Geschwisterliebe. Detlef Wolf

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Geschwisterliebe - Detlef Wolf

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lachte. „Vielleicht kümmerst Du Dich um die Wäsche, und ich räume die Schulbücher ein“, schlug er vor.

      Das Auspacken und Einräumen ihrer Sachen war schnell erledigt. Viel war es ja nicht. Zum Schluß packte Nicole ihre Schultasche für den nächsten Tag.

      „So, das war’s wohl“, sagte sie. „Und jetzt?“

      Stephan sah auf die Uhr. „Halb neun. Noch ziemlich früh. Wann geht Ihr denn für gewöhnlich schlafen?“

      Nicole lachte bitter. „Kommt immer drauf an, was der Alte für den Abend geplant hat. Läßt er uns in Ruhe, so zwischen neun und zehn, je nachdem, wann wir in die Küche können, um zu essen. Wenn er uns mitschleppt, wird’s meistens zwei.“

      „Und wann möchtest Du heute schlafen gehen?“

      „Na, noch nicht. Ich bin noch gar nicht so richtig müde.“

      „Wenn Du Lust hast, können wir uns ja unten noch ein bißchen hinsetzen und was trinken“, schlug er vor.

      Nicole nickte.

      Stephan schickte sie ins Wohnzimmer. Er selbst ging in die Küche und kam kurz darauf mit zwei Gläsern in der Hand zu ihr.

      „Apfelschorle. Ist das okay?“

      Nickend nahm sie ihm eines der Gläser ab. Beide tranken einen Schluck. Wieder saßen sie sich schweigend gegenüber. Stephan hatte sich in die Polster zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Diesmal war es Nicole, die ihn anstarrte.

      „Und wie soll das jetzt weitergehen?“ fragte sie nach einer Weile.

      Stephan schlug die Augen auf und erwiderte ihren Blick. „Ich habe keine Ahnung“, sagte er achselzuckend. „Erstmal bist Du jetzt hier. Und morgen kommt Dein Bruder. Um den werden wir uns kümmern müssen. Er ist ja immer noch krank. Wenn er wieder gesund ist, sehen wir weiter.“

      „Also so lange sollen wir hier wohnen?“

      „Ja, sicher. Und wenn Ihr danach hierbleiben wollt auch noch länger.“

      „Aber das geht doch gar nicht. Das kostet doch Geld. Außerdem kennen wir uns doch gar nicht richtig.“

      „Och, ich denke, das wird sich von selbst ändern, wenn wir erstmal länger zusammen sind. Und um das Geld mach Dir mal keine Sorgen. Tu ich auch nicht.“

      „Trotzdem, Du kannst doch nicht einfach zwei Wildfremde in Deinem Haus wohnen lassen.“

      „Warum denn nicht? Das ist doch nicht verboten.“

      „Aber die Leute werden darüber reden. ‚Die Zervatzky-Blagen, die wohnen jetzt anscheinend bei diesem Stephan’… Wie heißt Du eigentlich weiter?“

      „Van Elst“, antwortete Stephan lächelnd.

      „Also“, fuhr sie fort, „bei diesem van Elst, der den umgebauten Bauernhof hat, da draußen vor der Stadt. Ich möchte mal wissen, was den geritten hat, sich ausgerechnet mit diesen Asi-Bälgern abzugeben.’ Wirst sehen, sowas wird kommen.“

      „Na und? Wenn die Leute reden wollen, sollen sie reden. Mir ist das egal. Außerdem seid Ihr keine Asi-Bälger, sondern zwei ziemlich nette Kinder, die in ziemlichen Schwierigkeiten stecken. Finde ich jedenfalls.“

      Nicole wiegte den Kopf hin und her. „Naja, Kinder? Ich bin immerhin fünfzehn, und Kevin ist dreizehn.“

      „Also gut, Kinder vielleicht nicht mehr ganz. Aber ein bißchen doch schon noch, oder?“

      Sie zuckte die Achseln. „Wenn Du meinst.“

      Stephan lachte. „Nun sind Sie mal nicht gleich beleidigt, junge Frau.“

      „Bin ich ja gar nicht“, wehrte sie ab und grinste.

      Stephan wurde wieder ernst. „Gut, damit haben wir das also geklärt. Ihr wohnt hier, und was die Leute davon halten, interessiert uns nicht. Mit der Zeit werden wir uns schon kennenlernen, und ich bin überzeugt, wir werden auch miteinander auskommen. Das Geld für Euer Essen habe ich auch. Noch was?“

      Nicole schwieg. Sie war sich keineswegs sicher, daß das alles so einfach war. Aber es half ja nichts, jetzt darüber zu streiten. Denn das könnte bedeuten, daß Stephan sie kurzerhand wieder nach Hause schicken würde. Wenn sie nur wüßte, was er von ihnen wollte? Warum hatte er sie bloß hierhergebracht? Irgend etwas mußte er doch geplant haben? Sie konnte es sich nicht erklären. Jedenfalls würde sie auf der Hut sein. Zwar konnte es kaum schlimmer kommen, als es mit dem Alten war, aber möglicherweise kam es aufs selbe raus. Vielleicht war er gar nicht so harmlos, wie er tat? Und hier, in dieser Einsamkeit, weit ab von der Stadt, würde ihnen niemand helfen können. Obwohl, wer hatte ihnen eigentlich geholfen, als sie mitten in der Stadt wohnten? Auch niemand. Immerhin hatten sie hier ein eigenes Zimmer mit einem eigenen Bett darin. Und das Essen war auch besser. Sie beschloß, das alles einfach auf sich zukommen zu lassen. Wenn er anfing, sie zu schlagen oder andere Sachen zu verlangen, konnten sie immer noch weglaufen. Auch wenn das nichts bringen würde. Wohin sollten sie? Zu Hause wartete der Alte. Wahrscheinlich würden sie dann doch lieber bleiben. Und vielleicht kam es ja auch gar nicht so schlimm. Abwarten. Sie sah auf, weil sie glaubte, Stephan habe sie angesprochen. „Hast Du was gesagt?“

      Er lachte. „Allerdings habe ich was gesagt. Ich habe Dich gefragt, was Du überlegst. Du siehst so nachdenklich aus.“

      Nicole schüttelte den Kopf. „Och, nichts weiter“, meinte sie gleichgültig.“

      „Das glaub ich Dir zwar nicht, aber was soll’s.“ Er wurde wieder ernst. „Aber mal was anderes. Ich möchte mit Dir mal über Dich reden.“

      ‚Aha, jetzt kommt’s’, dachte Nicole, und ihre Befürchtungen schienen sich zu bestätigen, denn Stephan fuhr fort:

      „Gestern hab ich Dich ja nun zufällig, wenn auch nicht ganz freiwillig, mal ohne Klamotten gesehen. Und da hab ich mich doch ziemlich erschreckt. Du siehst ja schlimm aus. Ich finde, dagegen sollten wir schnellstens was unternehmen.“

      „Und was gedenkst Du, dagegen zu tun?“ Der Ton ihrer Stimme hatte etwas Aggressives.

      „Ich gar nichts“, antwortete er ruhig. „Ich bin ja kein Arzt. Aber zu einem hingehen solltest Du mal. Du mußt doch Schmerzen haben ohne Ende.“

      „Alles halb so schlimm“, antwortete sie. „Das vergeht wieder. Außerdem gewöhnt man sich dran. Wegen sowas braucht man nicht gleich zum Arzt zu rennen. Davon mal ganz abgesehen, ginge das auch gar nicht. Wir sind nämlich nicht krankenversichert.“

      „Na, das wär ja nun überhaupt kein Grund, nicht zum Arzt zu gehen. Und ich finde schon, daß es schlimm ist. Und nach dem, was Du erzählt hast, dürftest Du vermutlich auch noch an anderen Stellen verletzt sein. Hab ich recht?“

      Sie nickte.

      „Also werden wir uns morgen einen Arzt suchen, und zu dem gehst Du dann. Möglichst zu einem Gynäkologen.“

      Nicole erschrak. „Nein, das kann ich nicht. Das geht auf keinen Fall.“ Sie schüttelte heftig den Kopf und fing an zu weinen.

      Stephan streckte seine Hand nach ihr aus, aber

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