Adler und Leopard Gesamtausgabe. Peter Urban

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Adler und Leopard Gesamtausgabe - Peter Urban

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würde. Um der unangenehmen Situation in seinem eigenen Haus zu entkommen - zumal die Gespräche der beiden Frauen sich sowieso nur noch um den Nachwuchs drehten - verschwand Wellesley mit dem kleinen Arthur Freese meist in den nahe gelegenen Hyde Park. Während der Junge zufrieden mit dem kleinen Hundchen Jackie herumtollte, dass Rowland Hill ihm zu seinem fünften Geburtstag geschenkt hatte, hatte der General Zeit in Ruhe nachzudenken. Er suchte sich eine freie Bank, von der aus er den kleinen Burschen und seinen vierbeinigen Spielgefährten im Auge behalten konnte und setzte sich. 1806 war ein sonderbares Jahr gewesen. Trotz aller Versuche Napoleon Bonapartes, eine vierte Koalition gegen Frankreich zu unterwandern, hatte England es doch noch irgendwie fertiggebracht, Russland, Preußen, die skandinavischen Länder, Portugal, Spanien und viele deutsche Kleinstaaten um sich zu scharen. Im Geheimen hatte Charles Fox, unterstützt von Robert Castlereagh sogar mit dem österreichischen Kaiser paktiert, der sich seinen unliebsamen Schwiegersohn gerne vom Leib schaffen wollte und die Donaumonarchie ebenfalls zum Eintritt in das Bündnis bewegen können. Charles Fox hatte von seinem Erfolg nicht lange profitiert. Im September 1806 erlag er einem Herzanfall. Dieser Verlust schwächte die Regierung Grenville erheblich. Der Preußen-König Friedrich Wilhelm III. hatte dann gemeinsam mit Sachsen den Krieg gegen den Kaiser der Franzosen vorbereitet. Auch Russland hatte ein großes Feldheer aufgestellt und befand sich auf dem Weg nach Westeuropa. Im Gegenzug hatte Napoleon die ‘Grande Armée’ in Bayern konzentriert und zog sein furchteinflößendes Invasionsheer gegen England aus Boulogne an der Kanalküste ab. Die Inseln konnten aufatmen. Und dann folgte eine Katastrophe der anderen. Napoleon suchte den schnellen Sieg über Friedrich Wilhelm III. Den Korsen stand zwar ein beeindruckendes Heer gegenüber, doch der preußische König hatte das Oberkommando dem falschen Mann anvertraut. Der Herzog von Braunschweig handelte ohne Nachzudenken und der greise Marschall von Mollendorf hatte schon im Siebenjährigen Krieg gedient. Am 8.Oktober 1806 überraschte Frankreich die Deutschen. In nur vier Tagen hatte Bonaparte die linke Flanke General von Mollendorfs umgangen und bedrohte Berlin. Gleichzeitig hatte Marschall Lannes, sein brillanter Untergebener eine zweite preußische Armee unter dem Herzog von Braunschweig bei Saalfeld geschlagen. Der preußische Thronfolger, Prinz Louis Ferdinand war an diesem Tag gefallen. Davout und Bernadotte unterbrachen mit ihren Teilarmeen die Kommunikationslinien von König Friedrich Wilhelm. Am 14.Oktober 1806 kam es zur großen Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt. Es war ein glorreicher Sieg für die französische Armee. Sowohl der greise Feldmarschall von Mollendorff als auch der Herzog von Braunschweig fielen. Die Blitzaktion des Korsen hatte das stolze, deutsche Königreich kampfunfähig gemacht. Während Friedrich Wilhelm III noch den Tod seines ältesten Sohnes beweinte, besetzte Napoleon bereits seine Hauptstadt Berlin. Als Letzter ergab sich am 24.November Preussens alter Held Blücher bei Lübeck. König Friedrich Wilhelm floh zu seinem Verbündeten, dem russischen Zaren. Umgehend marschierte Napoleon nach Polen und besetzte das Land. Nach der kompletten Zerstörung der preußischen Armee, wollte der Kaiser nun auch die russische Armee und den General des Zaren Levin Benningsen vernichten. Napoleon wollte Herr über ganz Europa sein. Und England stand wieder alleine da. Der Soldat in Arthur Wellesley spürte die Last der Untätigkeit. Während auf den blutigen Feldern Europas seine preußischen, russischen, österreichischen und skandinavischen Kameraden um ihre Freiheit und ihr Überleben kämpften, saß er gemütlich in London und vergnügte sich. Wann endlich würde Großbritannien ein Expeditionskorps aufstellen und auf den Kontinent übersetzen? Nur wenn irgendjemand Bonaparte und den Franzosen Einhalt geboten, würden alle europäischen Nationen wieder aufatmen können. Keine Intervention in Mexiko oder Venezuela würde dies je bewerkstelligen. England durfte nicht weiter Koalitionen gegen Frankreich ins Leben rufen und dann tatenlos zusehen, wie ihre Verbündeten den Blutzoll entrichteten.

      Am 3.Januar 1807 brachte Kitty, Arthurs kleinen Sohn zur Welt. Wie Sarah Lennox es prophezeit hatte, verlief die Geburt schnell und unkompliziert. Doch vor der Haustür der Familie war die Welt im Aufruhr: Der Winter war hart und durch die Kontinentalsperre gegen England waren die Preise für die Grundnahrungsmittel steil nach oben geschnellt. Da fast alle Häfen des Kontinents für die Schiffe seiner Majestät gesperrt worden waren, hatten die englischen Industriellen viele ihrer Arbeiter entlassen müssen. Die Kartoffelernte in Irland war verheerend schlecht ausgefallen und die Armen des Landes befanden sich in einem Zustand tiefster Verzweiflung. Der König hatte zum Jahresende 1806 ein rebellisches Unterhaus aufgelöst, um der angeschlagenen Regierung Grenville eine Verschnaufpause zu gewähren. Am 26.Dezember 1806 hatten die Franzosen und die Russen sich bei Pulutsk und Golymin in Polen blutig beschlagen. Nun lagen beide Armeen im Winterlager und spähten argwöhnisch über die Palisadenzäune. Mit dem Frühling würde auch die Entscheidungsschlacht kommen und alle politischen Kräfte Englands befürchteten den Sieg Napoleons und den Zusammenbruch der vierten Koalition gegen Frankreich. Die rebellischen, jungen Männer beider Parteien stritten sich nach der Auflösung des Unterhauses in den Klubs weiter: Welchen Ausweg gab es noch für England? Intervention oder Friedensschluss mit Frankreich? Teile der Armee waren fast im Aufruhr. Viele jüngere Offiziere konnten die Drückebergerei ihrer Regierung nicht mehr ertragen. Die Radikalen predigten den Friedensschluss mit Frankreich. Ihr Anführer Cobbett pries lautstark die Ideale der Französischen Revolution und die Notwendigkeit, um des Handels und der Wirtschaft willen, die Oberherrschaft des französischen Kaisers über den Kontinent zu akzeptieren. Arthur hatte im allgemeinen Aufruhr, irgendwann Ende Februar 1807, in der heißesten Phase des Wahlkampfes für ein neues Unterhaus, eine fürchterliche Auseinandersetzung mit Cobbett. Er sprach für die Intervention, für die Freiheit aller Nationen und für den Kampf bis aufs Messer gegen den Tyrannen Bonaparte. Cobbett warf ihm vor, dass er, der Sieger von Assaye, lediglich aus persönlichem Ehrgeiz heraus neues Blutvergießen anstacheln wollte. Nur das Eingreifen des alten Herzogs von Buckingham verhinderte, dass beide Männer bereits im White’s Club handgreiflich wurden. Arthur forderte den radikalen Politiker zynisch und kalt auf, er möge ihm seine Sekundanten nennen und die Waffen wählen. Cobbett verlies wütend den Klub und schwor, die irische Wellesley-Brut eines Tages zu Fall bringen. Bereits am nächsten Morgen standen sich die beiden Hitzköpfe um fünf Uhr morgens auf dem Battersea Commons gegenüber. Cobbetts eigentliche Waffe war die Feder. Zitternd vor Angst nahm er eine der beiden Pistolen von Lord Cheltenham entgegen, der als Schiedsrichter fungierte. Der Journalist hatte noch nie in seinem Leben von einer Schusswaffe Gebrauch gemacht. Cheltenham wollte eine Münze werfen, um zu entscheiden, welcher der beiden Kontrahenten den ersten Schuss abfeuern durfte. Arthur betrachtete den radikalen Politiker, der seine Angst nicht mehr verbergen konnte, voller Verachtung. Dann wandte der Soldat sich dem Schiedsrichter zu: "Lassen Sie gut sein, Cheltenham! Der Schmierenjournalist kann meinetwegen den ersten Schuss abgeben. Falls er sich jedoch jetzt in aller Form bei mir entschuldigt, dann bin ich bereit, auf Genugtuung zu verzichten." Cheltenham stellte Cobbett die Frage. Die beiden Sekundanten des Journalisten flehten ihn an, sich bei Arthur zu entschuldigen. Doch trotz seiner Angst schüttelte der Redakteur des Political Register nur bestimmt den Kopf: "Niemals werde ich mich vor diesem überheblichen, irischen Berufsmörder entschuldigen." Arthur zuckte mit den Schultern und nahm seine Pistole:" Zeigen Sie Cobbett wo der Abzug ist“, bat er Cheltenham, „ denn der krakeelende Schreiberling scheint es nicht zu wissen."

      Der Schiedsrichter schritt die Distanz zwischen den Kontrahenten ab und wies Cobbett und Arthur ihre Plätze zu. Cobbett fingerte nervös an seiner Waffe herum. Er wusste immer noch nicht so genau, wie man das verflixte Ding spannte. Schließlich half ihm einer seiner Sekundanten. Arthur stand ruhig auf seinem Platz. Ein Duell war nichts Ungewöhnliches für ihn. Viele britische Offiziere hatten diese verhängnisvolle Angewohnheit, Meinungsverschiedenheiten mit der Waffe in der Hand zu regeln. Auch Arthur war kein Engel. Außerdem hatte er für Cobbett nach dessen erneuten, heimtückischen Angriff auf seinen guten Ruf nur Verachtung übrig. Zitternd hob der Journalist die Pistole mit beiden Händen. Sein Gegenüber bewegte sich nicht und blickte ihn aus eiskalten, blaugrauen Augen hochmütig an. Cobbett drückte ab. Der Schuss ging ins Leere. Der Journalist hatte seinen Gegner verfehlt. Nun hob Arthur seine Waffe und fluchte für alle gut hörbar:“ Das war es dann wohl für heute!“. Cobbett wurde bleich. Doch sein Kontrahent war kein Mörder. Der Soldat schoss in die Luft, drückte die leere Pistole dem Nächststehenden in die Hand und drehte sich verärgert um. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, nahm er seinem Sekundanten Oberst Frederick Ponsonby Elmores Zügel aus der Hand, saß auf und ritt von Battersea Commons fort. Arthur hatte

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