Meier im Quadrat. Jörg Müller
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Mikael sah den Araber mit großen Augen an.
„Ich verdiene doch schon an der Folie und an der Wasserlieferung. Warum wollen Sie mir dann noch 50% an dem restlichen Geschäft geben?“
„Herr Nielsson, ich finde langsam meine Sprache wieder. Das ist mein Dank für den unvergleichlichen Tag. Ich bin kein fanatischer, aber ein sehr gläubiger Moslem. Ich habe mich Allah und seiner unendlichen Macht und Güte noch nie so nah gefühlt wie am heutigen Tag. Was ist gegen dieses einmalige Gefühl schon ein Geschäftsanteil von 50%?“
Jetzt war es an Mikael, sprachlos zu sein. Der Caballero ließ ihm die nötige Zeit, um sich wieder zu sammeln.
„Wir müssen noch zwei Punkte besprechen, Herr Nielsson. Was ist mit dem Patent des Russen und wie binden wir Herrn Meier mit ein, dem wir beide dieses Geschäft in erster Linie verdanken?“
„Mit Gregori habe ich schon eine Vereinbarung getroffen. Hans und ich haben ihm seine Ehre und sein Selbstwertgefühl wiedergegeben. Das ist unbezahlbar. Aber da der Mensch nicht allein von Ehre und vom Selbstwertgefühl leben kann, bekommt der Russe ein großzügiges Gehalt und später eine lebenslange Rente, mit der er mehr als zufrieden ist. Bei Hans ist die Sache schon etwas schwieriger. Er hat das Potenzial der Folie sofort erkannt und uns beide zusammengebracht. Ohne ihn gäbe es kein Geschäft. Deshalb kann man seinen Anteil gar nicht hoch genug einschätzen. Allerdings wird Hans von uns kein Geld annehmen. Für ihn war das in erster Linie ein Freundschaftdienst. Er ist zufrieden, wenn die Firma Maschbau GmbH ihre Beratungsleistungen bei der Realisierung des Folienprojektes angemessen vergütet bekommt. Von Hans Meier weiß ich, dass sein Chef ihn und seinen Freund und kaufmännischen Leiter der Maschbau GmbH sehr gut bezahlt und angemessen am Erfolg beteiligt. Ich werde dafür sorgen, dass die Beratungsleistungen in Verbindung mit der Produktion der Folie ein überaus erfolgreiches Geschäft für die Maschbau GmbH wird. Zusätzlich werde ich ohne sein Wissen einen Geldbetrag für ihn hinterlegen, der es ihm ermöglicht, im Bedarfsfall bis an sein Lebensende finanziell unabhängig zu sein. Um beides kümmere ich mich. Das ist mein kleiner Beitrag zu unserem Geschäft.“
Der Araber beschloss, seinen neuen Geschäftspartner ins Vertrauen zu ziehen und erzählte Mikael von dem Konto, welches er für den Deutschen eingerichtet hatte. Der Finne freute sich für seinen Freund und reichte dem Araber zum Abschied die Hand. Das Geschäft war besiegelt. Der Caballero flog am nächsten Tag zurück nach London. Dort bereitete er umgehend seinen Teil des Geschäftes vor und wartete auf grünes Licht aus Finnland.
Im Frühling des darauffolgenden Jahres war es dann soweit. Der erste Tanker kam nach Finnland, um dort zuerst mit der Folie ausgekleidet zu werden und anschließend eine Ladung Wasser aufzunehmen. Da das finnische Wasser Trinkwasserqualität hatte und die hohen Ansprüche der Araber mehr als erfüllte, hatte der Caballero in der Zwischenzeit eine Abfüllanlage für Trinkwasserflaschen bauen lassen.
Die Folie trat einen Siegeszug an, die ihresgleichen suchte. Die Anwendungsgebiete schienen unerschöpflich zu sein. Schon nach wenigen Monaten mussten die Produktionsstätten in Finnland erweitert werden. Die Maschbau GmbH wurde bei der Realisierung aller Projekte, die aus der Erfindung des Russen resultierten, im Rahmen ihrer Kompetenzen mit eingebunden.
Mitte des Jahres besuchte Mikael die Maschbau GmbH, um den Chef Harry Menzel und den kaufmännischen Leiter Heinz Meier persönlich kennenzulernen. Nach dem Abendessen holte der Finne einen vorbereiteten Vertrag aus seiner Jackentasche.
„Herr Menzel, die Einsatzmöglichkeiten der Folie scheinen grenzenlos zu sein. Ähnliches gilt für den wirtschaftlichen Erfolg, der daraus resultiert. Und dies alles verdanken wir der Maschbau GmbH, genauer gesagt, einem Mitarbeiter dieser Firma, Herrn Hans Meier. Er hat sofort das Potenzial der Erfindung des Russen erkannt. Deshalb habe ich im Einvernehmen mit meinem Geschäftspartner diesen vorbereiteten Vertrag mitgebracht. Es handelt sich um einen Beratervertrag zwischen unserer und Ihrer Firma.“
Mikael überreichte Harry Menzel den Vertrag. Er war in englischer Sprache verfasst und hatte nur zwei Seiten. Harry Menzel überflog den Text der ersten Seite. Er konnte die Sätze lesen, aber er verstand nicht alles. Dann blätterte er um. Sofort sprangen ihm zwei Zahlen ins Auge: 15 years und 250.000 £ per year. Er wurde blass und reichte den Vertrag an Heinz Meier weiter. Heinz benötigte nicht viel Zeit, um den Vertrag zu lesen und zu verstehen. Er schob Hans die beiden Blätter rüber und reichte Mikael die Hand:
„Sehr fair, vielen Dank.“
Und dann kam sofort der Kaufmann zum Vorschein:
„Wann können wir mit dem Eingang der ersten Zahlung rechnen?“
Mikael lachte laut.
„Heinz Meier, du gefällst mir. Ich mag Profis. Wenn dein Chef den Vertrag unterschrieben hat und du mir eure Bankverbindung durchgibst, kannst du 48 Stunden später über das Geld verfügen. Die anderen Zahlungen erfolgen dann immer am 1. Juli des jeweiligen Jahres.“
Harry Menzel unterschrieb den Vertrag am nächsten Morgen in seinem Büro und der Finne hielt Wort. Zwei Tage später konnte Heinz Meier den entsprechenden Zahlungseingang verzeichnen.
Vaterliebe
Die Jahre gingen ins Land und die Maschbau GmbH entwickelte sich nicht zuletzt auf Grund der klugen Finanz- und Bilanzpolitik von Heinz Meier sehr positiv. Die Banken bekamen von ihm Mitte Januar die vorläufigen Zahlen für das abgelaufene Jahr sowie die Planzahlen für das kommende Geschäftsjahr, alle drei Monate einen Status des Unternehmens und einen Abgleich mit den Planzahlen. Das von Heinz Meier vorgelegte Zahlenmaterial galt bei den Banken als sehr transparent und vorbildlich. Rückfragen gab es so gut wie keine. Dank des jährlich fließenden Beraterhonorars von Mikaels Firma und der guten Zahlungsmoral der Kunden war die Maschbau GmbH finanziell unabhängig von den Banken und konnte alle nötigen Investitionen aus dem Cash Flow bezahlen. In dieser Phase verhandelte Heinz Meier mit den beiden Hausbanken. Es gelang ihm nach mehreren Anläufen, die vor Jahren vereinbarten Kontokorrentrahmen, die das Unternehmen schon seit längerer Zeit nicht in Anspruch nahm, deutlich zu erhöhen und die persönlichen Bürgschaften, die Harry Menzel den Banken vor Jahren als Sicherheit gegeben hatte, zurückzubekommen. Als das für die Maschbau GmbH zuständige Vorstandsmitglied der örtlichen Sparkasse Heinz Meier danach fragte, warum er den Kreditrahmen erhöht haben wolle, wo die Firma doch gar keine Kredite in Anspruch nahm, antwortete Heinz Meier. „Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn im Umgang mit Banken eines gelernt: Von den Banken bekommst du nur Kredit, wenn du nachweislich keinen brauchst.“ Dem konnte der Banker nicht widersprechen. Nach wenigen Jahren waren alle alten Darlehen zurückgezahlt und die Banken gaben die auf dem Betriebsgrundstück eingetragenen Grundschulden frei.
Harry Menzel bedachte „seine beiden Meier“ bei den jährlichen Prämien weiterhin sehr großzügig. Anfänglich hatte es einmal eine kleine Unstimmigkeit zwischen Harry Menzel und Hans Meier gegeben. Hans bestand darauf, dass er und Heinz immer die gleiche Prämie ausbezahlt bekamen. Das sah Harry Menzel nicht ein. Denn er war als Ingenieur der Meinung, dass die Technik grundsätzlich den größeren Anteil am Erfolg hatte. Aber schließlich gab er nach.
Hans und Birgit Meier waren nun schon fast dreißig Jahre lang verheiratet. Vor zwei Jahren war das zweite Pekinesenpärchen gestorben und zwei neue Kläffer der gleichen Rasse waren schon wieder am Start. Auch mit den beiden Neuen konnte Hans keine Freundschaft schließen.
Lothar jun. studierte nach dem Abitur, das er mit einem Notendurchschnitt von 1,0 bestanden hatte, Jura in Düsseldorf. Er genoss das Studentenleben