gehandelt haben dürfte, das zur Verschleierung seiner tatsächlichen Herkunft lediglich mit einem estnischen Kennzeichen ausgestattet worden war.

      Zu dieser Einsicht waren die Kollegen gelangt, nachdem sie die Fahrzeugdaten, die ihnen der Kommilitone der Studentin im übrigen sehr genau hatte beschreiben können, als Volkswagen identifiziert und diese Angaben dann mit den in Estland gemeldeten Wagen dieses Typs abgeglichen hatten. Ein solcher Wagen war in dieser Farbe im ganzen Land nicht zugelassen.

      Spät, aber wie die späteren Ereignisse noch zeigen sollten, nicht zu spät, begann Rogge hellhörig zu werden. Immerhin bedeutete diese Erkenntnis, dass der große Unbekannte neben der ahnungslosen Studentin und deren Kommilitonen weitere Helfer im Land gehabt haben musste und das wiederum ließ die baldige Identifizierung dieses Herrn weniger wahrscheinlich erscheinen. Schließlich war kaum anzunehmen, dass jemand, der es für geboten hält zwar mit dem eigenen Wagen, aber gefälschtem Nummernschild aufzukreuzen ausgerechnet im Hotel seinen richtigen Namen angegeben haben sollte.

      Als er versuchte diesen Sachverhalt zu klären, konnten ihn seine einheimischen Kollegen wieder beruhigen.

      Es sei aus Sowjetzeiten her üblich, sich im Hotel die Reisepässe der Gäste aushändigen zu lassen, wurde dem Beamten aus Deutschland versichert.

      Nicht so sicher waren sich die Kollegen aus Tallin hingegen in der Frage, ob der Gesuchte überhaupt in einem Hotel genächtigt hatte und falls ja, ob er dann dort seinen eigenen Pass vorgelegt haben dürfte. Ausgeschlossen werden konnte das zu diesem Zeitpunkt jedoch auch nicht. Die Überprüfung der einschlägigen Unterkünfte jedenfalls war noch nicht abgeschlossen. Als einzig belastbarer Hoffnungsschimmer verblieb damit vorerst die Begleiterin des Mannes. Wie sich alle beratenden Beamten schnell einig geworden waren, dürfte diese kaum als blinde Passagierin in dem Wagen gesessen haben. Sie müsste folglich in der Lage sein, auch einige Worte zur Identität des Gesuchten zu verlieren.

      „Zu dumm nur“, musste sich Rogge eingestehen, dass ausgerechnet die Identität dieser Frau auch nicht bekannt war und in Ermangelung einer brauchbaren Beschreibung wohl so schnell auch nicht in Erfahrung zu bringen sein dürfte.

      Für einen Moment blieb Rogge daher ebenso ratlos wie seine Begleiter und auch den Esten ging es offenkundig nicht viel besser.

      „Mir fällt da gerade noch etwas ein,“ ließ sich in genau diesem Moment die junge Frau vernehmen.

      Sie hatte sich entschieden deutsch zu sprechen, was ihr als Germanistikstudentin auch nicht sonderlich schwer viel, aber die mühselige Übersetzungsarbeit jedenfalls in einer Richtung überflüssig machte.

      „Was ist Ihnen noch eingefallen?“,

Скачать книгу