Czordan und der Millionenerbe. Manfred Rehor

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Czordan und der Millionenerbe - Manfred Rehor

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war keine Nachricht, also fuhr ich den PC hoch und überflog die Liste der Emails, von denen fast alle unerwünschte Werbung enthielten. Eine als wichtig gekennzeichnete Mail mit einem verschlüsselten Anhang stammte von Ronald Swoboda, dem freiberuflichen Detektiv, den Czordan als Hilfe angeheuert hatte.

      Ron arbeitete an einem Fall von Industriespionage. Czordans ‚Wissenschaftliche Auskunftei‘, die nur aus ihm selbst bestand, recherchierte unter anderem für eine Hightech-Firma in Berlin-Adlershof. Als deren Chef sich beiläufig beklagte, dass die chinesische Konkurrenz wichtige Patente und Infos über Verfahrensabläufe in kürzester Zeit in die Hände bekam, bot Czordan an, die undichte Stelle in der Firma zu finden. Das war der Auslöser, der zur Gründung der Detektei führte.

      Seit einigen Tagen war Ron unterwegs, um sich das Umfeld des Betriebes genauer anzusehen. Sein Bericht erwies sich als fünf Seiten lange Aufzählung von Orten, Uhrzeiten und Beobachtungen. Ich formatierte das Dokument um und druckte es für Czordan aus. Der Alte las nicht gerne am PC. Dann ging ich Rons Informationen gründlich durch. Das einzig Chinesische, das er entdecken konnte, war das Chinarestaurant, in dem die Mitarbeiter der Firma mittags aßen, weil der Betrieb keine Kantine hatte.

      Ansonsten bot sich das übliche Durcheinander menschlicher Beziehungen: Der Vorsitzende des Vorstandes, ein Mensch namens Raineri, verheimlichte seine Vorliebe für lederbekleidete käufliche Frauen; das war der Mann, der Czordan beauftragt hatte. Der Leiter der Entwicklungsabteilung hatte ein Verhältnis mit seiner Sekretärin. In der Wohnung der Chefbuchhalterin lebte ein illegal eingereister junger Kubaner. Der Chef der Qualitätssicherung betrog seine Frau mit einem achtzehnjährigen Azubi. Ron war sicher, er würde noch mehr herausfinden, wenn man ihm genügend Zeit ließ.

      Die meisten Führungskräfte dieser Firma waren also wegen ihres Privatlebens erpressbar und kamen als Informanten der Chinesen in Frage. Ron riet, sie rund um die Uhr zu beschatten.

      Als Czordan kurz vor zwölf herunterkam, um die Post durchzusehen, legte ich ihm Rons Bericht vor. Er überflog ihn, grunzte abschätzig und warf ihn in den Aktenvernichter, der das Papier mit einem hässlichen Geräusch zu Schnipseln verarbeitete. „Ron hat nicht verstanden, worauf es ankommt“, sagte er. „Fahr hin und prüf es nach.“

      „Gerne. Was soll ich prüfen?“

      „Wenn sich die Mitarbeiter in dem Restaurant wie in einer Kantine fühlen, dann reden sie dort auch über berufliche Themen.“

      „Und die Serviererinnen hören mit einem undurchdringlichen asiatischen Lächeln zu und berichten es weiter.“

      „Was spricht dagegen?“

      „Die Serviererinnen in Berliner Chinarestaurants stammen überwiegend aus Vietnam und verstehen kaum genug Deutsch, um die Bestellung aufzunehmen.“

      „Finde heraus, ob das dort auch so ist!“

      Das klang wie ein Befehl, also machte ich mich auf den Weg.

      In Treptow kurvte ich mit dem Firmenwagen eine Viertelstunde in der Umgebung des Wissenschaftszentrums Adlershof herum, bevor ich einen Parkplatz entdeckte. Ein paar Hundert Meter weiter befand sich das Restaurant.

      Es unterschied sich in Nichts von anderen preiswerten Chinarestaurants: bunte Dekoration, exotische Hintergrundmusik, Gerüche von verwirrender Vielfalt.

      Ich sah mich nach einem Platz um, von dem aus ich den Raum überblicken konnte. Am besten geeignet war ein kleiner Ecktisch. Aber dort saß bereits ein unscheinbarer Mann vom Typ Versicherungsvertreter vor einer riesigen Portion Kanton-Ente. Es war Ron. Ich ignorierte ihn und wählte einen Fensterplatz.

      Das Restaurant war nicht gut besucht. Um die Sprachkenntnisse des chinesisch aussehenden Kellners zu testen, verwickelte ich ihn in eine Diskussion über das Dessert. Ich bestand auf gebackenen Pfirsichen mit Honig, was es aber nicht gab. Der Mann sprach annehmbar Deutsch, war aufgeweckt, freundlich, kannte sich aber nicht aus in der Speisekarte. Mit asiatischer Hartnäckigkeit verwies er mich auf die Nummern und wollte nur hören, welche ich wünsche. Seine zwei Kollegen sahen von der Theke her amüsiert zu und tuschelten miteinander, bis ich nachgab und bestellte.

      Während ich auf meine ‚Acht Kostbarkeiten‘ wartete, kam eine Gruppe junger, dynamischer Menschen herein. Ron hob als Zeichen eine Augenbraue: Das waren also die Mitarbeiter der Firma. Sie setzten sich an einen langen Tisch und bestellten, ohne einen Blick in die Karte zu werfen. Sofort wurden Getränke serviert, alle alkoholfrei. Die drei Kellner blieben in der Nähe des Tisches stehen und warteten auf weitere Wünsche.

      Diese Gäste fühlten sich hier erkennbar wohl, sie unterhielten sich und lachten. Als das Essen kam, wurden sie ruhiger. Ihrer Mimik nach sprachen sie nun auch über ernstere Themen, also vermutlich Berufliches. Dem Essen folgte eine Runde Cappuccino, dann bezahlten sie.

      Die meisten der Leute gingen, aber zwei blieben sitzen. Sie waren in ein Gespräch vertieft. Einer lieh sich einen Block von einem Kellner und skizzierte etwas. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis auch diese beiden aufbrachen. Das Blatt mit der Skizze ließen sie liegen.

      Mein Kellner nahm es, zerknüllte es und steckte es sich in die Tasche. Erst dann dachte er daran, auch bei mir zu kassieren. Einigen Minuten nach Ron verließ ich das Restaurant. An der nächsten Ecke trafen wir uns.

      „Hat der Alte dich geschickt?“, fragte er.

      „Ja. Du hast nicht die richtige Einstellung zur Arbeit. Dir nur auf Spesen die Wampe voll zu hauen, genügt nicht. Du wirst fürs Recherchieren bezahlt.“

      „Das hat er nicht gesagt!“

      „Deshalb sage ich es. Czordan sagt, die Kellner sind die Industriespione.“

      „Quatsch. Die turnen zwar ständig um den Tisch herum, aber nur, weil sie von den Stammgästen regelmäßig Trinkgelder bekommen. Ich habe in den letzten Tagen etliche Gespräche zwischen diesen Typen von der Firma mitgehört. Die verwenden so viele Fachbegriffe, dass ich nur aus dem Gehörten nicht einmal sagen könnte, um welches Gebiet es geht.“

      „Man soll nicht von sich auf Andere schließen.“

      „Und das sagst ausgerechnet du mir?“

      „Schauen wir mal, was die Kellner machen, wenn die Mittagszeit vorüber ist. Gibt es einen Hinterausgang?“

      „Klar. Bin schon unterwegs.“ Ron schlenderte in die nächste Querstraße.

      Ich holte den Wagen, fuhr bis vor das Restaurant und hielt gegenüber in der zweiten Reihe. Der Verkehr war schwach, es störte also nicht sonderlich. Ich schaltete das Autoradio ein und machte es mir bequem. In solchen Momenten kam mit lästiger Regelmäßigkeit der Reflex wieder hoch, nach einer Zigarette zu greifen. Aber ich rauchte seit zehn Jahren nicht mehr und das war gut so. Zufrieden mit mir selbst beobachtete ich den Verkehr und überlegte, wie ich Czordan dazu überreden könnte, einen größeren Wagen für die Detektei anzuschaffen. Der Kleinwagen mit dem Firmenlogo seiner ‚Wissenschaftlichen Auskunftei‘ war für Beschattungsaktionen nicht sonderlich geeignet.

      Nach einer Viertelstunde kam Ron aus der Nebenstraße. Er marschierte den Gehsteig entlang von mir weg. Gleich darauf erschien der Kellner, der mich bedient hatte. Ich wartete, bis er die nächste Ecke erreichte, ließ den Wagen anrollen und folgte ihm. Der Mann ging ohne Umwege auf den Eingang eines etwa achthundert Meter entfernten Vier-Sterne-Hotels zu.

      Ich ließ den Wagen in der zweiten Reihe stehen und ging hinüber. Durch die Glastüre sah ich, wie der Empfangschef ihm den Zimmerschlüssel

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